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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Inneren finden sich
    Patronenhülsen. Es war eine 7,62er. Vermutlich
    eine Kalaschnikow. Ist gegen dreizehn Uhr pas-
    siert. Der Professor wollte gerade nach Benak auf-
    brechen.“
    Der Leichnam des Professors liegt verzerrt auf
    der Freitreppe, die Brille zertreten davor auf dem
    Weg. Er ist ein alter Mann, weißhaarig, hager und
    hochgewachsen, mit einem Gesicht, das aussieht
    wie mit dem Meißel gehämmert. Mit der Linken
    hält er noch den Mantelkragen hoch, als wolle er
    sich in einem absurden Selbstverteidigungsreflex
    vor dem Kugelhagel schützen.
    „Sie waren in einem grauen Peugeot“, fährt Bliss
    fort, um uns zu verstehen zu geben, daß er nichts
    dem Zufall überlassen hat. „Ich habe die Auto-
    nummer gleich an die Zentrale durchgegeben.“
    „Danke, du wirst nicht mehr gebraucht.“
    Mein trockener Ton verschlägt ihm die Sprache.
    Er verschwindet. Und es ist, als ginge die Sonne
    auf.
    Von seinem Geunke befreit, kann ich mich end-
    lich ungestört der Tragödie zuwenden. Ehe er den
    Geist aufgegeben hat, hat der Professor noch etwas
    auf eine Treppenstufe gekritzelt. Das Blut ist ge-
    ronnen, doch die Fingerspuren sind gut erkennbar:
    „HIV“ steht da zu lesen.
    „Hast du noch ein paar Vögelchen im Kasten?“
    frage ich den Fotografen.
    „Noch ein ganzes Nest voll, Chef.“
    „Dann mach mir eine Großaufnahme von diesen
    seltsamen Großbuchstaben.“
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    „Finger weg!“ tobt ein helles Stimmchen.
    Ein Mickerling im Mafioso-Anzug, der wie ein
    Billig-Imitat ausschaut, rennt den Polizisten, der
    vor der Villa Wache steht, über den Haufen und
    stürzt auf mich zu, wobei er mir sein Abzeichen
    entgegenhält, als schwinge er das Kruzifix vor ei-
    nem Vampir.
    „Capitaine Berrah vom Geheimdienst. Meine
    Leute werden gleich da sein. Packen Sie Ihren Zir-
    kus zusammen und machen Sie, daß Sie wegkom-
    men.“
    „Sachte, sachte, Capitaine. Sie werden uns noch
    einen Schreck einjagen.“
    „Mir egal. Packen Sie Ihren Krempel ein und
    ziehen Sie Leine, Kommissar.“
    „Noch ein falscher Ton, du Klapphorn“, lehnt
    Lino sich auf, „und du landest gleich selber mitten im Krempel!“
    Da ist er baff, der Kollege! Er runzelt verstört die Brauen, total überrascht von der Aufsässigkeit des
    Untergebenen, sieht mich an und fragt, wobei er
    mit dem Daumen auf ihn zeigt: „Wo kommt denn
    diese Kaulquappe her?“
    „Aus Jupiters Schenkel“, antworte ich.
    Er macht auf beleidigte Gottheit, der Capitaine,
    nimmt den Himmel, dann den Erdboden ins Visier,
    ehe er mich, ohne den Daumen von der Schulter zu
    nehmen, erneut befragt: „Wie hat er mich doch
    gleich genannt?“
    „Klapphorn“, bestätigt Lino im Brustton der Ver-
    achtung. „Kleines Loch und große Klappe.“
    Erst da läßt sich der Capitaine dazu herbei, dem
    Lästermaul ins Angesicht zu blicken, wobei er sich

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    den Daumen gegen die Brust drückt: „Ich, ein
    Klapphorn?“
    „Ja! Du, ein Klapphorn!“
    Ich versuche, sie zu beschwichtigen, gemäß
    Rundschreiben Nummer 129 des Innenministeri-
    ums. Der Capitaine weigert sich, Waffenstillstand
    zu schließen. Sein Gesicht ist verzerrt, er wiegt
    sich auf der Stelle hin und her. Ohne den Daumen
    von seiner Brust zu lösen, streckt er den Zeigefin-
    ger Richtung Lino aus: „Du wirst bald von Berrah
    reden hören, kleiner Kerl. Und dein Chinesen-
    Zöpfchen, das scher ich dir mit dem Rasenmäher
    ab.“
    „Wenn du schon dabei bist, ich hätte vorne noch
    was, das auch mal geschoren werden müßte.“
    Da zuckt Berrahs Hand ins Jackett. Eine unglück-
    liche, höchst bedauerliche Geste, denn im selben
    Moment fährt Ewegh seinen Arm aus. Und James
    Bond 000 kreiselt zweimal um sich selbst, ehe er
    mit lädierter Nase auf dem Gehweg landet. Er
    stammelt aufgelöst: „Ich wollte doch nur meinen
    Kuli rausholen, um seine Dienstnummer aufzu-
    schreiben.“
    Und Ewegh, seelenruhig: „Ich dachte, der greift
    nach seiner Knarre.“
    Damit ist der Fall für ihn erledigt.

    Die Sonne quält sich hinter dem Märtyrerdenkmal
    hervor. Sie würde gerne mit den Wolken flirten,
    doch sie fürchtet, man könnte sie für eine Wildente halten. Der Himmel überzieht mit seinem Blues die
    zitternde Bucht. Algier ist reglos vor Kummer,
    erstarrt wie ein Clochard, der seinen Rausch aus-
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    schläft. In sich gesunken, müht sich die Stadt, ihre nervösen Zuckungen zu unterdrücken, um nicht
    plötzlich zu explodieren.
    In meinem stressigen Büro versuche ich vergeb-
    lich, im Kaffeesatz zu lesen.

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