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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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er suchte jemanden, dem er die Geschichte in allen Einzelheiten erzählen konnte. Kaum hatte er Montalbano entdeckt, eilte er ihm entgegen. »Eine regelrechte Hinrichtung, grausam.«
    »Zu wievielt waren sie?«
    »Es war nur einer. Zumindest hat nur einer geschossen. Der arme Awocato ist erst um halb sieben heute morgen aus seiner Kanzlei gekommen, hat einige Papiere mitgenommen und ist nach Tabbita gefahren. Er hatte einen Termin mit einem Klienten. Von der Kanzlei ist er alleine weggefahren, das ist sicher, aber unterwegs hat er jemanden mitgenommen, den er kannte.«
    »Vielleicht einen Anhalter?«
    Jacomuzzi brach in heftiges Gelächter aus, so sehr, daß sich ein paar Leute nach ihm umdrehten. »Kannst du dir etwa vorstellen, daß Rizzo, mit all der Macht und Verantwortung, die er zu tragen hat, einfach irgendeinen Fremden mitnimmt? Wo er doch vor seinem eigenen Schatten auf der Hut sein mußte! Du weißt besser als ich, daß Luparello den Awocato im Rücken hatte. Nein, nein, es war bestimmt jemand, den er gut kannte, ein Mafioso.«
    »Ein Mafioso, meinst du?«
    »Dafür leg' ich die Hand ins Feuer. Die Mafia hat die Preise erhöht, sie verlangt immer mehr, und nicht immer sind die Politiker in der Lage, ihren Forderungen zu entsprechen. Aber es gibt auch noch eine andere Vermutung. Womöglich hat er irgendeinen Fehltritt begangen, jetzt, wo er sich stark fühlte nach der gestrigen Ernennung. Und den haben sie ihm nicht verziehen.«
    »Jacomuzzi, meinen Glückwunsch, heute morgen bist du ja ganz besonders helle. Hast dich wohl ausgekackt, was? Wie kannst du dir denn so sicher sein, daß deine Behauptungen richtig sind?«
    »Wegen der Art, wie er umgebracht wurde. Erst hat man ihm in die Eier getreten, und dann hat man ihn gezwungen sich hinzuknien, ihm die Pistole in den Nacken gesetzt und abgedrückt.«
    Da war er wieder, der stechende Schmerz in Montalbanos Nacken.
    »Was für eine Waffe war es?«
    »Pasquano sagt, wenn man den Einschuß und die Austrittsstelle des Geschosses in Betracht zieht sowie die Tatsache, daß der Lauf so gut wie auf der Haut angesetzt war, müßte es sich um eine Siebenfünfundsechziger handeln.«
    »Dottor Montalbano!«
    »Der Polizeipräsident verlangt nach dir«, sagte Jacomuzzi und verdrückte sich. Der Polizeipräsident reichte Montalbano die Hand, sie lächelten sich an. »Wie kommt es, daß Sie auch hier sind?«
    »Um ehrlich zu sein, Herr Polizeipräsident, wollte ich gerade gehen. Ich war in Montelusa, habe die Nachricht gehört und bin dann aus purer Neugierde hergeeilt.«
    »Bis heute abend also. Daß Sie mir bloß kommen, meine Frau rechnet fest mit Ihnen.«
    Es war eine Vermutung, nur eine Vermutung, zudem so unbestimmt, daß sie sich, hätte Montalbano nur einen Moment lang genauer nachgedacht, rasch verflüchtigt hätte. Dennoch hielt er das Gaspedal voll durchgedrückt, und bei einer Straßensperre riskierte er sogar, daß man auf ihn schoß. Als er am Capo Massaria angekommen war, stellte er nicht einmal den Motor ab. Er sprang aus dem Auto, ohne den Wagenschlag zu schließen, öffnete problemlos Tor und Haustür und rannte ins Schlafzimmer. Die Pistole in der Schublade des Nachttischchens war nicht mehr da. Er schimpfte mit sich selbst. Was war er doch für ein Vollidiot gewesen! Nachdem er die Waffe entdeckt hatte, war er noch zweimal zusammen mit Ingrid in dieses Haus gekommen, ohne zu überprüfen, ob die Waffe noch an ihrem Platz lag. Selbst als er das Tor offen vorgefunden hatte, hatte er nicht nachgeschaut, sondern sich schließlich eingeredet, daß er selbst vergessen hatte, es zu schließen.
    Jetzt werde ich ein bißchen herumtrödeln, dachte er, als er nach Hause kam. Auf sizilianisch klang das viel besser: tambasiàre. Er mochte dieses Wort. Es bedeutete, in aller Ruhe von einem Zimmer ins andere zu wandern, ohne Ziel und Zweck, ja, sich einfach mit unnützen Dingen zu beschäftigen. Und genau das tat er. Er stellte die Bücher in Reih und Glied, machte auf seinem Schreibtisch Ordnung, rückte eine Zeichnung an der Wand gerade, putzte die Brenner des Gasherds. Er hatte keinen Appetit, war nicht ins Restaurant gegangen und hatte noch nicht einmal den Kühlschrank geöffnet, um nachzusehen, was Adelina ihm zubereitet hatte. Wie immer hatte er gleich beim Eintreten den Fernseher eingeschaltet. Die erste Nachricht, die der Sprecher von »Televigàta« vorlas, berichtete in allen Einzelheiten von der Ermordung des Advokaten Rizzo. Eigentlich ging es

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