Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
Cavaliere mit unserer Geschichte hier zu tun hat.«
»Und ob sie was damit zu tun hat! Als ich noch in der Politik war, war der nämlich mein Feind.«
»Sind Sie jetzt nicht mehr in der Politik?«
»Was soll man da noch? Wo sich ein paar Mailänder Staatsanwälte in den Kopf gesetzt haben, die Politik, den Handel und die Industrie kaputtzumachen!«
»Hören Sie, was der Cavaliere gesagt hat, ist nichts weiter als eine simple Zeugenaussage, die die Vorgehensweise der Diebe bestätigt.«
»Es ist mir scheißegal, was der Cavaliere bestätigt. Ich sage nur, daß er ein armseliger alter Trottel und schon weit über achtzig ist. Wenn er eine Katze sieht, ist er imstande zu sagen, es sei ein Elefant. Was wollte er dort überhaupt mitten in der Nacht?«
»Das weiß ich nicht, ich werde ihn fragen. Kommen wir jetzt auf unser Thema zurück?«
»Ich bitte darum.«
»Nachdem sie mindestens zwei Stunden lang vor Ihrem Supermarkt aufgeladen haben, fährt der Lastwagen los. Er legt fünf oder sechs Kilometer zurück, kehrt um, parkt an der Tankstelle und bleibt da stehen, bis ich komme. Und Ihrer Meinung nach haben sie diesen Riesenaufwand getrieben, ein halbes Dutzend Delikte begangen, mehrere Jahre Knast riskiert, nur damit die Kerle selber oder Sie was zum Lachen haben?«
»Commissario, wir können noch die ganze Nacht hier sitzen, aber ich schwöre Ihnen, ich bin überzeugt, daß es nichts weiter als ein dummer Streich war.«
Im Kühlschrank fand er pasta fredda con pomodoro, vasalicò e passuluna – mit Basilikum und schwarzen Oliven –, deren Duft einen Toten zum Leben hätte erwecken können, und als zweiten Gang alici con cipolla e aceto.
Montalbano konnte sich stets auf Adelinas kulinarische, obwohl schmackhaft einfache Phantasie verlassen. Seine Haushälterin, die einmal am Tag kam, um ihm beizustehen, war Mutter zweier hoffnungslos krimineller Söhne, von denen einer noch immer im Gefängnis saß, was er Montalbano zu verdanken hatte. Nichtsdestotrotz hatte Adelina den Commissario auch heute nicht enttäuscht. Immer, wenn er den Ofen oder den Kühlschrank öffnete, spürte er genau jenes Herzklopfen wie damals, als er noch ein Kind war und in der Morgenfrühe des zweiten November den Weidenkorb suchte, in den die Toten nachts ihre Geschenke gelegt hatten. Dieses Fest, am Tag nach Allerheiligen, gab es längst nicht mehr, es war der Banalität der Geschenke unter dem Weihnachtsbaum gewichen, so wie jetzt das Andenken der Toten erlosch. Die einzigen, die die Toten nicht vergaßen, sondern deren Andenken hartnäckig wachhielten, waren die Mafiosi, allerdings waren die Geschenke, die sie zu ihrem Gedenken schickten, keine Modelleisenbahnen oder Mandelplätzchen. Aber egal, bei Adelinas Köstlichkeiten war die Überraschung jedenfalls eine unerläßliche Würze. Montalbano nahm die Teller mit dem Essen, eine Flasche Wein und Brot, schaltete den Fernseher ein und setzte sich an den Tisch. Er liebte es, allein zu essen, jeden Bissen schweigend zu genießen; zu den vielen Dingen, die ihn mit Livia verbanden, gehörte auch, daß sie akzeptierte, wenn er beim Essen kein Wort sagte. Er fand, daß er in punkto Geschmack Maigret näher war als Pepe Carvalho, dem Helden in Montalbáns Kriminalromanen, der Gerichte in sich hineinschlang, von denen sogar ein Haifischbauch in Flammen aufgehen würde.
Bei den Programmen der nationalen Sender verzog er mißmutig das Gesicht, sogar die Regierungsmehrheit war wegen eines Gesetzes gespalten, das die vorzeitige Haftentlassung für Leute verbot, die sich das halbe Land unter den Nagel gerissen hatten; die Staatsanwälte, die den Filz mit der politischen Korruption aufgedeckt hatten, kündigten aus Protest ihren Rücktritt an; eine leichte Brise der Empörung belebte die Interviews auf der Straße.
Er schaltete ins erste der beiden lokalen Programme um. »Televigàta« war in jedem Fall regierungsfreundlich, ganz gleich, ob die Regierung rot, schwarz oder himmelblau war. Der Sprecher erwähnte die Verhaftung von Tano u Grecu nicht, sondern sagte nur, ein paar eifrige Bürger hätten dem Kommissariat von Vigàta eine ebenso heftige wie mysteriöse Schießerei am frühen Morgen in einer Gegend namens La Noce gemeldet, die Beamten, die sofort an Ort und Stelle waren, hätten jedoch nichts Ungewöhnliches festgestellt. Auch Nicolò Zito, der Journalist von »Retelibera«, der mit seiner kommunistischen Überzeugung nicht hinter dem Berg hielt, erwähnte Tanos Verhaftung mit keinem
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