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Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Titel: Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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aufrappelt, ist er bekehrt?«
    Vielleicht hatte Brunetti genug von Vianellos rhetorischen Höhenflügen und verblüffte ihn daher mit der Frage: »Bist du ein besserer Mensch, seit du mit Nadia verheiratet bist?«
    Vianello ordnete seine Beine um. Er machte ein so unbehagliches Gesicht, dass Brunetti schon erwartete, er werde »Foul« rufen und die Antwort verweigern. Aber nein, der Ispettore nickte lächelnd und sagte: »Ich verstehe, was du meinst.« Und nach kurzem Nachdenken: »Durchaus möglich.«
    »Könnte doch sein, dass die Bitte, das Testament zu beglaubigen, eine zu große Versuchung war«, sagte Brunetti. »Ein Haus für zwei Unterschriften.« Brunetti hätte am liebsten noch gesagt, Paris sei eine Messe wert, fürchtete aber, dass Vianello das nicht verstehen würde, und schwieg daher lieber.
    Vianello meinte schmunzelnd: »Wer war noch dieser Heilige, der gesagt hat: ›Mach mich keusch, aber noch nicht jetzt gleich‹?«
    [267]  »Augustinus, glaube ich.«
    Vianello lächelte.
    »Aber das sagt uns nicht, wo jetzt immer noch das Geld herkommt«, wandte Brunetti ein.
    Sie blieben noch eine Weile bei dem Thema: Wie waren die regelmäßigen Einzahlungen zu erklären? »Und warum auf ein Bankkonto?«, fragte Vianello. »Nur ein Idiot würde solche Spuren hinterlassen.«
    »Oder jemand, der keine Ahnung hat, wie leicht man Geld zurückverfolgen kann.« Dieser Gedanke veranlasste Brunetti, sich die Liste mit den Einzahlungen noch einmal anzusehen. Er nahm den Ordner mit Morandis Kontoauszügen aus seiner Schublade. Er fuhr mit dem Finger über die Liste der Einzahlungen und sah, dass die ersten beiden per Scheck erfolgt waren.
    Spontan wählte er Signorina Elettras Nummer, und während er wartete, hörte er Vianello vor sich hin murmeln: »So dumm kann doch keiner sein.«
    Er erklärte ihr, was sie für ihn suchen sollte, worauf sie antwortete: »Ach, wunderbar, und diesmal ganz legal«, so entzückt, als habe er ihr gesagt, sie könne sich für den Rest des Tages freinehmen.
    Unsicher, ob sie ihn auf den Arm nehmen wollte, meinte er nur: »Aus Erfahrung wird man klug«, und legte auf.

[268]  25
    I n weniger als zwanzig Minuten hatte Signorina Elettra eine vollständige Aufstellung von Morandis Kontobewegungen beisammen, aber Brunetti glaubte nicht daran, dass die Mühelosigkeit, mit der ihr das gelungen war, sie auf den Pfad der Tugend bringen würde.
    Die Einzahlungen, die erste über viertausend Euro, die zweite über drei, waren per Scheck erfolgt, ausgestellt von Nicola Turchetti - ein Name, der Brunetti irgendwie bekannt vorkam. Vianello war wieder im Bereitschaftsraum, also musste Brunetti allein in seinem Gedächtnis kramen. Da ihn das nicht weiterbrachte, nahm er schließlich das Telefonbuch aus der unteren Schublade und versuchte es dort unter T.
    Kaum sah er den Namen gedruckt, fiel ihm plötzlich alles andere ein. Turchetti, der Kunsthändler, war ein Mann von zweischneidigem Ruf: Seine Kompetenz wurde von niemandem angezweifelt; die Seriosität seiner Geschäfte manchmal schon. Soweit Brunetti wusste, war der Mann nie offiziell angeklagt worden. Jedoch fiel sein Name häufig im Zusammenhang mit fragwürdigen Geschäftspraktiken; positiv äußerten sich jene über ihn, die in seinem Laden Raritäten fanden; negativ jene, die über die Herkunft mancher seiner Ankäufe spekulierten. Brunettis Schwiegervater schwieg zu beidem und hatte Turchetti im Lauf der Jahre viele Gemälde und Zeichnungen abgekauft.
    Zeichnungen. Brunetti dachte an die legendäre Reynard-Auktion, [269]  bei der die Zeichnungen zur Enttäuschung vieler Sammler nicht aufgeboten worden waren. Hatte niemand eine Bestandsaufnahme gemacht? Oder hatte, was viel wahrscheinlicher war, Awocato Cuccetti bei der Aufstellung des Inventars seine Finger im Spiel gehabt? Reynards Palazzo war mittlerweile ein Hotel, und die frühere Einrichtung war längst in die Hände eifriger Käufer übergegangen. Awocato Cuccetti war Madame Reynard ins Jenseits gefolgt, beide hatten nichts dorthin mitnehmen können.
    Das Telefonbuch war schon einmal aufgeschlagen, also wählte Brunetti die Nummer. Eine Sekretärin meldete sich mit jenem nachlässigen römischen Akzent, den Brunetti nicht mochte. Er nannte seinen Namen, nicht seinen Dienstgrad, und als die Frau erklärte, Signor Turchetti sei beschäftigt, rückte er mit dem Namen seines Schwiegervaters und seinem Titel heraus, worauf die Wasser sich teilten und der Anruf unmittelbar zu Dottor Turchetti

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