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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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seinen ersten Abschluß und gleich hinterher
    auch noch den Doktor gemacht, so locker, daß man
    noch heute darüber staunt.
    Er war gerissen, der Ben. Ich erinnere mich, daß
    er jedesmal, wenn im Palast ein Méchoui* [* Hammel am Spieß, arabisches Festessen] angesagt war, eine solche Beredsamkeit an den Tag legte, daß die ge-ladenen Gäste darüber das Essen vergaßen. Er
    verstand es wie kein Zweiter, Dichter und Helden
    der Vergangenheit in eine Reihe mit den tapferen
    Schmieden unserer Befreiung zu stellen und das
    liebe Algerien in olympische Höhen zu erheben.
    Und wer ihm zuhörte, der identifizierte sich, ver-
    dammt noch mal, im Handumdrehen mit der Revo-
    lution und ließ die Welt erzittern, wenn er sich nur schneuzte.
    Für den 150prozentigen Polizisten, der ich da-
    mals war, strotzend vor Gewißheiten beim Verlas-
    sen des Untergrunds, verkörperte er das progressi-
    ve, kriegerische, siegreiche Algerien. Er war mehr
    als nur ein Idol für mich, er war der Glaube
    schlechthin. Es reichte schon, daß er am Kommis-
    sariat vorbeikam, und ich geriet in helle Verzü-
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    ckung. Ich ertappte mich, wie ich ihn meinen Kol-
    legen mit dem Finger zeigte, freudig erregt wie ein Schüler, der seinen Lehrer plötzlich auf dem Souk
    entdeckt.
    So kam es, daß ich, als Ben Ouda in eine ganz
    banale Sittengeschichte verwickelt war, sofort Ze-
    ter und Mordio schrie. Im tiefsten Grund meines
    Herzens lehnte ich es kategorisch ab, daß ein
    Moudjahid** [** Freiheitskämpfer] vom Kaliber des Unterpräfekten sich für einen vierzehnjährigen
    Rotzlümmel entflammen könnte. Ich setzte mich
    mit Leib und Seele für die Rettung seines guten
    Rufes ein, bedrohte die Zeugen und stellte den El-
    tern des Opfers Repressalien in Aussicht, die Ta-
    merlan höchstpersönlich abgeschreckt hätten.

    Ben Ouda ist ein Seigneur. Er hat meinen massiven
    Einsatz für ihn nicht vergessen. Der Beweis: nach
    dreißig Jahren Funkstille hat er sich an mich erin-
    nert und mich gebeten, ihm an der Place de la Cha-
    rité, Hausnummer 14, einen Besuch abzustatten.
    Er hat es weit gebracht seit damals, seit den Zei-
    ten der Unterpräfektur in Ghardaia. Erst bei der
    Justiz, dann im Diplomatischen Dienst. 1989 kehr-
    te er nach Algerien zurück, um den hohen Herr-
    schaften zur Hand zu gehen, die vom Staatspräsi-
    denten beauftragt worden waren, die Verfassung
    zurechtzubiegen, um die Gelüste der Fundamenta-
    listen, die uns noch an die Nieren gehen sollten, zu legitimieren. Es kursieren Gerüchte, man habe ihm
    ein hohes Staatsamt angetragen, aber seine exzes-
    sive Demut hätte ihn bewogen, sich mit seinen
    Schweizer Nummernkonten zufriedenzugeben.

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    Ben steht im Ruf, ein Intellektueller zu sein. Er
    zieht die Ferne dem Bad in der Menge vor, die
    Ruhe einer Residenz jenseits des Mittelmeeres dem
    protokollarischen Tamtam. In aller Bescheidenheit
    hat er akzeptiert, als Konsul nach Schwarzafrika zu gehen, später mußte man ihn bitten und beknien,
    bis er sich bereit erklärte, Botschafter im Orient zu werden.
    Das Heimweh hat sein Gedächtnis aufgefrischt,
    die Sehnsucht sein goldenes Exil zur Einöde, seine
    Einsamkeit zur Askese werden lassen, und so kam
    es, daß man eines schönen Morgens seine Bücher
    in den Auslagen der Buchläden auftauchen sah.
    Das war 1992. Das Land lag mit einer gestaltlosen
    Demokratie in den Wehen. Das Volk rief nach
    Denkmalstürzern und applaudierte den Wahrheits-
    beschwörern. Im allgemeinen Taumel wagte sich
    jeder auf eigene Faust mit Enthüllungen ans Licht.
    Ben Bella servierte uns seine Memoiren, Aït Ahmed Die Affäre Mesli, Belaïd Abdeslem Das algerische Gas. Für jeden war etwas dabei.
    Ben Ouda für sein Teil beglückte uns mit Traum
    und Utopie, einer atemberaubenden Abrechnung mit dem wissenschaftlichen Sozialismus einstiger
    Eselstreiber, die zu den Dinosauriern des nationa-
    len Niedergangs mutiert waren. Ein Bestseller.
    Manch übler Witzbold behauptete gar, der Hohe
    Staatsrat, der an Glaubwürdigkeit eingebüßt hatte,
    beabsichtige, den Autor als stellvertretendes Mit-
    glied zu rekrutieren. Und Ben Ouda gab im Fern-
    sehen, während auf den Straßen die Polizisten ab-
    geknallt wurden, folgenden zitatverdächtigen
    Spruch von sich: „Ich liebe mein Volk zu sehr, um
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    es zu unterjochen.“
    Ich, der ich längst nicht mehr an Fakire glaubte,
    bemerkte zu Mina: „Das ist doch wenigstens ein
    Kerl. Der nimmt kein Blatt vor den Mund, vermut-
    lich weil er schon was Dickeres zwischen

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