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Colorado Kid

Colorado Kid

Titel: Colorado Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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fixierte sie mit seinem Blick. »Hör gut zu und lass dir etwas gesagt sein, mein Mädchen. Es ist lange her, dass ich Sherlock Holmes gelesen habe, weshalb ich nicht präzise zitieren kann, aber irgendwann sagt der große Detektiv zu Dr. Watson so etwas wie: ›Eliminiert man das Unmögliche, muss das, was übrig bleibt, wie unwahrscheinlich es auch ist, die Wahrheit sein.‹ Also, wir wissen, dass Colorado Kid bis Viertel oder zwanzig nach zehn am Mittwochmorgen in seinem Büro in Denver war. Und wir können auch davon ausgehen, dass er um halb sechs bei Jan’s Wharfside war. Heb noch mal die Finger hoch, wie du es eben getan hast, Stephanie.«
    Sie tat wie ihr geheißen, den linken Zeigefinger für Colorado Kid in Denver, den rechten für James Cogan in Maine. Vince nahm die Hände auseinander und berührte mit seinem Zeigefinger den ihrer rechten Hand. Alter und Jugend trafen sich quasi mitten in der Luft.
    »Dieser Finger darf aber nicht halb sechs sein«, sagte er. »Wir müssen der Bedienung nicht unbedingt glauben. Sie hat sich zwar nicht die Hacken abgelaufen wie im Juli, aber sie hatte bestimmt genug zu tun, es war schließlich Abendessenszeit und so.«
    Stephanie nickte. In diesem Teil der Welt aß man früh zu Abend. Das Mittagessen nahm man mittags aus dem Henkelmann zu sich, oft draußen im Hummerboot.
    »Dieser Finger ist jetzt mal sechs Uhr«, sagte er. »Die letzte Fähre.«
    Stephanie nickte abermals. »Die muss er genommen haben, oder?« 
    »Ja, es sei denn, er ist geschwommen«, warf Dave ein.
    »Oder hat ein Boot gemietet«, ergänzte Stephanie.
    »Wir haben uns umgehört«, erklärte Dave. »Wichtiger noch: Wir haben Gard Edwick gefragt, der im Frühjahr 1980 der Fährmann war.«
    Hat Cogan ihm Tee gebracht?, fragte Stephanie sich plötzlich. Denn wenn man mit der Fähre fahren will, muss man dem Steuermann Tee mitbringen. Hast du selbst gesagt, Dave. Oder sind der Fährmann und der Steuermann zwei verschiedene Personen?
    »Steffi?« Vince klang besorgt. »Alles in Ordnung, mein Mädchen?«
    »Sicher, warum?«
    »Weiß nicht, du sahst gerade aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    »Hab ich auch. Ist ja eine seltsame Geschichte, oder?«
    Dann fügte sie hinzu: »Nur dass es gar keine Geschichte ist, da hattet ihr Recht, und wenn ich gerade ein komisches Gesicht gemacht habe, liegt es wahrscheinlich daran. Es ist, als würde man mit dem Fahrrad auf einem Drahtseil fahren wollen, das gar nicht existiert.«
    Stephanie zögerte, dann entschied sie sich, weiterzusprechen, auch wenn sie sich komplett zum Narren machte.
    »Konnte sich Mr Edwick an Cogan erinnern, weil der ihm etwas mitgebracht hatte? Weil er Tee für den Steuermann mitbrachte?«
    Eine Weile sagte keiner der Männer etwas, sie betrachteten Stephanie nur mit ihren unergründlichen Augen – so sonderbar lebendig und sympathisch jungenhaft in ihren alten Gesichtern –, und Stephanie hatte Angst, jeden Moment loszulachen oder – zuweinen, irgendetwas zu tun, bloß um die Spannung und wachsende Gewissheit zu vertreiben, dass sie sich völlig blamiert hatte.
    Vince sagte: »Es war eine kalte Überfahrt. Ein Mann kam zum Ruderhaus und reichte Gard einen Pappbecher mit Kaffee. Sie wechselten nur wenige Sätze. Es war ja April, zu der Zeit wurde es schon langsam dunkel. Der Mann sagte: ›Ruhige See‹, und Gard antwortete: ›Ah jo.‹ Dann sagte der Mann: ›Das hat sich schon lange angekündigt‹, vielleicht aber auch ›Ich hab mich schon lange angekündigt‹. Gard meinte, es hätte sogar heißen können ›Haas hat sich schon lange angekündigt‹. Es gibt den Namen; zwar nicht im Telefonbuch von Tinnock, aber in mehreren anderen habe ich ihn gefunden.«
    »Trug Cogan die grüne Jacke oder den Mantel?«
    »Steffi«, sagte Vince. »Gard konnte sich nicht nur nicht erinnern, ob der Mann einen Mantel trug, er hätte vor Gericht nicht mal beschwören können, ob der Mann zu Fuß oder zu Pferde kam. Erstens wurde es schon dunkel; zweitens waren es lediglich eine freundliche Geste und ein paar Sätze, an die er sich anderthalb Jahre später erinnerte; drittens … naja, der alte Gard, weißt du …« Vince tat, als halte er sich eine Flasche an den Mund.
    »Wir wollen nicht schlecht über die Toten reden, aber der Mann soff wie ein Loch«, sagte Dave. »1985 verlor er die Stelle als Fährmann. Die Stadt gab ihm den Schneepflug, damit seine Familie nicht hungern musste. Er hatte fünf Kinder und seine Frau litt an MS. Aber

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