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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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schnell
    nach seinem Handgelenk.
    „Wenn du nicht in der Lage bist zu reden, macht
    das nichts. Dann versuchen wir es später.“
    „Ich will bloß weg von hier!“ schluchzt er. „Das
    ist ein Tollhaus. So tötet man doch keinen. Ich will weg aus dieser Stadt, auf der Stelle.“
    „Wieviel waren es denn?“
    „Drei oder vier. Ich erinnere mich nicht.“
    „Kanntest du sie?“
    „Wir empfangen hier doch keine Penner.“
    „Waren das Penner?“
    „Es waren … es waren …“ Er vergräbt den Kopf
    in den Händen. „Ich will aufwachen, ich will auf-

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    wachen, ich will aufwachen …“
    Ich lasse ihn fünfzehn Sekunden in Ruhe, dann
    hake ich nach: „Je schneller du uns auf die Sprünge hilfst, um so größer ist unsere Chance, sie zu
    schnappen.“
    Er wirft ruckartig eine Haarsträhne nach hinten
    und holt tief Luft. Seine Hände zerknüllen das La-
    ken.
    „Es hat geläutet. Ben ist nachsehen gegangen,
    wer da ist. Ich war im Schlafzimmer und habe sie
    mit ihren Waffen hereinstürzen sehen. Ich habe
    mich schnell im Schrank versteckt. Ein Typ ist das
    Schlafzimmer kontrollieren gekommen. Mich hat
    er nicht gesehen. Er ist wieder ins Wohnzimmer
    zurück. Ben war wütend. Er forderte sie auf, sofort zu verschwinden, und drohte mit der Polizei. Ich
    glaube, sie haben ihn zusammengeschlagen. Ich
    habe gehört, wie er zusammengebrochen ist. ‚Wo
    ist die Diskette?’ haben sie gebrüllt. Ben sagte, er wisse nicht, wovon sie sprächen. Da sind sie über
    ihn hergefallen. Er schrie, als ob die Welt unter-
    ginge. Er schrie so sehr, daß ich ohnmächtig ge-
    worden bin … Bitte, sagen Sie mir, daß das alles
    nicht wahr ist. Ich flehe Sie an, rütteln Sie mich
    wach!“
    Der Rest seiner Klage geht unter in langem Ge-
    stöhn.
    „Kümmer dich um ihn“, sage ich zum Brigadier
    und gebe Lino und Ewegh ein Zeichen, mir zu fol-
    gen.
    Draußen legt sich die Dämmerung auf die Stadt
    wie ein frigider, verbitterter Nachtmahr auf eine
    Brennessel. Am Himmel, an dem es trügerisch
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    lichtert, steht der Mond wie der leibhaftige böse
    Blick. In der Ferne, auf hoher See, die sich in Finsternis auflöst, hat sich ein abtrünniger Frachter in ein Glühwürmchen verwandelt, doch niemand tut
    ihm den Gefallen, auf seine Maskerade einzuge-
    hen. Es ist die Stunde, da die Menschen sich hinter Schloß und Riegel verkriechen, um sich ein Alibi
    zu verschaffen, da ihr Gewissen an der Kette liegt
    und bleierner Schlaf ihre Lider beschwert. Algier
    kehrt in die Hölle zurück. Seine Schutzpatrone
    helfen ihm nicht mehr. Seine Nachtwachen sind
    wie Totenwachen. Das geringste Blätterrauschen
    hält man für ein Todesröcheln.

    3

    Die Geheimdienstzentrale ist bestens getarnt. Es
    käme keinem zufälligen Gaffer in den Sinn, daß
    hinter den Trümmern einer stillgelegten Fabrik
    einer der geschäftigsten Nachrichtendienste des
    Kontinents am Werk ist.
    Ich bin schon einmal dagewesen, zu der Zeit, als
    Kommissar Dine Chef der EDV-Abteilung war.
    Wenn ich daran denke, schaudert’s mich noch heu-
    te.
    Ein als Penner verkleideter Wärter öffnet mir ei-
    ne Pforte und geleitet mich durch ein Labyrinth aus unterschiedlichsten Materialien. Dann ein Schiebe-fenster und ein anderer Wärter, in Anzug und Kra-
    watte diesmal, der meine Papiere beschlagnahmt,

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    mich in ein Register einträgt und in die Höhle des
    Löwen katapultiert.
    Keine Zeit mehr, kleine weiße Kieselsteine auf
    den Weg zu streuen. Ein Aufzug verschluckt mich
    und kotzt mich wie ein verdorbenes Lebensmittel
    mitten auf einem Gang aus, der jedem OP-Trakt
    zur Ehre gereichte. Jetzt braucht’s wirklich keine
    Begleitung mehr. Rotierende Kameras machen
    Röntgenbilder von dir, und dein Instinkt führt dich immer der Nase nach deinem Schicksal entgegen.
    Meines sieht aus wie ein braver Stammeshäupt-
    ling. Seine Kobrabrille trägt er ebenso hoheitsvoll zur Schau wie seine fünfzig Jahre. Er ist kaum grö-
    ßer als ein Kilometerstein, mit einem Lächeln, das
    in einem Sanatorium harmlos gewirkt hätte, den-
    noch entströmt seiner Person eine solche Autorität
    und solches Mißtrauen, daß du anfängst, deinem
    eigenen Schatten nicht mehr über den Weg zu trau-
    en.
    Er kommt hinter seinem nüchternen Schreibtisch
    hervor, drückt mir die Hand, spürt mein Unbeha-
    gen und versucht, mich zu beruhigen: „Es sind nur
    ein paar Formalitäten zu erledigen, Kommissar.
    Nehmen Sie doch bitte Platz …“
    Da funkt das Telefon dazwischen. Mein Gastge-
    ber

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