Colours of Love
weil er mich so gerne umarmen möchte, sondern weil er bestimmt denkt, dass ich sonst umfallen könnte.
»Er kommt gleich. Er sollte erst um zehn Uhr hier sein. Aber wir mussten ja früher gehen«, brummt er, und es klingt vorwurfsvoll, aber mir ist zu schwindelig, um darüber nachzudenken. Die kalte Nachtluft hebt den Nebel ein bisschen, der mein Gehirn umgibt, allerdings nicht genug, um meinen Kopf ganz zu klären. Und ich möchte auch gar nicht klar bei Verstand sein. Denn dann könnte ich prima alleine stehen, und Jonathan bräuchte mich nicht festzuhalten. Ich schlinge die Arme um ihn und schmiege mich enger an ihn, und er lässt es zu, hält aber weiter nur mit einem Arm meine Schulter umfasst.
»Sehr viel länger hätte ich es mit diesem Idioten und seiner debilen Freundin auch nicht ausgehalten«, murmele ich an seinem Hemdkragen.
Jonathan sieht überrascht auf mich herunter, dann lacht er leise, und ich höre das Rumpeln in seiner Brust. Seine Muskeln geben ein wenig nach, und erst jetzt wird mir bewusst, wie angespannt sie waren. »Du bist unmöglich, Grace. Ich sollte dich feuern.« Er lächelt, und ich starre auf die kleine fehlende Zahnecke, finde sie unglaublich sexy.
»Aber noch nicht heute«, sage ich und hebe mein Gesicht zu ihm auf. »Erst morgen. Heute könntest du mich lieber noch mal küssen.«
Er wird wieder ernst und starrt mich an. Seine Augen verdunkeln sich, und etwas huscht über sein Gesicht. Es ist jedoch zu schnell weg, als dass ich es deuten könnte, und ich sehe wieder diesen unnahbaren Ausdruck darauf, den ich so hassen gelernt habe.
»Steven ist da.« Er dreht mich zur Straße um, und ich muss meinen Blick erst wieder scharf stellen. Tatsächlich parkt die Limousine am Straßenrand.
Ich stolpere die wenigen Schritte bis zur Tür und lasse mir von Jonathan hineinhelfen. Als er sich neben mich setzt, rücke ich automatisch an ihn heran. Zuerst reagiert er nicht, aber dann legt er mit einem Seufzen erneut den Arm um mich und erlaubt mir, seine Brust als Kopfkissen zu benutzen.
»Grace, das ist wirklich keine gute Idee.«
»Wieso nicht?«, frage ich schläfrig und schließe die Augen. Meine Hand ruht auf seiner Brust und ich spüre seinen Herzschlag. »Warum machst du es mir so schwer?«
Ich weiß, dass ich so nicht mit ihm reden sollte, aber im Moment ist mir alles egal. Ich muss es einfach wissen.
»Weil du niemals nach meinen Regeln spielen könntest«, höre ich ihn dicht an meinem Ohr sagen.
»Probier es doch aus«, entgegne ich, ohne den Kopf zu heben.
Er antwortet nicht, und das Schweigen dehnt sich endlos zwischen uns aus, während der Wagen durch die Nacht fährt. Das leichte Schaukeln und Jonathans Körperwärme lullen mich ein, und ich vergesse, was ich gefragt habe, dämmere langsam weg.
»Wo ist dein Schlüssel, Grace?« Seine Stimme zwingt mich, die Augen wieder zu öffnen, aber nur für einen kurzen Moment, denn irgendwie dreht sich alles.
»Keine Ahnung«, murmele ich. Ist der nicht in meiner Tasche? Jonathan entzieht sich mir und ich sinke auf den Sitz, kuschele mich unter sein Jackett, das mich wie eine Decke einhüllt. Leder knirscht und ich höre Jonathan mit Steven reden, während ich wieder wegdämmere. Auf die Worte achte ich nicht.
Irgendwann klappen Türen, und es ist mit einem Schlag kalt. Unwillig runzle ich die Stirn, als mich jemand am Arm packt. Ich wehre mich, weil ich nicht aufwachen will, aber der Griff ist fest.
»Komm, Grace«, höre ich Jonathans Stimme an meinem Ohr und lasse es zu, dass er mich aus dem Auto zieht. Dann habe ich keinen Boden mehr unter den Füßen, weil er mich hochgehoben hat und trägt. Ich öffne ganz kurz die Augen einen Spalt weit und sehe ein hell angeleuchtetes, sehr elegantes Stadthaus mit einer Haustür aus edel schimmerndem dunklem Holz. Aber das Licht blendet mich, und es wackelt immer noch alles viel zu sehr, deshalb mache ich sie schnell wieder zu. Keine Ahnung, wo wir sind, aber Angst habe ich keine – Jonathan ist ja bei mir. Beruhigt lasse ich mich wieder zurück in den Schlaf fallen, der mich einfach nicht loslassen will, und versinke in der angenehmen Dunkelheit.
13
Als ich wieder aufwache, sehe ich zuerst ein weißes Sprossenfenster, das ich einen Moment lang anstarre, weil es mir fremd ist. Die Sonne scheint herein, also ist schon Morgen. Wo bin ich?
Ein bisschen benommen sehe ich mich um und merke, dass ich auf einem breiten, herrlich weichen Bett in einem großen, weiß tapezierten
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