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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Frau der Welt für eine Woche in einen keifenden Drachen verwandeln. Genervter und grantiger war sie nur, wenn unsere Schulranzen gepackt werden mußten, während sie in der übrigen Zeit mehr gute Laune versprühte als Pickwick, Pollyanna und Mrs. Tiggywinkle an einem strahlenden Sommertag.
    Zu guter Letzt wurde Dings, das aus Platzgründen auf dem Stallboden zusammengesetzt werden mußte und sich anschließend keinen Zentimeter von der Stelle rücken ließ, durch eine riesige Falltür mit Hilfe von Ketten und Rollen, dem für mich bis heute unverständlichen Prinzip des Flaschenzugs, nach unten gelassen. Die ganze Familie stand stolz dabei, wenn Dings in seiner grünglänzenden Perfektion wie eine Erfindung aus Doctor Who langsam herabschwebte. Wir alle wollten ihm Respekt zollen und die Atmosphäre wie bei einem Stapellauf genießen, aber vor allem wollte ich den spannendsten Augenblick der ganzen Operation nicht verpassen,der dem Verladen auf einen Lastwagen und dem letzten Lebewohl voranging. Da Dings fast immer in heiße Länder ging, mußte es gegen den Temperaturwechsel während der Überfahrt geschützt werden. Mit anderen Worten, um die Bildung von Schwitzwasser zu verhindern, wurde Dings eine durchsichtige Plastikhaube übergezogen, die anschließend rundum zugeschweißt wurde, bis nur noch ein winziges Loch übrigblieb. In dieses kleine Loch steckte mein Vater das Rohr eines Staubsaugers und begann die Luft abzusaugen.
    Der Anblick der Plastikhülle, die langsam in sich zusammenfiel und sich dabei exakt jeder Ausbuchtung und Vertiefung von Dings anpaßte, war schier umwerfend, komisch und genial, sozusagen genau die umgekehrte Art von Vergnügen, das man empfindet, wenn man dem langsamen Heben, Rucken und Bauschen beim Aufblasen eines Fesselballons oder Zeppelins zusieht. Das horrende Phänomen eines vollkommenen Vakuums ließ sich auf diese Weise natürlich nicht bewerkstelligen, aber wenn der Stutzen des Hoover-Staubsaugers herausgezogen und das kleine Loch eilig verschweißt wurde, war Dings für mich das eindrucksvollste Objekt auf der ganzen Welt und der Stolz auf meinen Vater grenzenlos.
    Mein Vater war und ist zweifellos ein außergewöhnlicher Mensch. Viele Söhne sind stolz auf ihre Väter und haben dazu auch allen Grund – denn es gibt viele außergewöhnliche Väter auf dieser Welt. Was aber reine Verstandeskraft, Wille, Talent und analytisches Denken angeht, kann ich nur unabhängig von aller Familienloyalität sagen, daß ich nie einem zweiten Menschen wie ihm begegnet bin. Gewiß bin ich Männern und Frauen begegnet, die mehr wußten und mehr erreicht hatten, aber nie einem Menschen mit so flexiblem und einzigartig scharfem Verstand. Seine Fähigkeit, Probleme zu lösen – mechanischer, mathematischer oder technischer Art –, ist grenzenlos und erkennt allein die durch diegrundlegenden Naturgesetze gegebenen Schranken an, nämlich die Newtonschen Gesetze und die Gesetze der Thermodynamik. Die Klarheit seines Denkens, die Perfektion und Eleganz seiner abstrakten mathematischen und intellektuellen Pläne und Entwürfe und seine Fähigkeit zu anhaltender Konzentration, geistiger Anstrengung und Tätigkeit sind schier atemberaubend.
    Unter dem brütenden, saturnischen Schatten (zwischen dreißig und fünfzig brütete er ständig über irgendwelchen Dingen) eines Mannes aufzuwachsen, der so gewaltige Geistesgaben besaß, war für uns alle nicht einfach. Er arbeitete jeden Tag, selbst zu Weihnachten und anderen Feiertagen, und das über Jahre hinweg. Keine Ferien, keine Ruhepause vor dem Fernseher, immer nur Arbeit. Nur ganz selten hörte man die Musik von Beethoven, Brahms, Bach oder auch Scarlatti und Chopin auf dem Broadwood-Flügel, den er im Empfangszimmer in seine Einzelteile zerlegt und wieder zusammengebaut hatte, aber das geschah nicht zur Entspannung. Auch die Musik wurde der Analyse unterzogen, einer zwar oftmals sehr emotionalen Analyse, die aber dennoch auf einem umfassenden Wissen von Theorie und Form basierte.
    Als einer meiner Schulfreunde ihn zum ersten Mal sah, rief er erstaunt: »Mein Gott – Sherlock Holmes!«
    Ich war wie vom Blitz gerührt, war ich doch seit Jahren ein begeisterter Sherlock-Holmes-Fan. Ich war sogar Mitglied der Sherlock-Holmes-Gesellschaft in London (was später unmittelbar mit meinem Rausschmiß in Uppingham zu tun haben sollte) und kannte die meisten seiner Geschichten fast auswendig. Bis dahin hatte ich jedoch nie erkannt oder mir selbst eingestanden,

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