Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels
der für das Regionalkommando von brennendem Interesse sein könnte.«
»Richtig.«
»Und weiter?«
»Ich hab ihnen bestätigt, dass er bei uns einsitzt, und sie sagten mir, wir sollten ihn festhalten, weil am nächsten Tag jemand aus Palermo kommen und ihn verhören würde.«
»Wegen so einem Pisskram?!«
»Tja, mich hat’s auch gewundert. Aber ich hab die Order befolgt.«
»Und ist der aus Palermo dann gekommen?«
»Nein. Sie haben noch mal angerufen, dass dem Beamten etwas dazwischengekommen ist und dass ich mit Chaikri nach Vorschrift verfahren soll. Also haben wir ihn angezeigt und wieder auf freien Fuß gesetzt.«
»Und was willst du jetzt von uns?«
»Dieser Vernehmungsbeamte ist nun doch noch gekommen, er ist bei uns und will mit Chaikri sprechen.«
»Moment mal. Du bittest mich, dir den Maghrebiner zu überstellen?«
»Genau.«
»Nicht mal im Traum.«
Der Leutnant wirkte noch betretener.
»Dieser Beamte …«
»Wer ist das denn?«
»Ich weiß es nicht. Anscheinend jemand von der Terrorabwehr. Jedenfalls hat er, wie soll ich sagen, schon damit gerechnet, dass du dich weigern würdest, ihn auszuliefern.«
»Dazu gehört nicht viel Scharfsinn. Und was hat er jetzt vor?«
»Wenn du ablehnst, will er den Polizeipräsidenten anrufen.«
»Und du glaubst, dass der Polizeipräsident …«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass er ihm die Bitte abschlagen kann.«
Jetzt ließ sich Montalbano die Sache noch mal durch den Kopf gehen.
»Wir könnten einen Deal machen.«
»Wie sähe der aus?«
»Ich leihe ihn euch für heute Abend aus. Morgen früh bringt ihr ihn mir wieder her.«
»Einverstanden«, sagte Leutnant Sferlazza.
Montalbano griff zum Hörer und bat Fazio zu sich.
Fazio begrüßte den Leutnant, zeigte sich aber nicht im Geringsten überrascht.
Bestimmt hatte Catarella bereits überall herumerzählt, dass ein Feind aufgetaucht war wie in Agramantes Lager im Orlando Furioso .
»Du überstellst Chaikri dem Leutnant, und zwar sofort.«
Fazio wurde blass.
»Jawoll«, antwortete er militärisch knapp.
Doch fünf Minuten später erschien er außer sich im Büro des Commissario.
»Würden Sie mir erklären, warum …«
»Nein«, gab Montalbano kurz angebunden zurück.
Fazio drehte sich auf dem Absatz um und ging.
»Catarella, ist Dottor Augello zurück?«
»Er ist noch nicht persönlich selber am Platz.«
»Aber heute Vormittag war er doch da, oder?«
»Sissì, Dottori.«
»Wann?«
»Dieweil und während Sie mit dem Signor Fiorentino gesprochen haben.«
»Und danach?«
»Ich hab ihm einen Anruf für ihn durchgestellt, und nach einer Weile ist er gegangen, womit ich immer noch Dottor Augello meine.«
»Weißt du noch, wer am Apparat war?«
»Den Namen hab ich vergessen, aber es war ein weiblicher Leutnant von der Capitaneria.«
Montalbano fiel der Hörer aus der Hand.
Laura! Sie hatte Mimì Augello kontaktiert, ohne ihm etwas zu sagen!
Hinter seinem Rücken! Als würde er gar nicht existieren. Als hätte er nie existiert! Er war wütend, verbittert, enttäuscht, gekränkt. Warum hatte sie sich so gemein verhalten? Wollte sie nichts mehr mit ihm zu tun haben? Plötzlich sprang die Tür auf und donnerte gegen die Wand, dass der Putz herunterbröckelte.
»Entschuldigen Sie, Dottori, vor lauter Beeiligung ist mir die Tür aus der Hand gerutscht.«
»Was willst du?«, fragte Montalbano erschrocken und schnappte nach Luft.
»Ich hab gemerkt, dass der Hörer von Ihrem Telefon nicht aufgelegt ist, und als der Dottori Augello angerufen hat, hab ich ihn nicht durchstellen gekonnt, weil der Hörer von Ihrem Telefon nicht aufgelegt war und insofern dauernd besetzt war und …«
»Ruft er noch mal an?«
»Sissì. In fünf Minuten.«
Montalbano legte den Hörer auf die Gabel.
»Salvo?«
Er antwortete nicht sofort. Er musste erst bis tausend zählen, um sich zu beruhigen und ihn nicht anzuschnauzen.
»Salvo?«
»Was gibt’s, Mimì?«
»Heute Vormittag hat mich in deinem Auftrag die …«
»Ich weiß Bescheid.«
Das war gelogen, einen Scheißdreck wusste er. Aber Mimì sollte nicht erfahren, dass Laura ihn übergangen hatte.
»Das Mädchen ist nicht nur eine echte …«
»Wie meinst du das?«
»Mein Gott, Salvo, hast du nicht gesehen, was das für ein Prachtweib ist?«
»Findest du?«
Er gab sich gleichgültig. Als stünde er über solchen Dingen.
»Jetzt sag bloß nicht, dass du nicht gemerkt …«
»Na ja, sie sieht nicht übel aus. Aber Prachtweib ist nun
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