Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen (German Edition)
ich, was hervorkam. Aber jetzt sollst du zum Ausdruck bringen, was du glaubst und woher du zu diesem Glauben kamst.« »O heiliger Vater, du Geist, du siehst jetzt, was du so sehr geglaubt hast, daß du auf dem Weg zum Grab jüngere Beine besiegt hast«, begann ich, »und du willst, daß ich den genauen Inhalt meines frei bejahten Glaubens darlege, und hast nach der Begründung für ihn gefragt. Da antworte ich:
130 Ich glaube an den einen, einzigen und ewigen Gott, der, selbst unbewegt, den ganzen Himmel aus Liebe bewegt und den alles ersehnt. Für diesen Glauben habe ich nicht nur physische und metaphysische Beweise; mir gibt ihn auch die Wahrheit, die vom Himmel herabfließt durch Moses, durch Propheten und Psalmen, durch das Evangelium und durch Euch, die Ihr geschrieben habt, nachdem der Heilige Geist Euch geheiligt hat.
139 Und ich glaube an drei ewige Personen, und diese sind, wie ich glaube, ein einziges Wesen. Es ist so sehr eins und dreieins, daß ich von ihm sowohl sagen darf: › sie sind‹ als auch › es ist.‹ Mit dieser tiefen göttlichen Eigenheit besiegelt mehrfach das Evangelium meinen Geist. Das ist der Ursprung, das ist der Funken, der sich zu der lebhaften Flamme ausbreitet, die in mir leuchtet wie ein Stern am Himmel.«
148 Wie ein Herr, der hört, was ihm gefällt, seinen Knecht umarmt und sich mit ihm freut über die Nachricht, sobald dieser schweigt, so gab mir, sobald ich schwieg, das apostolische Licht, auf dessen Geheiß ich gesprochen hatte, singend seinen Segen und tanzte dreimal um mich herum, so sehr gefiel ihm, was ich sagte.
Canto 26
Dante, erblindet im überhellen Licht, spricht vor Johannes über die Liebe. Große Zustimmung, Dante erhält sein Augenlicht zurück. Adam berichtet über das Paradies, den Sündenfall und den geschichtlich-variablen Charakter der menschlichen Sprachen.
1 Ich war erschrocken über den Verlust meines Augenlichts. Da ging von der glänzenden Flamme, die es ausgelöscht hatte, ein Hauch aus, der mich aufmerken ließ und der sagte: »Bis du deine Sehkraft wiederbekommst, die du an mir aufgezehrt hast, ist es gut, wenn du sie durch Nachdenken ersetzt. Fang also gleich an: Sag mir, welches Ziel deine Seele erstrebt! Und mache dir klar: Deine Sehkraft setzt zwar aus, sie ist aber nicht zerstört. Denn die Herrin, die dich durch dieses Reich führt, hat in ihren Augen die heilende Kraft, welche die Hand des Ananias besaß.« [719] Ich sagte: »Sie mag bestimmen, ob meine Augen früher oder später geheilt werden, schließlich waren sie die Tore, durch die sie eintrat mit dem Feuer, in dem ich seither brenne. Das Gut, das diesen Hofstaat beglückt, ist das A und O des Buches, das Amor mir vorliest, leise oder laut.«
19 Dieselbe Stimme, die mir die Angst wegen der plötzlichen Blendung genommen hatte, forderte mich auf, weiter nachzudenken, und sagte: »Du mußt die Sache mit einem feineren Sieb klären. Sage, wer hat deinen Bogen auf dieses Ziel gerichtet?« Und ich: »Philosophische Gründe und die Autorität, die zu uns herabstieg, haben mich zu dieser Liebe geprägt. Denn das Gute, sofern es als das Gute erfaßt wird, erzeugt Liebe. Diese ist um so größer, je mehr an Gutem es in sich umfaßt. Zu einem Wesen von solchem Übermaß, daß alles Gute, das sich außerhalb seiner findet, nur ein Strahl seines Lichtes ist, muß ein Geist sich mehr als auf alles andere bewegen; jeder, der die Wahrheit dieses Beweises erfaßt hat, liebt es. Diese Wahrheit breitet vor meinem Geist der Mann aus, der mir die ursprüngliche Liebe aller ewigen Wesen beweist. [720] Der wahre Autor breitet sie vor mir aus, der über sich zu Moses sagte: ›Ich werde dir alle Vollkommenheiten zeigen.‹ Aber auch du breitest sie aus, dort, wo du am Anfang deiner hohen Verkündigung das Geheime von hier oben dort unten ausrufst, besser als jeder andere Herold.« [721]
46 Dann hörte ich: »Aufgrund menschlicher Vernunft und der Autoritäten, die mit ihr zusammenstimmen, bewahrst du deine höchste Liebesregung für Gott. Aber sag mir noch: Ziehen dich noch andere Bänder zu ihm hin? Sag laut: Mit wie vielen Zähnen beißt dich diese Liebe?« Die heilige Absicht des Adlers Christi blieb mir nicht verborgen, ich bemerkte, wohin er mein Bekenntnis führen wollte. Deswegen begann ich wieder: »Alle diese Bisse, die das Herz zu Gott hinwenden können, haben zusammen meine Liebe bewirkt: Das Sein der Welt und mein eigenes Sein, der Tod, den Er ertrug,
Weitere Kostenlose Bücher