Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
Montalbano und befahl Galluzzo barsch: »Leg ihm Handschellen an.«
»Ist er es?« fragte Fazio leise.
»Natürlich ist er es, erkennst du ihn nicht?« erwiderte Montalbano.
»Was machen wir jetzt?«
»Setzt ihn ins Auto, und bringt ihn nach Montelusa in die Questura. Unterwegs rufst du den Questore an, erklärst ihm alles und läßt dir sagen, was zu tun ist. Schaut, daß ihn niemand sieht und ihn erkennt. Vorerst muß die Verhaftung absolut geheim bleiben. Los jetzt.«
»Und Sie?«
»Ich schau' mir mal das Haus an, ich durchsuche es, man kann nie wissen.«
Fazio und seine Kollegen nahmen den gefesselten Tano in die Mitte und gingen Richtung Tür, Germanà trug die Kalaschnikow des Gefangenen. Erst da hob Tano den Kopf und warf Montalbano einen Blick zu. Der Commissario stellte fest, daß seine Augen nicht mehr statuenhaft waren, sie waren beseelt, fast belustigt. Als die fünf am Ende des Weges aus seinem Blickfeld verschwunden waren, kehrte Montalbano ins Haus zurück, um mit der Durchsuchung zu beginnen. Er öffnete die Kredenz, nahm die Weinflasche heraus, die noch halbvoll war, und ließ sich mit ihr im Schatten eines Olivenbaumes nieder, um sie sich in aller Ruhe zu Gemüte zu führen. Die Verhaftung des gefährlichen gesuchten Mörders war glücklich zu Ende gebracht.
Mimì Augello schien der Teufel in den Leib gefahren zu sein – kaum hatte Montalbano das Büro betreten, stürzte er sich auf ihn.
»Wo, um Himmels willen, warst du? Wo hast du dich versteckt? Was ist mit den anderen? Findest du das etwa in Ordnung, du Arschloch?«
Wenn er derart ausrastete, dann war er wirklich in Rage: In den drei Jahren, die sie jetzt zusammenarbeiteten, hatte der Commissario von seinem Vice noch nie ein derbes Wort gehört. Nein, das stimmte nicht ganz: Als so ein Idiot Tortorella in den Bauch geschossen hatte, hatte er genauso reagiert. »Mimì, was ist denn mit dir los?«
»Was mit mir los ist? Ich hatte Angst!«
»Angst? Weswegen denn?«
»Hier haben mindestens sechs Leute angerufen. Alle haben unterschiedliche Details erzählt, aber in der Hauptsache waren sie einig: eine Schießerei mit Toten und Verletzten. Einer hat sogar von einem Blutbad geredet. Du warst nicht zu Haus, Fazio und die anderen waren mit dem Auto weg, ohne auch nur einen Ton zu sagen... Ich hab' einfach zwei und zwei zusammengezählt. War das etwa verkehrt?«
»Nein, nein. Aber du brauchst nicht auf mich sauer zu sein, höchstens auf das Telefon, das ist schuld dran.«
»Was hat denn das Telefon damit zu tun?«
»Es hat allerdings was damit zu tun! Weil es heutzutage auch in der letzten Hütte auf dem Land ein Telefon gibt. Und was tun die Leute, wenn sie ein Telefon im Haus haben? Sie telefonieren. Sie erzählen wahre und eingebildete, mögliche und unmögliche Dinge und Träume wie in der Komödie von Eduardo de Filippo, wie heißt sie noch mal, ach ja, Le voci di dentro, sie regen sich auf und regen sich wieder ab und sagen ihren Namen nicht. Sie wählen Nummern, bei denen man zum Nulltarif anrufen und die übelsten Sachen von sich geben kann, ohne dafür geradestehen zu müssen! Und die Mafiaexperten sind begeistert: In Sizilien lichtet sich die omertà, das Gesetz des Schweigens, die Komplizenschaft nimmt ab, die Angst nimmt ab! Ein Scheiß nimmt ab, bloß die Telefonrechnung nimmt zu!«
»Montalbà, hör auf, mich vollzulabern! Stimmt es, daß es Tote und Verletzte gegeben hat?«
»Nichts stimmt. Es hat keinen Kampf gegeben, wir haben nur in die Luft geschossen, Galluzzo hat sich selber die Nase blutig geschlagen, und der hat sich ergeben.«
»Wer, der?«
»Ein Flüchtiger.«
»Ja, aber wer?«
Catarella stürzte atemlos herein und erlöste ihn aus der Verlegenheit, antworten zu müssen.
»Dottori, der Signor Quistore ist am Telefon!«
»Ich sag's dir nachher«, sagte Montalbano und verschwand in seinem Büro.
»Mein lieber Freund, ich möchte Ihnen meinen herzlichsten Glückwunsch übermitteln!«
»Danke.«
»Da haben Sie ja einen tollen Treffer gelandet!«
»Wir hatten Glück.«
»Es scheint, als sei die fragliche Person weit wichtiger, als sie selbst sich immer dargestellt hat.«
»Wo ist er jetzt?«
»Unterwegs nach Palermo. Die Antimafia wollte es so, da war nichts zu machen. Ihre Kollegen durften nicht mal in Montelusa halt machen, sondern mußten weiterfahren. Ich habe ein Begleitfahrzeug mit vier Leuten mitgeschickt.«
»Dann haben Sie also gar nicht mit Fazio gesprochen?«
»Dazu war weder Zeit noch
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