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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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ausschließlich um die Einzelheiten, denn die Nachricht als solche war bereits in einer Sondersendung bekanntgegeben worden. Der Journalist hegte keinen Zweifel: Der Advokat war auf grausame Weise von der Mafia ermordet worden, die verschreckt war von der Tatsache, daß der Ermordete soeben einen Posten von hoher Verantwortlichkeit erklommen hatte, einen Posten, von dem aus er seinen Kampf gegen das organisierte Verbrechen besser führen konnte. Denn das war das Losungswort der Erneuerung: Krieg der Mafia, ohne jede Gnade. Auch Nicolò Zito, der überstürzt aus Palermo zurückgekehrt war, sprach auf »Retelibera« von der Mafia, tat dies aber auf eine derart verdrehte Weise, daß man nichts verstand. Zwischen den Zeilen, ja zwischen den Wörtern, hörte Montalbano heraus, daß Zito an eine brutale Abrechnung dachte, es aber nicht offen zugeben wollte. Er fürchtete wahrscheinlich eine neue Klage, zusätzlich zu den unzähligen anderen, die er schon am Hals hatte. Schließlich hatte Montalbano all das leere Geschwätz satt. Er schaltete den Fernseher aus, klappte die Läden zu, um das Tageslicht auszusperren, warf sich angezogen, wie er war, aufs Bett und rollte sich zusammen. Er wollte sich einigeln. Ein anderes Wort, das er liebte und das auf sizilianisch so viel besser klang: accuttufare. Es konnte zweierlei heißen: Zum einen, daß man eine Tracht Prügel abbekam, zum anderen, daß man sich von der restlichen Welt abkapselte - was im Augenblick beides auf Montalbano zutraf.

Fünfzehn
    Es war nicht einfach nur ein neues Rezept zur Zubereitung von polipetti, kleinen Tintenfischen. Vielmehr erschien die Kreation Signora Elisas dem Gaumen Montalbanos als eine wahrhaft göttliche Eingebung. Er nahm sich eine zweite, reichliche Portion, und als er sah, daß auch diese dem Ende entgegenging, verlangsamte er den Kaurhythmus, um den Genuß noch ein wenig hinzudehnen. Die Frau des Polizeipräsidenten blickte ihn glücklich an. Wie jede gute Köchin genoß sie den Anblick der Verzückung, die sich auf dem Antlitz ihrer Gäste widerspiegelte, während sie eines ihrer Gerichte kosteten. Und Montalbano gehörte wegen seines ausdrucksvollen Mienenspiels zu ihren liebsten Gästen. »Vielen Dank, wirklich vielen Dank«, sagte der Commissario zum Schluß und seufzte. Die Babytintenfische hatten ein kleines Wunder bewirkt. Ein kleines nur, weil Montalbano jetzt zwar mit Gott und der Welt Frieden geschlossen hatte, mit sich selbst jedoch alles andere als versöhnt war.
    Als sie fertiggegessen hatten, räumte die Signora ab, bevor sie eine Flasche Chivas für den Commissario und einen Amaro für ihren Gatten auf den Tisch stellte - eine kluge Geste.
    »Ihr könnt euch jetzt über eure echten Toten unterhalten. Ich gehe solange nach nebenan und sehe mir im Fernsehen die gespielten an. Die sind mir lieber.«
    Das war ein Ritus, der sich wenigstens einmal alle vierzehn Tage wiederholte. Der Polizeipräsident und seine Frau waren Montalbano sympathisch, und diese Sympathie wurde von den beiden Eheleuten reichlich erwidert. Der Polizeipräsident war ein feiner Mann, gebildet und zurückhaltend, eine Persönlichkeit wie aus vergangenen Zeiten.
    Sie sprachen über die katastrophale politische Lage, über die unbekannten Gefahren, die dem Land durch die steigende Arbeitslosigkeit drohten, über den kritischen Zustand der öffentlichen Ordnung. Dann ging der Polizeipräsident zu einer direkten Frage über. »Würden Sie mir bitte erklären, warum Sie die Sache Luparello noch nicht zu den Akten gelegt haben? Heute habe ich von Lo Bianco einen recht besorgten Anruf erhalten.«
    »War er wütend?«
    »Nein. Nur besorgt, wie ich gesagt habe. Nun, vielleicht eher befremdet. Er kann sich einfach nicht erklären, warum Sie alles so in die Länge ziehen. Und ich ebensowenig, um ehrlich zu sein. Sehen Sie, Montalbano, Sie kennen mich und wissen, daß ich es mir niemals erlauben würde, auf einen meiner Beamten auch nur den mindesten Druck auszuüben, damit er so oder anders entscheidet.«
    »Das weiß ich zu schätzen.«
    »Gut, wenn ich Sie also frage, geschieht das aus rein persönlicher Neugierde. Ich spreche mit dem Freund Montalbano, damit Sie mich recht verstehen. Mit einem Freund, dessen Intelligenz, dessen Scharfsinn und vor allem dessen Anstand gegenüber seinen Mitmenschen, wie er in der heutigen Zeit so selten ist, mir seit langem bekannt sind.«
    »Ich danke Ihnen, Herr Polizeipräsident, und ich werde ehrlich zu Ihnen sein, wie es Ihnen

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