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Comin 2 get u

Comin 2 get u

Titel: Comin 2 get u Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Packham
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ergriff das Mannschaftsdeck. Alte Seebären stopften ihre Taschen mit Zigarettenvoll und ein Bursche aus Green Watch schrie hysterisch nach seiner Mutter. Einige versuchten, kleine Schätze von zu Hause zu retten   – einen Brief der Frau, ein Foto der Kinder   –, doch alle waren von demselben Willen gepackt   – dem Willen zu überleben. Alle außer Tommy; ich konnte mir keinen Reim auf seine scheinbare Gleichgültigkkeit machen. Er saß am Mannschaftstisch, lutschte einen sauren Drops, das Wasser schwappte um seine Knöchel.
    »Los, Tommy«, brüllte ich. »Beweg dich!«
    »Ich komme nicht, Ray.«
    Mir war der Massenansturm auf die Mannschaftsdeck-Leiter äußerst bewusst. »Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst. Los, Tommy, zieh diese verdammte Schwimmweste an.«
    Er bewegte sich nicht. »Ich habe keine Angst.«
    »Dann reiß dich um Himmels willen zusammen«, schrie ich. »Wir müssen hier raus!«
    »Was bringt das?«, sagte er. »Du weißt, dass ich nicht schwimmen kann. Rette dich, Ray. Das ist die einzig logische Sache, die du tun kannst.«
    Das Wasser stand mir bereits bis zu den Knien.
    »Ich werde die ganze Zeit bei dir sein. Zusammen können wir es schaffen. Ich weiß, dass wir das können.«
    Armer Tommy; während meiner Tapferkeits-Darbietung sah ich plötzlich, dass er vor Angst gelähmt war. »Versprichst du, dass du mich nicht verlässt, Ray?«
    »Ich schwöre es beim Leben meiner Mutter.«
    Er nickte und griff nach seiner Schwimmweste.
    Es war eine sternlose Nacht. Das Zischen des Dampfs mischte sich mit den gequälten Schreien der Verwundeten und ein junger Leutnant zur See schnitt die Rettungsboote los, während ein anderer mit einem Megafon umherrannte und »Schiff verlassen!« brüllte.
    »Frauen und Kinder zuerst«, witzelte ein Möchtegern-Komiker, als wir unseren Aufstieg vom Achterdeck begannen.
    Je weiter sich die
Thanatos
nach Steuerbord neigte, desto gefährlicher wurde unsere Kletterei. Kaskaden leerer Muschelschalen prasselten auf uns nieder wie bei einem riesigen Flipperautomat.
    Oben schafften wir es irgendwie, das Geländer auf Backbord zu überwinden und uns auf die Seite des Schiffes zu manövrieren. Viele unserer Schiffskameraden stellten sich in einer Reihe auf, um sich ins Meer zu stürzen.
    »Kommt rein«, schrie der Komiker, »das Wasser ist herrlich.«
    Wir glitten runter bis zu den Kielräumen, wobei die Rankenfußkrebse große Rillen in meinen Hintern frästen. Da war nichts als Dunkelheit, als wir nebeneinanderkauerten und uns bereit machten für den Sprung ins Ungewisse.
    »Ich kann das nicht«, flüsterte Tommy.
    »Natürlich kannst du das. Na los, ich werde die ganze Zeit bei dir sein.«
    Ich nahm seine Hand. Er zerquetschte meine Finger mit seinem schraubstockartigen Griff. »Okay, Tommy, auf drei. Eins, zwei   ...«
    Doch die
Thanatos
kämpfte mit dem Tod. Eine kolossale Explosion jagte uns in die Luft und das Nächste, was ich weiß, ist, dass ich vom sinkenden Schiff unter Wasser gezogen wurde. Zweimal riss es mich nach unten; zweimal schaffte ich es, mich nachoben zu kämpfen und eine Ladung öliges Wasser auszuspucken.
    »Tommy! Tommy! Wo bist du?«, brüllte ich.
    Unter anderen Umständen hätte es ein recht nettes Spektakel sein können: Hunderte von Männern, leuchtende Fackeln, die im Wasser umhertanzten. Einige kletterten in die Rettungsboote und einige trillerten dieses gottverdammte Liedchen »Rosamunde«. Ich schlug immer wieder um mich in das tintenschwarze Wasser, rief Tommys Namen und betete um ein Wunder.
    Die erste Leiche, die mir begegnete, ließ mich würgen. Als ich auf die dritte stieß, hatte ich schon Übung darin, sie auf den Rücken zu drehen und ihnen mit meiner Taschenlampe in ihre blauen, leblosen Gesichter zu leuchten. So erbärmlich es war, ich konnte nicht anders, als jedes Mal erleichtert zu seufzen, wenn da nicht Tommy vor mir lag. Irgendetwas sagte mir, dass er noch lebte; irgendetwas sagte mir, dass ich den Hauch einer Chance hatte, ihn zu finden.
    »Na los, Tommy, ich weiß, dass du da draußen bist.«
    Die blinkenden Lichter der Rettungsboote wichen langsam in die Dunkelheit zurück. Ich musste ihn finden, und zwar schnell.
    »Na los, Tommy, mach dich irgendwie bemerkbar!«
    Es schien wie ein Wunder. Seine Stimme war nur ein schwacher Hauch, doch ich hätte sie überall erkannt. »Ray   ... Ray   ... bist du das, Ray?«
    »Keine Sorge, Tommy. Ich komme und hole dich.«
    Und da war er, klammerte sich an ein Stück

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