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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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Leitung, wissen Sie.«
    »Ja.«
    »Was?«
    »Wusste ich.«
    »Wussten Sie auch, wo ich dann landete?«
    »Brell, bitte!«
    »Schon gut, Sie müssen nicht gleich laut werden. Also. In einem Büro des Innenministeriums. Besondere Liegenschaften.«
    »Ach. Besondere Liegenschaften? Und dann?«
    » Rien. Funkstille. Niemand konnte mir weiterhelfen. Oder wollte nicht. Nicht einmal, als ich sagte, dass es um eine Mordermittlung geht. Es hieß, ich hätte keine Schutzstufenbefugnis. Wissen Sie, was das heißt?«
    Zadira schloss die Augen. Etwas flog sie an, eine vage Wahrnehmung von Ärger.
    »Das heißt, jemand braucht Zeit«, mutmaßte sie. »Oder das Haus gehört der Regierung.«
    Und damit verzögert sich alles. Und mindestens einer verliert seinen Job.
    Oder eine.
    »Lieutenant, damit kommen die nicht durch. Ich kann das nicht leiden, wenn diese Pariser so … pariserisch sind. Bilden sich was ein, nur weil sie eine Metro und ’nen Eiffelturm haben. Ich werd rüber nach Saint-Didier fahren zu Francis Bleu, dem Vorbesitzer. Da hab ich alle verdammten Schutzstufenbefugnisse. Und der hat auch noch einen Schreibtisch für Sie, aus gutem Sargholz. Hält ewig.«
    »Da freue ich mich aber drauf.«
    »Wusste ich.«
    Sie legten auf.
    Innenministerium. Glückwunsch, Zadira Camille, hast laut genug »Hier, hier« geschrien, als der Karren mit Scheiße den Berg runterrollte.
    Zadira ließ sich von Paul den Generalschlüssel geben und stand drei Minuten später vor der Tür zu Julies Zimmer.
    Sie sah auf die Uhr. Vor zwölf Stunden, gegen halb elf abends, das hatte Major Beaufort versichert, hatte Julie noch gelebt. Zwischen kurz vor Mitternacht und drei Uhr früh war sie ihrem Mörder begegnet. Eine Unsicherheitsspanne von circa drei Stunden würde auch nach der Sektion bleiben.
    Zadira streifte sich Latexhandschuhe über.
    Rochen genauso widerlich, wie die Kaugummis schmeckten.
    Dann öffnete sie die Tür.
    Julies Zimmer war nicht größer als ein Schrank.
    Ein schmales, durchgelegenes Bett mit Frotteewäsche. Ein Pressspan-Schrank, ein angelaufener Spiegel an der Innenseite der Zimmertür. Julie hatte aber immerhin über die Dächer von Mazan schauen können. Wie eine Bettler-Königin ohne Thron.
    Zadira setzte sich auf das weiche Bett und versuchte, sich Julie in diesem Zimmer vorzustellen. Doch sie spürte vor allem die sprachlose Leere, die ihr Tod hier hinterließ.
    Sie ließ sich rückwärts auf beide Ellbogen sinken. An die Decke des Zimmers hatte Julie Ausschnitte aus Zeitschriften geklebt. Models, Autos, Strände, Kleider, Hotels – die Collage eines Jungmädchentraums vom süßen Leben.
    Und dann, Julie? Lagst du hier und hast dich fortgeträumt?
    Als Zadira sich aufrichtete, entdeckte sie Härchen an ihrem Ellbogen, dort, wo sie sich auf die Decke gestützt hatte.
    Katzenhaare. Ingwerfarben.
    Was erklären würde, warum die Katze, Manon, von der ihr Jeffrey Spencer berichtete, Wache an Julies Leichnam gehalten hatte. Sie war Julies Freundin gewesen.
    Eine Totenwache. Eine Katze als einzige Freundin. Und vielleicht sogar als Zeugin. Wie allein war Julie, in diesem Hotel voller Männer, denen ihre Träume zu groß waren?
    Sie begann, Julies Schrank zu untersuchen. Billige Jeans und Tops. Sorgfältig fuhr Zadira an den Kanten des Schrankes entlang, sah unter die Matratze. Jedes Mädchen hatte Geheimnisse. Ein Tagebuch im Mauerwerk, einen an die Schrankwand geklebten Liebesbrief oder …
    Zadira stupste mit der Fußspitze die untere Schrankkante an. Woraufhin die vordere Abdeckplatte umklappte.
    … ein Kästchen!
    Und darin wahre Schätze: Chanel-N°5-Körper-Lotion, Chanel-Parfüm, Chanel-Rouge-Noir-Nagellack, ein Peeling-Handschuh …
    Woher hatte eine Aushilfe das Geld für diese Kosmetika? Gespart? Geschenke eines Liebhabers? War Julie Roscoff eine Zimmerdiebin gewesen? Eine Hobbyhure?
    In Zadira förderten alle möglichen Antworten auf diese Fragen ein jeweils neues Bild der Toten zutage.
    Erstaunlich, dachte sie. Die meisten Menschen wünschen sich, dass man sich mehr für sie interessiert.
    Aber man musste sich in dieser Welt erst umbringen lassen, damit alles wichtig wird, was man gefühlt oder gewollt hatte.
    Für einen Moment durchfuhr Zadira der irrwitzige Gedanke, dass die Menschen einander vielleicht retten könnten, wenn sie sich nur mehr füreinander interessierten?
    Hätte ein guter Zuhörer Julies Leben retten können?

17
    L och 14 des Provence Country Clubs von Saumane war ein kurzes Par 5. Das Grün

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