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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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gewesen sei.
    Dann spürte Montalbano, wie Rizzitanos Arm auf seinem immer schwerer wurde; vor lauter Erzählen hatte er gar nicht gemerkt, daß der alte Mann müde geworden war. »Sollen wir umkehren?«
    Sie setzten sich wieder auf die Bank in der Veranda. »Nun?« fragte Montalbano. »Möchten Sie mir sagen, wie es genau war?«
    »Natürlich, deswegen bin ich ja hier. Aber es strengt mich sehr an.«
    »Ich werde versuchen, es Ihnen möglichst leicht zu machen. Wir tun folgendes. Ich werde sagen, wie ich es mir vorgestellt habe, und Sie korrigieren mich, wenn es falsch ist.«
    »Einverstanden.«
    »Also, eines Tages Anfang Juli 1943 besuchen Lisetta und Mario Sie in Ihrem Haus am Fuß des Crasticeddru, wo Sie zu dieser Zeit allein leben. Lisetta ist aus Serradifalco weggelaufen, weil sie zu ihrem Freund wollte. Mario Cunich war Matrose auf dem Versorgungsschiff Pacinotti, das wenige Tage später die Anker lichten sollte...«
    Der alte Mann hob die Hand, und der Commissario verstummte.
    »Verzeihen Sie, aber so war es nicht. Und ich erinnere mich noch an jede Einzelheit. Die Erinnerung der Alten wird immer klarer, je mehr Zeit vergeht. Und unerbittlicher. Am Abend des sechsten Juli, gegen neun, hörte ich, wie jemand verzweifelt an die Tür hämmerte. Ich öffnete und stand Lisetta gegenüber, die von zu Hause weggelaufen war. Sie war vergewaltigt worden.«
    »Auf dem Weg von Serradifalco nach Vigàta?«
    »Nein. Von ihrem Vater, am Abend zuvor.«
    Montalbano schwieg, er mochte nichts sagen. »Und das ist nur der Anfang, das Schlimmste kommt erst noch. Lisetta hatte mir anvertraut, daß ihr Vater, Zio Stefano, wie ich ihn nannte – wir waren verwandt –, sich hin und wieder gewisse Freiheiten mit ihr herausnahm. Eines Tages fand Stefano Moscato, der aus dem Gefängnis entlassen und mit seiner Familie nach Serradifalco geflohen war, die Briefe, die Mario an seine Tochter geschrieben hatte. Er sagte ihr, er müsse etwas Wichtiges mit ihr besprechen, nahm sie mit aufs Land, knallte ihr die Briefe ins Gesicht, schlug sie, vergewaltigte sie. Lisetta war... sie war noch nie mit einem Mann zusammengewesen. Sie erzählte niemandem etwas darüber, sie hatte sehr starke Nerven. Sie lief einfach am nächsten Tag weg und kam zu mir, der ich ihr mehr als ein Bruder bedeutete. Tags darauf ging ich ins Dorf, um Mario zu sagen, daß Lisetta bei mir sei. Mario kam am frühen Nachmittag, ich ließ sie allein und ging spazieren. Gegen sieben Uhr abends kam ich zurück und traf Lisetta allein an, Mario war auf die Pacinotti zurückgekehrt. Wir aßen zu Abend und stellten uns dann ans Fenster, um das Feuerwerk – es sah wirklich so aus – eines Luftangriffs auf Vigàta anzuschauen. Lisetta ging zu Bett, oben, in meinem Schlafzimmer. Ich blieb unten und las im Schein einer Petroleumlampe. Da...«
    Rizzitano hielt erschöpft inne und seufzte tief.
    »Möchten Sie ein Glas Wasser?« Der alte Mann schien die Worte nicht gehört zu haben.
    »... da hörte ich, wie in der Ferne jemand schrie. Eigentlich klang es wie der Klagelaut eines Tieres, wie ein heulender Hund. Aber es war Zio Stefano, der seine Tochter rief. Mich überlief eine Gänsehaut, als ich diese Stimme hörte, weil es die gequälte und quälende Stimme eines grausam verlassenen Liebenden war, der wie ein Tier litt und seinen Schmerz hinausschrie, es war nicht die Stimme eines Vaters, der seine Tochter suchte. Ich war erschüttert. Ich öffnete die Tür, es herrschte tiefste Dunkelheit. Ich schrie, daß ich allein im Haus sei und warum er seine Tochter ausgerechnet bei mir suche? Plötzlich stand er vor mir, wie aus dem Boden gewachsen, und stürzte ins Haus, er war irre geworden, zitterte, beschimpfte mich und Lisetta. Ich versuchte ihn zu beruhigen und ging auf ihn zu. Da schlug er mir mit der Faust ins Gesicht, und ich fiel benommen nach hinten. Ich sah, daß er jetzt einen Revolver in der Hand hatte, er sagte, er werde mich umbringen. Da machte ich einen Fehler, ich hielt ihm vor, er wolle seine Tochter doch nur, um sie wieder vergewaltigen zu können. Er schoß auf mich, traf aber nicht, er war zu aufgewühlt. Er zielte besser, aber da knallte noch ein Schuß. Im Schlafzimmer hatte ich neben dem Bett ein geladenes Jagdgewehr stehen. Lisetta hatte es genommen und vom Treppenabsatz aus auf ihren Vater geschossen. Der Schuß hatte Zio Stefano an der Schulter getroffen, er schwankte, und die Waffe fiel ihm aus der Hand. Lisetta forderte ihn kaltblütig auf zu verschwinden,

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