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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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recht.
    Erst jetzt wurde Jim auf den seltsamsten Mann der ganzen Truppe aufmerksam. Über tausend Meilen war Calendar schon mit den Langhörnern geritten, aber keiner wußte etwas von ihm. Der schweigsame, dünne junge Mann war zwanzig, hätte aber genausogut fünfzig sein können. Zweimal hatte Jim mit ihm Nachtwache gehabt, aber Calendar hatte kein Wort mit ihm gewechselt. Jetzt aber, in den fruchtbaren Ebenen von Colorado, mit ihrem Überfluß an Rotwild und Gabelböcken, kam Calendar erst richtig zum Zug. Sein Gewehr hatte Christian Sharps von Harper's Ferry gefertigt, sehr schön, aus blauem Stahl, und es bugsierte eine Kugel bis zu einer Entfernung von zweihundert Metern genau ins Ziel. Sechs Cowboys konnten auf die Jagd gehen, er als einziger kam mit Beute zurück.
    »Wie machst du das?« fragte ihn Jim eines Tages.
    »Ich schaue«, antwortete er, und es war klar, daß er keine weitere Unterhaltung wünschte.
    Buck, der Wrangler, war ein Außenseiter wegen seines grauenhaften Gestanks, ihm blieb keine andere Wahl. Aber Calendar war freiwillig zum Außenseiter geworden, weil er lieber allein war. Er wünschte sich nichts anderes, als allein auf der Prärie zu sein, mit seinem Sharps-Gewehr und einem guten Pferd. Nicht daß er die anderen Cowboys irgendwie belästigt hätte; aber er legte auf den Umgang mit anderen Menschen einfach keinen Wert. Im Westen lebten Männer wie er zu Hunderten, schweigsame Männer, die scharf schießen und überall überleben konnten.
    Eines Morgens, die Cowboys ritten nach Norden auf das große, leere Plateau zu, das zwischen dem Platte River und dem Arkansas liegt, sahen sie am Horizont eine dunkle Masse, die sich bewegte.
    »Was soll das sein?« rief Poteet Person zu, und dieser rief zurück: »Indianer können es nicht sein.« Alle hielten ihre Gewehre bereit und beobachteten, wie der seltsame langgestreckte Fleck sich näher schob. Die Masse dehnte sich über eine immer größere Fläche aus, und endlich kam Person zurückgaloppiert und rief: »Büffel!« Und kurz danach flutete eine riesige Herde von schwarzen Tieren den Rindern und Cowboys entgegen.
    Sie kamen von Nordwesten und trieben nach Südosten; die Spitze des Zuges, wenn man das so nennen konnte, war etwa vier Meilen breit - vier Meilen weit nichts als Büffel an Büffel -, und die Länge des Zuges betrug ein paar Dutzend Meilen.
    »Haltet die Rinder zusammen!« schrie Poteet, als die großen Tiere sich auf sie zuwälzten.
    Die Büffel waren jetzt keine hundert Meter mehr von ihnen entfernt. Die Langhörner starrten wie hypnotisiert auf diese sich bewegende Masse, die sich mit einem Mal langsam teilte und die Texaner samt Rindern und Pferden wie eine Insel im Wasser von beiden Seiten einschloß.
    Stundenlang zogen die Büffel an ihnen vorbei. Manchmal streckte Jim seine Hand aus und strich über die Rücken der vorbeiziehenden Büffel, einen nach dem anderen, große, behaarte Geschöpfe mit schönen, bärtigen Gesichtern und dunklen, seelenvollen Augen. Es dauerte nicht lang, bis ihnen ihr Anblick vertraut, nicht lang, bis er ihnen lästig wurde. Die Büffel waren so friedlich, daß die Männer an ihren Hörnern zogen und ihnen auf die Flanken klopften. Der Zug schien endlos, und doch waren diese Büffel nur die letzten Reste einer Herde von dreißig Millionen, die einst das Land zwischen den beiden Flüssen bewohnt hatte.
    Als endlich die letzten Nachzügler vorüber waren, saßen die Texaner schweigend da, als wären sie eben aus der Kirche gekommen, und Mr. Poteet sagte: »So etwas habe ich noch nie gesehen.« Und Mr. Skimmerhorn antwortete: »Wahrscheinlich werden Sie so etwas auch nie wieder sehen.« Ragland fragte: »Warum nicht? Gehen sie woandershin?« Und Skimmerhorn sagte: »Ja, in den Tod.«
    Keiner wollte es glauben. »Vier Stunden lang sind sie an uns vorübergezogen«, sagte Ragland, und Savage fragte: »Woher weißt du das, du hast doch keine Uhr?« Und Ragland antwortete: »Ich spür's.«
    Plötzlich spornte Calendar sein Pferd, galoppierte auf einen kleinen Hügel, stieg ab, fiel auf ein Knie, zielte mit größter Sorgfalt auf einen Büffel und jagte ihm eine Kugel genau in die Stelle zwischen Hals und Rumpf. Das getroffene Tier drehte sich nach rechts, versuchte sich auf den Beinen zu halten und brach dann zuckend zusammen. Ein makelloser Schuß.
    »Wozu hast du das getan, zum Teufel?« wütete Poteet, als Calendar zurückgeritten kam, das tote Tier einfach liegenlassend.
    »Ein Mann muß mit seinem

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