Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
Vom Netzwerk:
Ragland, kein besonderer Verehrer der Mexikaner, zollte Nacho Gómez einen ähnlichen Tribut. »Der weiß, wie man knusprige Brötchen macht.«
    Jedesmal wenn von Mule Canby die Rede war, rührte sich Jims Gewissen, weil er ihm die zehn Dollar nicht gezahlt hatte, die er ihm für den Colt schuldete. »Wie wird er mit nur einem Arm sein Brot verdienen können?« fragte er.
    »Viele müssen mit nur einem Arm durchkommen«, sagte Coker. »Wenn alle Einarmigen und Einbeinigen nichts taugten, dann müßte halb South Carolina zum Teufel gehen. Wir haben einen bösen Krieg hinter uns.«
    »Weil ihr von Einbeinigen redet«, sagte Lasater. »Da war diese saubere Kleine in San Antonio, die hatte nur ein Bein. Allen Frauen tat sie leid. >Was soll die arme Letitia tun, mit nur einem Bein?< Und den Männern tat sie auch allen leid, und der Erfolg war, daß sie mehr... «
    Hier wurde er von Mr. Poteet unterbrochen, der mit dem Kopf auf Jim deutete, also endete Lasater verlegen: »... daß sie mehr beachtet wurde als andere Mädchen mit zwei Beinen.« Jim meinte aber durchaus verstanden zu haben, worauf Lasater hatte hinauswollen.
    Sie hänselten einander gern und oft. Besonders beliebt war jener Vorfall, als Old Rags über den Pecos hatte springen wollen und dabei auf dem Hintern gelandet war. Ragland wies empört darauf hin, daß er es schon geschafft hätte, hätte er nur einen guten Anlauf nehmen können - »aber ihr habt ja selbst gesehen, wie steil und glitschig das Ufer war«.
    »Nicht einmal am besten Tag deines Lebens hättest du den Pecos geschafft«, sagte Savage.
    Man schloß also eine Wette ab, Mr. Poteet und Mr. Skimmerhorn übernahmen die Aufgabe, fünf Meter auf einer flachen Ebene abzumessen, eine dicke Linie wurde in den Boden gezeichnet, und Savage sagte: »Ein Zoll vor der Linie, und du hast schon verloren!« Ragland lief weit zurück, brüllte: »Auf geht's!« und rannte die Bahn hinunter, die Arme und Beine in alle Richtungen schwingend. Als er sich der Startlinie näherte, nahm er seine ganze Kraft zusammen, tat einen mächtigen Sprung und segelte gute zwei Handbreit über das in den Sand markierte jenseitige Ufer des Flusses hinaus.
    »Bei Gott! Er hat's geschafft!« brüllte Lasater, und jetzt ging ein endloses Geschwätz los: »Schon wahr, daß Old Rags in Texas in den Pecos gefallen ist, aber hier, mit genügend Anlauf, da ist er noch weit darübergesprungen.«
    Wenn Jim in diesen letzten Tagen die Cowboys bei ihrem Tun beobachtete, empfand er dabei eine Trauer, die er sich nicht erklären konnte. Vieles sah er jetzt klarer. Wenn diese Gruppe von Männern beisammenblieb, dann konnten sie sehr wohl das Leben meistern, sogar Lasater würde dann bei der Stange bleiben. Aber wenn die Gruppe sich auflöste, dann würde nicht jeder seinen Kopf über Wasser halten können. Mr. Poteet schon, auch Nate Person. Das waren erwachsene Männer, die den Boden unter ihren Füßen schon gefunden hatten. Ihnen konnte man unter allen Umständen vertrauen.
    Aber was war mit Lasater, dem wilden, unbändigen Lasater, der vor nichts zurückscheute? Er war von Haus aus schwach, er würde sicher in Schwierigkeiten kommen. Jim betete, daß Mr. Poteet Lasater mit sich zurück nach Texas nehmen möge.
    Und Ragland, der sich sicher in Frauengeschichten verwickeln und von einer Liebschaft zur andern taumeln würde?
    Dann dachte er an die Tiere, die auf diesem Trail umgekommen waren. Seine eigene Kuh, die auf dem Alkaliboden in den Tod gestolpert war... Stonewall, im Augenblick des Sieges erschossen... die Langhörner, die beim Flußübergang ertranken... der tote Büffel... Wie sehr wünschte er, für immer mit diesen Männern reiten zu können. Einfach immer weiterreiten, auf den fernen Horizont zu, hinter dem Comanchen und Kansas-Gangster und nicht durchquerbare Flüsse lagen. Aber das konnte nicht sein. Trails gehen zu Ende, Gemeinschaften von Männern zerfallen.
    Was sollte er tun, ein vierzehnjähriger Junge, auf sich selbst gestellt in diesem weiten, unbekannten Land? Irgend etwas würde schon auftauchen. Er liebte Tiere und konnte mit ihnen umgehen. Irgend etwas würde sich schon ergeben.
    Während der letzten Nachtwache vor dem Platte River, zwischen zwei und vier, ritt er mit Coker und fragte ihn: »War das wirklich dein Bruder, den du erschossen hast?« Sie ritten einmal rund um die Herde, und beim nächsten Mal sagte Coker: »Er war mein Bruder, und du bist mein Bruder.« Wieder umritten sie die Herde, und Jim überlegte,

Weitere Kostenlose Bücher