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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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irgendwas. Mit Stanshall hatte sich eine ganz neue Welt in meinem Kopf aufgetan, eine Welt, in der der pure Genuß an der Struktur, Eleganz und dem Klang der Sprache in Verbindung mit dem Absurden, dem Schockierenden und dem Urenglischen einen wilden Veitstanz aufführten.
    Ich glaube, am meisten begeisterte mich Stanshalls Stimme. Sie verfügte über zwei Register, das eine dünn und fistelig, fast schon mit dem Timbre eines Schlagersängers aus den Zwanzigern, das aber in extrem hohe Lagen reichte, wie bei dem Broadway-Klassiker »By A Waterfall«; seine zweite Stimme war erstaunlich tief, satt und klangvoll und konnte genausogut Elvis imitieren (bei dem Stück »Death Cab for Cutie« beispielsweise) wie das brummelnde Posaunengefurze eines bedudelten britischen Bierzeltbläsers, um es in der Ausdrucksweise Stanshalls zu sagen.
    Die meisten werden seine Stimme von der Ansage der einzelnen Instrumente auf Mike Oldfields ansonsten reinem Instrumentalalbum Tubular Beils kennen, das in den frühen Siebzigern millionenfach verkauft wurde und Richard Branson ein Vermögen einbrachte.
    Die Bonzos waren mein Bindeglied zwischen Rockmusik und Comedy, wobei ich mit Comedy weit mehr anfangen konnte als mit Rockmusik. Schließlich kaufte ich mir auch eine Platte der Incredible String Band mit dem unsäglichen Titel Liquid Acrobat As Regards The Air , ebenso Meddle, Obscured By Clouds und andere frühe Aufnahmen von Pink Floyd, aber wirklich vom Hocker haute mich das nicht.
    Mein Ding war Comedy. Nicht nur die moderne Comedy der Bonzos und Monty Python oder die etwas ältere von Peter Cook und Dudley Moore, sosehr ich deren Genie auch bewunderte. Genauso sammelte ich Schallplatten mit Titeln wie The Golden Days of Radio Comedy oder Legends of the Halls und lernte die Standardnummern von Komikern wie Max Miller, Sandy Powell, Sid Field, Billy »Almost a Gentleman« Bennett, Mabel Constandouros, Gert und Daisy, Tommy Handley, Jack Warner und vor allem von Robb Wilton auswendig.
    Vielleicht führt uns das alles zu dem alten Thema von »kann nicht singen, kann nicht tanzen: will nicht singen, will nicht tanzen« zurück. Wenn ich einzelne Komikernummern auswendig lernte, konnte ich sie vor anderen aufführen , der äußersten mir möglichen Annäherung an Singen oder Tanzen. Ich bin kein schlechter Imitator, zwar kein Rory Bremner oder Mike Yarwood, aber trotzdem nicht schlecht, und ich beherrschte den Text meiner einstudierten Nummern perfekt, inklusive der Betonungen und Pausen. Vielleicht konnte ich ja später auch was eigenes entwickeln.
    Mit meiner Leidenschaft stand ich nicht allein da. Richard Fawcett, ein Junge aus meiner Klasse, war ebenfalls Comedy-Fan. Auch er war ein glänzender Imitator und obendrein noch ein begnadeter und brillanter Schauspieler. Gemeinsam hörten wir uns Comedy-Schallplatten an, diskutierten, warum das eine witzig und das andere noch witziger war, und versuchten unserem Steckenpferd mit einer Besessenheit und Hartnäckigkeit auf den Grund zu gehen, wie sie nur Teenager entwickeln können.
    Fawcetts Sammlung enthielt Nummern von Benny Hill und Frankie Howerd wie auch einen großartigen Song mit dem Titel The Ballard of Bethnal Green von jemandem, dessen Name mir leider entfallen ist (der Vorname war, glaube ich, Paddy; falls jemand ihn kennt, sollte er mir schreiben), und in dem so grandios abgedrehte Zeilen vorkamen wie:
    Rum-tiddle-diddle, rum tiddle-tiddle
    Schaum auf dem Wasser
    Fussel im Nabel und Sand im Tee
    Irgendwo tauchte auch der begnadete Satz auf:
    Sing rum-tiddly-i-doh-doh
    Ich hasse meine alte Mum
    Fawcett teilte auch meine Leidenschaft für Wörter, so daß wir gemeinsam im Wörterbuch herumstöberten und uns halb schlapplachten über Perlen wie »Strobilus« oder »Paronomasie« und uns gegenseitig anspitzten, sie, ohne zu lachen, im Unterricht zu gebrauchen. »Strobilus« war eine echt harte Nuß, da es eine Art Tannenzapfen bezeichnet, aber »Paronomasie« brachte ich einmal in einem Satz unter.
    Natürlich mußte ich es auch damit wieder eine Spur zu weit treiben. Ein Lehrer hatte sich im Unterricht über meinen tautologischen Wortgebrauch ereifert. Wie jeder normale Mensch, der sich mit einem unverschämten Schönschwätzer wie mir konfrontiert sieht, ließ er sich keine Gelegenheit entgehen, mich vor der Klasse bloßzustellen. Er war allerdings kein Englischlehrer und konnte auch nicht als besonders helle bezeichnet werden.
    »So, so, Fry. In deinem Reagenzglas befindet sich

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