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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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enthielt. »Erzähle mir vom Tod deiner zwei Brüder. Wir haben im Osten viel darüber gehört. Ich hätte mir nicht träumen lassen, daß sie meine Onkel gewesen sind.«
    Lucinda lächelte schmerzlich. Dann berichtete sie, wie der eine gehängt, der andere von Frank Skimmerhorn in den Rücken geschossen worden war und Levi, den Haß der Mitbürger herausfordernd, sie beerdigt hatte. Sie sprachen auch viel über Stammesgesetze, und Levi war erstaunt, wieviel seine Frau darüber wußte. Ihre Kenntnisse waren nicht systematisch geordnet -das war Sache geschulter Männer wie Christian -, aber sie waren verständlich und zusammenhängend. Und zum erstenmal erkannte Levi, daß die Indianer unter ebenso strengen Bräuchen lebten wie die Mennoniten von Lancaster County.
    Eines Abends sagte Lucinda zu Levi: »Es ist nicht in Ordnung, daß ein junger Mann wie Christian jeden Abend mit uns verplaudert. Er sollte auch ein paar Mädchen kennenlernen.«
    Als Levi beobachtete, wie unbefangen dieser Bursche von dreiundzwanzig mit jungen Damen umging und mit welchem Anstand er mit ihnen flirtete, erinnerte er sich wehmütig seiner eigenen Rauheit und Unbeholfenheit in diesem Alter.
    Als es für Christian an der Zeit war, nach Dickinson zurückzukehren, gaben vier Centennial-Familien mit ihren Töchtern Abschiedsparties. Christian nahm gerne daran teil - und verließ sie, nachdem er bei Mädchen und Müttern nicht mit Küssen gespart hatte.
    Am Bahnhof sagte er zu Levi: »Du solltest einmal deine Familie besuchen. Ich bin sicher, sie werden dich willkommen heißen.«
    »Ich bin noch immer ein Ausgestoßener.« Er legte seinen Arm um Lucinda: »Sage ihnen nicht, Christian, daß ich mit einer Indianerin verheiratet bin. Sie würden es nicht verstehen.«
    »Ich sehe sie ja nie.«
    »Nein?« fragte Levi verwundert.
    »Nein. Als ich meine Absicht äußerte, ein College zu besuchen, schlugen sie einen Mordskrach, Mahlon am ärgsten. Sogar mein Vater lachte mich aus. Zur Hölle mit ihnen allen!«
    Als der Zug aus Denver einlief, küßte Lucinda ihren Neffen und sagte: »Komm wieder, Christian! Komm oft! Viele Leute in dieser Stadt würden sich freuen, dich wiederzusehen. Levi und ich am meisten.«
    Er bestieg den Zug, warf den Mädchen noch Kußhändchen zu und kehrte zurück zu seinen Studien. Dreimal in diesem Winter schnitt Lucinda die Frage an, ob Levi nicht einen kurzen Besuch bei seiner Familie machen wolle. Und jedesmal antwortete er: »Nur, wenn du mitkommst.«
    »Lancaster«, sagte Lucinda, »ist noch nicht bereit, eine Arapaho-Indianerin aufzunehmen.«
    Und sie stellte die Frage ein viertes Mal: »Du solltest deine Verwandtschaft besuchen, Levi. Du weißt gar nicht, wie du auflebtest, als Christian hier war. Du hast auch ein Recht zu erfahren, was aus deinen Bäumen geworden ist.«
    Oftmals im Laufe der Jahre hatte er sich gefragt, ob diese stattlichen Bäume wohl weiterwuchsen, ob die Scheune noch auf der Wiese stand. Bevor Levi antworten konnte, führte Lucinda ein zwingenderes Argument ins Treffen: »Ich werde nie vergessen, Levi, wie mutig du damals warst, als du den Leichnam Jake
    Pasquinels vom Galgen schnittest. Du hast das getan, weil er mein Bruder war. Von diesem Tag an, Levi, wäre ich für dich durch die Hölle gegangen. Ein Mann sollte zu seiner Verwandtschaft stehen.«
    Sie kaufte ihm einen großen Reisekoffer und ein paar neue Kleidungsstücke und besorgte die Fahrkarte: von Centennial über Omaha nach Chicago mit der Union Pacific; umsteigen in Chicago, nach Lancaster mit der Pennsylvania. Sie brachte ihn eine Stunde früher auf den Bahnhof und machte ihn mit Leuten bekannt, die ebenfalls nach Chicago fuhren.
    Die Reise verlief ohne Zwischenfall. Er konnte kaum noch glauben, daß er sich einst ein halbes Jahr lang hatte abmühen müssen, um die gleiche Entfernung zurückzulegen. Und am Mittwochmorgen, als der Zug in den imposanten Bahnhof von Lancaster einfuhr, war er ehrfürchtig erstaunt über die Veränderungen. Doch dann sah er seine drei bärtigen Brüder, die ihn abholen gekommen waren. Die Jahre schienen an ihnen spurlos vorübergegangen zu sein. Mahlon, immer noch groß und dunkel, hatte weder an Gewicht noch an sympathischem Wesen zugenommen, er sah aus, als ob er nur hier wäre, um die achtundachtzig Dollar zu kassieren, die ihm Levi für die gestohlenen Pferde schuldete. Jacob stand ihm um nichts nach, und Caspar, der den Metzgerladen führte, war derselbe kräftige Mann, der er vor vierzig Jahren

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