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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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und der Verlängerungsschnur.
    »Was reden sie im Büro?«
    »Was sollen sie schon reden? Nichts. Sie ziehen halt wie ein Magnet die großen Geschichten an, und Dutturi Augello zieht den ganzen Kleinkram an, geklaute Handtaschen, kleine Diebstähle, ab und zu eine Schlägerei.«
    »Wie meinst du das, daß ich die großen Geschichten anziehe?«
    »So wie ich es gesagt habe. Meine Frau zum Beispiel fürchtet sich vor Mäusen. Und trotzdem, das müssen Sie mir glauben, lockt sie sie an. Wo sie auch hingeht, es sind immer Mäuse da.«
     
    Seit achtundvierzig Stunden lag er wie ein Hund an der Kette, sein Aktionsradius war gerade so groß, wie es die Verlängerungsschnur erlaubte, er konnte also weder an den Strand runter noch joggen gehen. Das Telefon trug er immer mit sich herum, sogar wenn er aufs Klo ging, und manchmal – was ihm nach den ersten vierundzwanzig Stunden zur Manie wurde – nahm er den Hörer ab und hielt ihn ans Ohr, um zu kontrollieren, ob das Telefon auch funktionierte. Am Morgen des dritten Tages dachte er: Warum wäschst du dich eigentlich, wenn du doch nicht raus kannst?
    Der nächste Gedanke, der eng mit dem ersten zusammenhing, lautete: Wozu rasierst du dich dann überhaupt? Adelina erschrak, als sie ihn am Morgen des vierten Tages sah – dreckig, unrasiert, in Hausschlappen und immer noch demselben Hemd.
    »Maria santissima, dutturi, was ist los mit Ihnen? Sind Sie krank?«
    »Ja.«
    »Warum rufen Sie denn nicht den Arzt?«
    »Meine Krankheit ist nichts für einen Arzt.«
    Er war ein berühmter Tenor, der in der ganzen Welt gefeiert wurde. Heute abend mußte er in der Oper von Kairo singen, in der alten, die noch nicht in Flammen aufgegangen war; er wußte genau, daß die Flammen auch sie bald verschlingen würden. Er hatte einen Bediensteten gebeten, ihm sofort Bescheid zu sagen, wenn Signor Gegè seinen Platz eingenommen hätte, den fünften von rechts in der zweiten Reihe. Er war im Kostüm, an seine Maske war gerade noch mal letzte Hand gelegt worden. Er hörte den Ruf »nächste Szene!«. Er rührte sich nicht, atemlos kam der Bedienstete angelaufen und teilte ihm mit, daß Signor Gegè – der nicht tot, das wußte man, sondern nach Kairo geflüchtet war – noch nicht erschienen sei. Er stürzte auf die Bühne und warf durch einen schmalen Schlitz im Vorhang einen Blick in den Saal: Das Theater war vollbesetzt, nur der fünfte Platz von rechts in der zweiten Reihe war leer. Da faßte er spontan einen Entschluß. Er kehrte in seine Garderobe zurück, zog das Kostüm aus und seine Kleider wieder an; die Schminke, den langen grauen Bart und die buschigen weißen Augenbrauen ließ er unberührt. Niemand würde ihn mehr erkennen, er würde also nicht mehr singen. Er wußte genau, daß seine Karriere zu Ende war, daß er sich etwas einfallen lassen mußte, um zu überleben, aber er wußte nicht, was er sonst tun sollte: Ohne Gegè konnte er nicht singen.
    Schweißgebadet wachte er auf. Er hatte auf seine Weise einen klassischen Freudschen Traum zusammengeträumt, den vom leeren Platz. Was bedeutete er? Daß er vergebens auf Lillo Rizzitano wartete und damit sein Leben ruinierte?
    »Commissario? Hier ist Preside Burgio. Ich habe schon eine ganze Weile nichts von Ihnen gehört. Gibt's irgendwas Neues von unserem gemeinsamen Freund?«
    »Nein.«
    Montalbano war einsilbig und kurz angebunden, auch auf die Gefahr hin, unhöflich zu erscheinen. Lange oder überflüssige Telefongespräche mußte er abblocken, denn wenn Rizzitano sich entschloß anzurufen und das Telefon besetzt war, überlegte er es sich vielleicht anders.
    »Ich glaube, wenn wir mit Lillo sprechen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig – verzeihen Sie mir diesen Quatsch –, als eine spiritistische Sitzung zu veranstalten.«
    Mit Adelina gab es einen fürchterlichen Krach. Die Haushälterin war kurz zuvor in die Küche gegangen, wo er sie schimpfen hörte. Dann erschien sie bei ihm im Schlafzimmer.
    »Sie haben gestern weder zu Mittag noch zu Abend gegessen!«
    »Ich hatte keinen Appetit, Adeli.«
    »Ich rackere mich hier ab und koche die feinsten Sachen, und Sie verschmähen sie!«
    »Ich verschmähe sie nicht, ich habe einfach nur keinen Appetit.«
    »Und das ganze Haus ist ein Saustall! Ich darf nicht putzen und die Wäsche nicht waschen! Seit fünf Tagen haben Sie dasselbe Hemd und dieselbe Unterhose an! Sie stinken!«
    »Bitte entschuldige, Adelina, es ist bald vorbei.«
    »Dann sagen Sie mir Bescheid, wenn es vorbei ist,

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