Colours of Love
mehrfach getan.
Ich seufze tief.
Ich sollte mich also wirklich von Jonathan fernhalten. Ihn aus meinem Leben streichen, so wie er das offenbar immer mit allen macht, die ihm zu nahe kommen. Aber ich weiß einfach nicht wie.
Das schwarze Taxi hält an einer Ampel.
»Ich hab’s mir anders überlegt«, sage ich zu dem Fahrer, der mich überrascht ansieht. »Ich möchte doch woanders hin.«
»Und wohin soll’s gehen, Herzchen?«, fragt er mit seinem breiten englischen Akzent.
Ich atme tief durch. »Nach Knightsbridge.«
23
Knightsbridge liegt nicht weit von Marylebone entfernt, und so weit waren wir vom King Edward VII’s Hospital auch noch nicht weg, deshalb erreichen wir die Straße, an deren Ende Jonathans weiße Stadtvilla liegt, bereits nach einer guten Viertelstunde. Ich erkenne sie schon von Weitem – und die Fotografen, die vor dem schmiedeeisernen Zaun auf dem Bürgersteig stehen. Es sind nicht so viele wie vor dem Huntington-Gebäude, nur vier oder fünf, aber sie erschrecken mich trotzdem.
»Halten Sie bitte an!«
Der Fahrer tut es und blickt mich fragend an.
»Und was jetzt, Missy?«
Meine Gedanken überschlagen sich, weil mir plötzlich klar wird, dass meine Entscheidung, wenn ich sie so treffe, wie ich es vorhatte, sehr endgültig ist. Mein Foto vor dem Huntington-Gebäude ist noch nicht wirklich aussagekräftig. Das bestätigt meine Affäre mit Jonathan nicht, denn schließlich arbeite ich dort. Aber wenn ich jetzt vor seinem Haus fotografiert werde, dann gibt es kein Zurück mehr. Dann wird es die Gerüchte bestätigen – egal, wie Jonathan reagiert. Was soll ich tun, wenn er mich nicht reinlässt oder direkt wieder wegschickt?
Verzweifelt schließe ich die Augen. Warum tust du dir das an, Grace, frage ich mich selbst. Warum lasse ich zu, dass er so viel Macht über mich hat?
Aber es ist einfach so. Ich kann meine Gefühle für ihn nicht abstellen und gehen. Dafür empfinde ich zu viel für ihn, dafür ist schon zu viel passiert. Ich muss herausfinden, wie viel Nähe zu einem Mann wie Jonathan möglich ist – und ob ich damit leben kann. Und das kann ich nur, wenn ich jetzt da rausgehe.
Mein Herz klopft mir bis zum Hals, als ich den Fahrer bitte, bis zu Jonathans Haus zu fahren. Schon während ich ihn bezahle, klicken die Fotoapparate, denn die Paparazzi haben mich entdeckt. Der Fahrer sieht mich an.
»Sind Sie sicher, dass ich nicht weiterfahren soll?«, fragt er. Ich schüttele den Kopf. Dafür ist es jetzt zu spät, denke ich, und steige aus. Diesmal werde ich nicht mit Fragen bestürmt, offenbar reicht die Tatsache, dass ich auf dem Weg in Jonathans Haus bin. Oder vielleicht gucke ich auch so grimmig, dass sie sich nicht trauen, mich anzusprechen.
Nach wenigen Schritten bin ich am Tor, und die Fotografen folgen mir auch diesmal nicht auf das Grundstück. Dennoch höre ich das Klicken der Kameras, während ich zur Haustür gehe und klingele.
Bitte, sei da, flehe ich innerlich, denn das Gefühl, hier wie auf dem Präsentierteller zu stehen, ist furchtbar unangenehm. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was morgen in den Zeitungen steht, falls ich jetzt unverrichteter Dinge wieder gehen muss.
Doch es ist jemand da, denn ich höre Schritte, die sich der Tür nähern. Aufgeregt warte ich, nur um zu erschrecken, als sich kurze Zeit später die Tür öffnet und eine Frau mittleren Alters vor mir steht. Sie trägt einen Kittel und hält einen Lappen in der Hand.
»Ja, bitte?«, fragt sie, und ich sehe ihren misstrauischen Blick in Richtung Fotografen.
Ich bin so perplex, dass ich zuerst gar nicht sagen kann. Also hat er doch Hausangestellte, denke ich.
»Ist Jonathan … ich meine, Mr Huntington zu sprechen?«
Erkennen huscht über das Gesicht der Frau, offenbar kann sie jetzt zuordnen, mit wem sie es zu tun hat. »Bitte«, sagt sie und tritt einen Schritt zur Seite. »Kommen Sie rein.«
Als die Tür zufällt und das Klicken der Kameras nicht mehr zu hören ist, atme ich auf und folge der Haushälterin hinauf in den ersten Stock, wo die Küche liegt, die ich noch in guter Erinnerung habe. Auf dem Steintisch steht jetzt ein Putzeimer, und ein Wischmopp lehnt an der Arbeitsplatte.
Die Frau führt mich noch eine Etage höher, durch die beiden großzügigen Wohnzimmer. Vor einer Tür bleibt sie stehen und klopft.
»Ja?«, höre ich Jonathan sagen, und ein Schauer läuft mir beim Klang seiner Stimme über den Rücken.
»Da ist Besuch für Sie«, verkündet die Frau und mustert mich noch
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