Colorado Saga
schon zu lange herumgezogen, Sir.«
Der Präsident stimmte schließlich zu, auch die andere Seite, die Arapaho, zu hören. Häuptling Verirrter Adler wurde geholt und von ihm empfangen.
Der Häuptling war eine rührende Erscheinung, ein vertrockneter alter Mann in einer zerschlissenen Armeeuniform, mit einer bronzenen Medaille um den Hals und einem lächerlichen, spitzen Hut auf dem Kopf. Im Hutband steckte eine Truthahnfeder. Er war krummbeinig, weil er so viele Jahre im Sattel verbracht hatte, und er sprach mit hoher Stimme.
»Wir sind weit umhergewandert«, sagte er, »und haben endlich eine Heimat gefunden. Wir möchten hier bleiben.«
»Was ist das für eine Medaille?« fragte Arthur. General Phil Sheridan, ein Mann, der alle Indianer haßte und den klassischen Satz geprägt hatte: »Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer«, trat vor und besah sich die Medaille.
»Präsident Buchanan«, meldete Sheridan und unterdrückte ein Kichern.
Die Begleiter des Präsidenten traten ein, und jedermann wollte mit dem komischen kleinen Indianer fotografiert werden. Er posierte eine Weile, doch er hatte das Gefühl, daß sein Appell an den Großen Vater nicht ganz ernst genommen worden war.
»Wenn ich den Präsidenten noch einmal sprechen könnte«, bat er. Aber da drängten schon die Kavalleristen herein, die auch ihre Bilder haben wollten. Dann war es Zeit für den Verirrten Adler, seiner Wege zu gehen. Der Präsident war verschwunden.
»Hierher! Hierher!« riefen die Seouls in der Shoshone-Sprache. Doch der Verirrte Adler, der ihre Sprache nicht verstand, blieb allein, bis ein Soldat ihn in die Seite stieß. »Hier herüber, Opa!« Und er schob ihn zu Washakie und den anderen Shoshonehäuptlingen.
»Arapaho«, knurrte einer von ihnen, doch jetzt schrie sie der Fotograf an, sich ruhig zu verhalten. Kaum hatte er seine Aufnahme gemacht, erhob sich in einiger Entfernung wildes Geschrei, und eine Gruppe junger Indianer galoppierte auf das offene Feld zu, auf dem Präsident Arthur unter einem Baldachin Platz genommen hatte. Es sah aus, als ob die Männer den Präsidenten attackieren wollten; doch im letzten Augenblick brach eine Reiterschwadron aus einer anderen Ecke des Feldes hervor, angeführt von einem ins Horn stoßenden Soldaten, und verwickelte die Indianer in ein Scheingefecht. Es gab eine fürchterliche Schießerei mit lautem Geschrei und wiehernden Pferden; elf Indianer, besonders trainiert für dieses Schauspiel, stürzten von den Pferden und fielen in den Staub, als ob sie tödlich getroffen worden wären. Zehn Minuten dauerten der Schlachtenlärm, die Reiterkunststücke und das entsetzliche Gewehrfeuer; dann trieb die brave Reiterei die wilden Indianer von der Szene. Der Präsident war gerettet.
Die jungen Indianer, die an der Vorführung teilgenommen hatten, wurden vom Präsidenten und von General Sheridan beglückwünscht; anschließend erlaubte man ihnen, ein wenig Alkohol zu trinken. Senator George Vest aus Missouri und Robert Lincoln, Sohn des ermordeten Präsidenten, sprachen von einer denkwürdigen Vorführung. Nun bestand auch noch der letzte der fidelen Kavalleristen darauf, mit Häuptling Verirrter Adler fotografiert zu werden; und abermals posierte dieser geduldig, während die Reiter sich über ihn lustig machten.
Von allen Männern, die an diesem Tage fotografiert wurden, war es der Häuptling, dessen Leben dem amerikanischen Ideal am nächsten kam, am nächsten in der Beachtung der Prinzipien, auf denen diese Nation gegründet wurde. Er war unermeßlich größer als Chester Arthur, unvergleichlich wertvoller als Robert Lincoln, der ein knickriger Mann ohne Format war, der von seinem Vater nur den Namen geerbt hatte. Und der Häuptling war auch - seinen Verhältnissen angemessen - ein besserer Truppenführer als Phil Sheridan. Nur Senator Vest war mit ihm zu vergleichen; er teilte mit ihm die Liebe zum Land und die Freude an seiner Nutzung.
Doch die Männer lachten nur über den Häuptling, ignorierten seine Petition und erfaßten es gar nicht, daß er sie vor ein ernsthaftes sittliches Problem gestellt hatte, nicht von allzu großer staatspolitischer Bedeutung, aber vielleicht von um so größerer Dringlichkeit.
Als der Präsident mit seinem Gefolge Wyoming verließ, war der Häuptling tot.
Der Bau der Eisenbahn war für den weißen Mann von ebenso umwälzender Bedeutung, wie es die Zähmung des Pferdes für das Leben der Indianer gewesen war. Im Frühsommer 1884 erhielt Levi Zendt
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