Collector - Operation Vade Retro: Band 2 - Roman (German Edition)
senkrechtes Schwert daran festband. Das Abzeichen hatte er noch nie gesehen, fragte jedoch nicht.
Sie gingen einen vertäfelten Korridor entlang, an dessen Wände die Porträts von Aposteln und Ministratoren hingen, bis Horàt sie überholte und eine Tür öffnete. »Bitte sehr«, dirigierte er sie hinein und folgte ihnen.
Es war ein heller freundlicher Raum mit weißen Marmorwänden und einem ebensolchen Boden. Die Fenster erlaubten einen Blick über die Gärten von Vatikan City, die sich in voller Pracht ausbreiteten: hohe, uralte Bäume, blühende Sträucher, Blumenfelder und Blütenmeere. Dazwischen erhoben sich Statuen mit religiösen Darstellungen, pittoreske Brunnen und zwei Labyrinthe, die einmal rund und einmal eckig angelegt waren und dabei in der Mitte religiöse Symbole bargen.
»Das Paradies, was?«, brabbelte Black vor sich hin. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und faltete die Hände, als wollte er beten. Eine kleine Graphitwolke löste sich aus seinem Mantel und rollte durch den Raum. »Für mich wäre diese gebrochene Natur die Hölle. Schickt mich bloß nicht auf eine solche Welt.«
Innocent dachte an den Klassiker von Dürer, die betenden Hände, und wie sich wohl die Finger des Nuntius machen würden. Auf einem modernen Gemälde wäre es sicherlich ein begehrtes Motiv, Sammler zeitgenössischer Kunst würden viel Geld hinlegen. Zumal es noch authentisch ist. Er wartete, bis ihm Horàt mit einer freundlichen Geste einen Platz anbot.
»Das haben wir nicht vor«, sagte der Geheimsekretär. »Eine solche Naturgewalt wie dich würden selbst Flora und Fauna nicht verkraften.« Er lächelte gütig. Das entstellte Gesicht geriet dabei außer Kontrolle, als würden die Züge komplett verrutschen, ehe sie zurück in eine ernste Form glitten.
Innocent glaubte, dass die Narben für Horàt ein Ehrenzeichen waren.
»Zuerst möchte ich euch beiden den Segen des Ministrators erteilen«, sagte der Sekretär und schlug ein Kreuz in der Luft, »und mich für die Abwesenheit von Apostel Thaddäus entschuldigen. Er wurde zu einer dringenden Sitzung berufen, die keinerlei Aufschub duldete.«
Black lachte leise auf. »So habe ich mir meine Verabschiedung vorgestellt.«
Nach einem kurzen Klopfen schwang die Tür auf, und eine junge Novizin in grauem Habit und kleiner Haube brachte ein Tablett mit Getränken, von Kaffee bis Säften. Sie stellte es mit einer Verbeugung ab und verschwand wieder.
Innocent hoffte, dass der Nuntius ihr nicht interessiert-eindeutig nachschaute. »Das verstehe ich«, antwortete er und goss Horàt Kaffee ein, danach Black und schließlich sich selbst. Er versuchte, seine Enttäuschung zu überspielen. Apostel Thaddäus galt als charismatischer Mann, angefüllt mit Weisheit und geradezu heiliger Ausstrahlung. Das alles nur wegen des Kerls.
Der Geheimsekretär setzte sich, die behandschuhten Finger tippten auf einer im Tisch eingelassenen Tastatur. Daraufhin verwandelte sich die Oberfläche in einen Bildschirm. Es wurde ein Planet gezeigt, die Einblendung dazu lautete Cornu Copiae, vermietet an Konzern TauCetiPrime.
Black schlürfte laut Kaffee, langte in die Tasche und goss sich aus seinem Flachmann einen Schuss Mighty Spirit hinein. »Nett. Am Hintern der Galaxis. Maisköpfe und Hülsenschüttler. Da freue ich mich aber«, kommentierte er trocken.
»Geleitet wird der Außenposten von Deaconess Jeanne«, erklärte Horàt ungerührt.
Das Bild der älteren Frau leuchtete auf. Sie blickte direkt in die Kamera, während sie sprach.
»Hoher Apostolischer Rat, ich muss Preacheress Colomba und Preacher Anjelo als vermisst melden«, sagte sie besorgt. »Es gehen merkwürdige Dinge auf Cornu vor, denen ich allein nicht nachgehen kann. Anscheinend gibt es churchfeindliche Strömungen, die immer mehr um sich greifen. Es könnte aber auch mit der Beta-freundlichen Haltung der Preacheress zusammenhängen. Ich erbitte Beistand. Dringend! Ich fürchte um meine Sicherheit und die meiner Familie.«
Horàt hielt die Aufzeichnung an. »Die Nachricht erreichte uns vor nicht allzu langer Zeit.«
»Jetzt soll ich meine Rentenzeit damit verbringen, nach enthusiastischen Jungpredigern zu suchen«, schloss Black aus dem Gehörten.
»Nein. Du wirst als Nuntius nach Cornu Copiae reisen und nach dem Rechten schauen. Sieh es als deinen letzten Auftrag an, Civer.« Der Geheimsekretär richtete den Blick auf Innocent. »Meinen allerherzlichsten Glückwunsch und den Segen des Ministrators, der Apostel und
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