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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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daß keiner genügend Platz oder Nahrung geblieben wäre, um eine verwendbare Rübe zu produzieren. Er mußte also tun, was die Hausfrau tat; eine langstielige Haue nehmen und sieben von acht Pflänzchen verhacken. So blieb eine gesunde Pflanze übrig, um ihre Rübe zu produzieren.
    Verhacken und Ausdünnen nannte man das, und es war eine scheußliche Arbeit, denn dazu mußte jemand stundenlang die Reihen abgehen und die ungewünschten Pflänzchen heraushacken.
    Kein Pflanzer hatte die Zeit, seine ganze Anbaufläche selbst zu verhacken, doch die Arbeit mußte innerhalb einer ganz bestimmten, kurzen Zeitspanne getan werden, sonst wuchsen die ungewünschten Triebe so stark in die Tiefe, daß sie dem einen, der die Rübe produzieren sollte, die Nahrung wegsaugten.
    Es wurden eine ganze Menge Männer und Frauen benötigt, um ein Feld ordentlich zu verhacken und auszudünnen, und sie mußten verläßlich sein und gutes Urteilsvermögen haben.
    »Es gibt Farmer, die ihre Pflanzen in Abständen von zwanzig Zentimetern haben wollen«, instruierte Brumbauch die italienischen Immigranten, die waggonweise zur Arbeit auf den Rübenbeeten kamen, »aber ich habe sie lieber ein wenig weiter voneinander weg. Nehmt euch Zollstöcke mit, damit ihr sehen könnt, wie groß die Abstände sein sollen.«
    Die Italiener waren ausgezeichnete Arbeiter. Sie hatten ein Gefühl für das Land und begriffen sehr schnell, was Brumbauch von ihnen wollte. Sie arbeiteten gut, blieben jedoch nicht lange dabei. Kurzfristige Arbeit und die Einsamkeit der Zuckerrübenpflanzungen behagten ihnen nicht. Immer wieder geschah es, daß eine gute Arbeitskolonne den Frühling bei Brumbauch verbrachte, doch kaum war der Sommer da, hörten sie von den Stahlwerken unten in Pueblo, und schon waren sie fort, um an einem Ort zu arbeiten, wo sie ihr eigenes kleines Häuschen in einer italienischen Gemeinde haben konnten, und nie wieder ließen sie sich auf einem Rübenfeld sehen.
    Um diese Zeit kamen deutsche Emigranten nach New York, und die Rübenbauern rund um Centennial zahlten sechzig Familien die Bahnreise nach Colorado. Unter ihnen fand Brumbauch die besten Arbeiter, die er je gehabt hatte. Es machte ihm Spaß, sich mit ihnen auf deutsch zu unterhalten, auch wenn sie über seine russische Aussprache lachten, doch bald ergab sich ein ernstes Problem: Sie verliebten sich in das Land, und zwei Jahre nach ihrer Ankunft auf Brumbauchs Farm wollten sie selbst Land besitzen und ihre eigenen Rüben pflanzen.
    Das nächste Experiment ging glücklicher aus -zumindest anfangs. Brumbauch, der nicht mehr weiter wußte, machte einer Gruppe von Nachbarn, Rübenbauern wie er, einen Vorschlag:    »Warum
    versuchen wir es nicht mit den Russen? Als ich noch an der Wolga lebte, verstanden die mehr von Zuckerrüben als jeder andere.« Woraufhin die Gemeinde zahlreiche deutschrussische Familien importierte - Emig, Krakel, Probe, Stumpf, Lebsack, Kiesinger, Wenzlaff -, und als diese rüstigen Männer und Frauen in Centennial aus dem Zug stiegen, genügte ihnen ein einziger Blick auf die weiten Felder, und sie wußten, daß sie eine Heimat gefunden hatten.
    Es waren prächtige Menschen, harte Arbeiter, sparsam, intelligent. Nach einer zehn Minuten währenden Einschulung wußten sie alles über ihre neue Arbeit, was es zu wissen gab, und als Brumbauch sah, wie sie die Reihen entlangflitzten und mit einem Hieb die ungewünschten Pflanzen mit der
    Haue aushackten, wußte er, daß sein Problem gelöst war.
    Doch da irrte er sich. Die Wolgadeutschen hungerten noch mehr nach einem eigenen Stück Land als die Deutschen, und schon achtzehn Monate später hatte jede einzelne Familie angefangen, Raten auf eine Farm zu zahlen. Mit Kummerfalten auf seinem großen kantigen Gesicht mußte Potato Brumbauch zusehen, wie sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammenpackten und sein Land verließen.
    Er zeigte sich hilfsbereit. Als Otto Emig ihm erzählte, daß er die Stupple-Farm kaufen wolle, sagte Brumbauch: »Der Besitz ist zu klein, um genügend Ertrag abzuwerfen. Wenn es geht, solltest du fünfzig Morgen dazunehmen.«
    »Ich habe kein Geld«, antwortete Emig.
    »Ich werde dir Geld borgen. Ich will nicht, daß ein so guter Rübenbauer wie du auf einem zu kleinen Stück Land anfängt.«
    Auf diese Weise half er einem guten Dutzend Russen, Fuß zu fassen - zähen Leuten mit vielen Kindern, die den Ebenen des Nordens ihren eigenen Stempel aufdrücken würden. Strasser, Schmick, Hiebe, Grutzler - sie

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