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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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genutzt - bis im Jahre 1859 ein zweiunddreißigjähriger Russe, ein Goldgräber mit dem guten deutschen Namen Hans Brumbauch, zwei glänzende Ideen hatte. Russe war er, weil sein Urgroßvater, ein deutscher Bauer, im Jahre 1764 einem Aufruf Katharinas der Großen gefolgt war, einem der verlockendsten Kolonisationsangebote der Geschichte: »Jedem deutschen Untertanen, der sich in Meinem Rußland ansiedeln möchte, biete ich Grund und Boden an, der ihn so gut wie nichts kostet, außerdem Religionsfreiheit, Steuerfreiheit und Selbstbestimmung innerhalb der deutschen Siedlung, ferner die Erlaubnis, die Kinder in der eigenen Sprache zu unterrichten, und dauernde Befreiung vom Militärdienst.«
    Die Brumbauchs lasen diese großzügige Einladung, die an der Kirchentür ihres hessischen Dorfes angeschlagen war. In Hessen hatte es sechs Jahre lang nur Mißernten gegeben, und sieben Jahre lang hatte der Krieg das Land verwüstet. Also machten sie sich auf zum Hafen Lübeck, bestiegen ein Schiff, das sie nach St. Petersburg brachte, fuhren an die Wolga und diese hinunter, bis sie bei Saratow wunderbares Ackerland fanden. »Die Wolgadeutschen« hießen sie von nun an, und vierunddreißig Jahre lang erfreuten sie sich eines Wohlstands und einer Freiheit, die sie sich vorher nie hätten träumen lassen. Sie hatten zwar die üblichen Einwanderer-Schwierigkeiten - sie mußten die Landessprache und die landesüblichen Methoden der Landwirtschaft lernen und ihre Töchter davon abhalten, sich mit Russen zu verheiraten -, aber dennoch waren sie hier glücklich; kaum einer von ihnen wäre freiwillig nach Deutschland zurückgekehrt. Aber nach Katharinas Tod im Jahre 1796 gerieten die Privilegien der Siedler in Vergessenheit, und bald mußten die Wolgadeutschen, wie alle anderen Bauern auch, in russischen Regimentern marschieren; ihre Schulen wurden verstaatlicht, und das alte Übereinkommen war nicht mehr wert als ein Fetzen Papier. Da fingen dickschädelige Bauern wie die Brumbauchs an, sich nach der Freiheit zu sehnen, die ihnen genommen worden war.
    Mit siebzehn begann Hans sich mit den russischen Behörden anzulegen, so daß seine Mutter ihn warnte: »Hans, paß auf. Die Männer des Zaren werden dich noch aufhängen.« Mit neunzehn machte er bei einer Bande mit, die einen militärischen Konvoi angriff, und noch in derselben Nacht verließ er die Wolga und ging über die Grenze zurück nach Deutschland. Mit sechsundzwanzig hatte er das Pech, in Illinois eine Farm einem Mann abzukaufen, dem sie gar nicht gehörte, und als der rechtmäßige Besitzer auftauchte und ihn vom Sheriff aus dem Haus jagen ließ, beschloß er, auch diesem Staat Lebewohl zu sagen.
    Im Januar 1859 kam ihm zu Ohren, daß im Jefferson-Territorium, wie Colorado damals noch hieß, Gold entdeckt worden war. Also wanderte er zu Fuß durch Missouri und Nebraska, ein stämmiger, leicht gebückt gehender, unnachgiebiger Mann, den nichts von seinem Ziel abbringen konnte, schon gar nicht Sturm und Regen. Wie Tausende vor ihm kehrte auch er in Zendts Laden ein, um sich mit Vorräten für den letzten Teil seiner Reise zum Pikes Peak hinauf auszurüsten. Er freute sich, als er in Levi einen Landsmann kennenlernte, und die beiden unterhielten sich fast zwei Tage lang in ihrer Muttersprache; Levis Aufenthalt in Pennsylvania hatte sein Deutsch ziemlich verdorben, und auch Brumbauchs Familie hatte die Muttersprache in den langen Jahren des russischen Exils nicht unbeschädigt über die Runden gebracht.
    Ein Purist hätte sich geschüttelt bei dem, was die beiden Deutsch nannten; aber sie konnten sich bestens verständigen.
    Brumbauch beschwerte sich über die hohen Preise, die Levi verlangte, aber dieser erklärte: »Was ich von St. Louis herüberhole, muß leider teuer sein. Doch was hier aus der Gegend kommt, ist billig«, und Brumbauch sah ein, daß Levi recht hatte. An seinem letzten Tag hier besichtigte er das Land am PlatteFluß, das Levi bebaut hatte.
    »Gutes Land«, sagte er.
    »Jedenfalls dort, wo Wasser ist«, antwortete Levi, und Brumbauch studierte daraufhin eingehend das terrassenförmig ansteigende Flußufer. Levi fuhr fort: »Hier oben ist noch nie etwas angebaut worden, das Wasser ist zu weit weg. Aber wenn man diesen Boden bewässern könnte, würde er genauso fruchtbar sein wie der Boden unten am Fluß.«
    Brumbauch ging weiter nach Pikes Peak, wurde vom Goldrausch überwältigt, fand aber kein einziges Nugget. Nach drei Monaten, als seine Vorräte zu Ende waren,

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