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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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loslassen, was ihr augenblicklich wieder die Luft abschnüren würde.
    »Jeffrey!«, rief er. »Schnell, kommen Sie.«
    Nur wenige Sekunden später kam der Engländer ins Zimmer gestürzt.
    »Holy shit!«, entfuhr es ihm, als er die Situation erfasste. Sofort kniete er neben dem Stuhl nieder. Als er den ersten Knoten am Knöchel gelöst hatte, lockerte sich das Seil. Jules zog es vorsichtig von ihrem Hals, doch noch immer pfiff ihr Atem. Ihre gequetschte Luftröhre war verkrampft.
    In ihren aufgerissenen Augen stand ein verzweifeltes Flehen. Jules überlegte nicht lange. Er holte tief Luft und blies mit aller Kraft in ihren Mund. Schon glaubte er, dass er nicht gegen den Widerstand ihrer zusammengezogenen Luftröhre ankäme. Doch dann löste sich der Krampf, und mit einem gequälten Stöhnen riss sie den Mund auf und sog pfeifend die Luft ein.
    Vor Schmerz liefen Zadira die Tränen über die Wangen, während sie immer kräftiger zu atmen begann und die dunkle Röte langsam aus ihrem Gesicht wich.
    Jules löste den Ledergurt, mit dem ihr Kopf fixiert war, Jeffrey die Verschlussstifte der Handfesseln. Als Jules das andere Seilende von ihrem Knöchel entfernt hatte, betrachtete er Zadira voller Mitgefühl. Und Wut. Und … Dankbarkeit.
    »Ihr Fall, Doktor«, sagte Jeffrey zu Jules. »Ich werde mich um das sadistische Stück Scheiße da unten kümmern.«
    Jules nickte und fasste Zadira bei den Schultern, weil sie kraftlos nach vorn sackte.
    Sie hob den Kopf und krächzte etwas.
    Er sagte leise: »Was ist denn?«
    Sie krächzte wieder, aber er verstand sie einfach nicht.
    Da sah sie ihn mit ihren großen, grünen, unglaublichen Augen an, fasste ihn an seinem Haarschopf und zog ihn zu sich heran, bis sich ihre Lippen in einem hungrigen Kuss trafen.

38
    M azan lag blinzelnd im Schatten des Baumes auf dem Kirchplatz. Er reckte sich. Dann schaute er zu Manon hinüber, die ein paar Schritte weiter hockte und die Augen für ein kleines Nickerchen geschlossen hatte. Sie hatten ihr Spiel dann doch noch zu Ende gebracht. Aber auch wenn er es sehr genossen hatte, war er froh, dass es vorbei war. Denn die Zeit der Paarung war außerordentlich anstrengend und raubte ihm seine Fähigkeit, klar zu denken. Die aber brauchte er jetzt ganz besonders.
    Mazan hatte es schon geahnt, als Zadira am Morgen ihre Sachen in die große Tasche packte und die Bücher zurück in die Kiste. Dann füllte sie seinen Napf mit Thunfischpastete von Madame Roche.
    »Hör zu, Commissaire Mazan«, erklärte sie, »sie haben mir einen Job angeboten in Marseille.« Sie lächelte ein wenig verloren. »Das habe ich mir die ganze Zeit gewünscht, weißt du?«
    Sie strich ihm leicht über den Rücken. Er liebte es, wenn sie ihn so sanft berührte. Aber er erkannte auch ihre Zerrissenheit. Wie sollte er ihr nur helfen?
    »Der Job ist gut. Ich würde eine Abteilung des Jugendschutzes leiten.« Sie seufzte und sagte sehr leise:
    »Ich bin nicht der Typ für so eine kleine Stadt. Und auch nicht der Typ, der eine Katze haben sollte. Ich bin zu schwierig für so etwas.«
    Er spürte, wie sie mit sich rang. Dass da noch etwas war, das sie sagen wollte. Doch sie erhob sich, warf sich die Tasche über die Schulter, nahm die Kiste auf und wandte sich ab. An der Tür blieb sie noch mal stehen, bedachte ihn mit einem zärtlichen Blick und flüsterte: »Danke.«
    Dann war sie verschwunden.
    Er hatte sein Futter nicht angerührt.
    Die Leere in ihm ließ sich damit nicht füllen.
    Seitdem dachte er darüber nach, was er tun sollte. War es vielleicht auch für ihn an der Zeit zu gehen?
    Was ihn hier gehalten hatte, war das Versprechen, das er Manon gegeben hatte – und das hatte er erfüllt: Julies Mörder war gefunden, der Katzenmörder ebenfalls. Was also blieb ihm noch zu tun?
    Vor allem jetzt, da Lieutenant Zadira die Stadt verließ?
    Manon hatte die Augen geöffnet und beobachtete ihn. Sie spürte offenbar, was in ihm vorging, und wartete ab.
    Er wusste, dass ihn draußen vor der Stadt wieder Hunger erwarten würde. Die Blutsauger säßen bald wieder in seinem Fell, und er müsste ständig aufpassen, dass ihn nicht ein Bauer mit seiner Schaufel erschlug. Es gab eigentlich nichts, was für ein einsames Leben in der Wildnis sprach.
    Eigentlich.
    Außer dem Gefühl, frei zu sein.
    Commissaire Mazan schaute in die Sternenaugen von Manon.
    Dich würde ich vermissen.
    Was sollte er tun? Bleiben? Oder gehen?
    Die Unruhe trieb ihn hoch. Als er vom Kirchplatz die schattige Gasse

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