Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx
dir den Nachnamen seiner Schwester geben, die mit Vornamen Carmela heißt, außerdem noch Telefonnummer und Adresse. Danach suchst du im Telefonbuch von Montelusa Monsignor Pisicchio, den rufst du an und stellst ihn zu mir durch. Alles klar?«
»Sonnenklar, Dottori.«
Fünf Minuten später klingelte das Telefon. »Pisicchio.«
»Ah, Monsignore! Hier ist Commissario Montalbano aus Vigàta. Entschuldigen Sie, wenn ich mir erlaubt habe…«
»Wozu wollen Sie wissen, wie meine Schwester heißt und wie ihre Telefonnummer lautet?«, unterbrach ihn der andere.
Der Stimme nach zu urteilen, war Monsignore ganz eindeutig stinkwütend. Heilige Madonna, was hatte Catarella da nur wieder angestellt?
»Nein, Monsignore, entschuldigen Sie, der Mann in der Telefonzentrale … Der Mann in der Telefonzentrale muss … Ihre Schwester hat nicht … Entschuldigen Sie, ich wollte Sie gern heute Vormittag besuchen kommen, und zwar im Zuge einer Ermittlung, die …«
»Die nichts mit meiner Schwester zu tun hat?«
»Absolut gar nichts, Monsignore.«
»Dann kommen Sie Punkt zwölf Uhr. Via del Vescovado 48. Ich lege Ihnen Pünktlichkeit ans Herz.«
Die Verbindung wurde grußlos beendet. Kein Mann vieler Worte, dieser Monsignor Pisicchio.
»Catarella!«
»Hier bin ich, Dottori! Ich hab die Nummer der Schwester von Gracezza!«
»Aber wieso hast du denn auch Monsignor Pisicchio nach dem Namen und der Telefonnummer seiner Schwester gefragt?«
Catarella war ganz verdattert.
»Wollten Sie denn nicht die Nummern beider Schwestern, der von Gracezza und der von Monsignor Pisticchio?«
»Komm, lass es gut sein, gib mir die Nummer, die dir Graceffa gegeben hat, und dann sieh zu, dass du verschwindest.«
Catarella ging zerknirscht und gekränkt hinaus. Natürlich war aus der Nummer nicht zu erkennen, ob die Drei eine Acht war und die Fünf eine Sechs. Doch er hatte das Glück, gleich beim ersten Mal richtigzuliegen. »Signora Loporto?«
»Ja. Wer spricht da?«
»Hier ist Commissario Montalbano. Ich habe Ihre Nummer von Ihrem Bruder Beniamino. Ich müsste mit Ihnen reden.«
»Mit mir?«
»Ja, Signora.«
»Aber wieso sollte ich mit Ihnen reden? Was soll der Quatsch? Ich hab ein reines Gewissen, jawohl!«
»Das bezweifle ich gar nicht. Es handelt sich um eine ganz simple Auskunft.«
»Haha! Hab schon verstanden!!«
Hämisches Gelächter von Signora Loporto.
»Was denn?«
»Für Katzen gibt's keine Kutteln mehr, mein Bester!«
»Das hab ich jetzt nicht verstanden, Signora.«
»Ich dagegen versteh dich sehr gut! Wie beim letzten Mal, als du mir unter dem Vorwand, du wolltest mir nur ein paar Informationen geben, einen Staubsauger angedreht hast, der nicht funktioniert!«
Vielleicht war es jetzt angebracht, andere Saiten aufzuziehen.
»Na schön, in fünf Minuten kommen Sie zwei Polizisten abholen und bringen Sie ins Kommissariat.«
»Bist du denn wirklich 'n Bulle?«
»Ja. Und ich rate Ihnen, meine Frage zu beantworten: Als Sie eine Altenpflegerin für Ihren Bruder gesucht haben, an wen haben Sie sich da gewandt?«
»An Padre Pinna.«
»Und wer ist das?«
»Was heißt denn hier, wer ist das? Ein Pfarrer. Unser Gemeindepfarrer!«
»Und war er es, der Ihnen das russische Mädchen empfohlen hat, Katia?«
»Nein, Padre Pinna sagte mir, ich solle mich an Monsignor Pisicchio in Montelusa wenden.«
»Und war es Monsignor Pisicchio, der Ihnen Katia geschickt hat?«
»Das war jemand im Namen von Monsignore.«
Die Straßen im alten Montelusa, die verschlungen waren wie die Gedärme im Bauch, die Einbahnstraßen, die Baustellen, die überquellenden Müllcontainer, der Schutt eines vor zwei Monaten eingestürzten Wohnhauses, der immer noch die halbe Fahrbahn bedeckte, waren der Grund dafür, dass Commissario Montalbano zehn Minuten nach zwölf ankam.
»Sie haben sich verspätet«, sagte Monsignor Pisicchio und sah ihn empört an. »Und dabei hatte ich Ihnen doch ans Herz gelegt, pünktlich zu sein!«
»Entschuldigen Sie bitte, aber der Verkehr…«
»Ist das etwa eine Neuigkeit, der Verkehr? Das weiß doch jeder, dass immer Verkehr ist, also muss man eben früher von zu Hause losfahren, dann kommt man auch nicht zu spät.«
Monsignor Pisicchio war ein massiger Mann um die fünfzig, rothaarig, mit der Statur und dem Gebaren eines ehemaligen Rugbyspielers. Im Büro des Bischofspalais standen alle Möbel im richtigen Verhältnis zur Körperfülle des Monsignore, einschließlich des Kruzifixes, das hinter dem Schreibtisch hing
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