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Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Titel: Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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sich diesen Namen zulegte, den niemand kennen würde?
    Eins musste er unbedingt tun: Er musste die Echtheit des Passes prüfen lassen. Aber war es möglich, dass keiner der Visabeamten bemerkt hatte, dass das Dokument gefälscht war? Auszuschließen war es nicht.
    Er setzte sich wieder auf die Veranda und schenkte sich noch einen Whisky ein.
    Aber was nutzte es ihm, wenn er wusste, ob der Pass echt oder gefälscht war? Ob der Ermordete Lannec, Parbon oder Lapointe hieß? Für die Ermittlungen machte das keinen Unterschied.
    Irrtum. Es machte sehr wohl einen Unterschied. Einen großen Unterschied. Denn wenn die französischen Kollegen herausfanden, wer den Pass gefälscht hatte, konnten sie vielleicht die wahre Identität des Toten ermitteln. Und wenn es sich um jemanden handelte, der bereits aktenkundig war, und wenn …
    An diesem Punkt war er nicht mehr denkfähig. Er fühlte sich betrunken. Besser gesagt: Er fühlte sich nicht nur betrunken, er war es tatsächlich. Als er aufstand, drehte sich ihm der Kopf. Er ging rein, schloss die Verandatür, legte sich ins Bett und schlief sofort ein.
    Gegen Morgen hatte er einen Traum.
    Er stand auf der Terrasse eines ihm unbekannten Hauses. Es war Nacht, und er hielt ein Fernglas in der Hand, das genau auf das erleuchtete Fenster von Mimì Augellos Schlafzimmer gerichtet war.
    Er hatte das Fernglas soeben scharf gestellt, als sich ein schwarzer Schatten vor die Linse schob und das hell erleuchtete Fenster verdunkelte.
    Was konnte das sein? Bei genauerem Hinsehen entdeckte er, dass es ein riesiger Vogel war, eine Möwe. Sie saß auf einer Fernsehantenne und verstellte ihm die Sicht.
    Als er schon aufgeben wollte, flog der Vogel auf, und jetzt hatte er wieder freien Blick auf das Fenster.
    Er sah jedoch nicht das Bett, sondern die Wand, auf der sich zwei Schatten abzeichneten: ein Mann und eine Frau beim Liebesakt … Mimì und Laura!
    Er fuhr aus dem Schlaf auf.
    Aber merkwürdigerweise ärgerte er sich nicht über die beiden im Liebesakt vereinten Schatten, sondern dachte über ein rätselhaftes Detail seines Traums nach: den Vogel, der ihm die Sicht verstellt hatte.
    Was hatte er zu bedeuten? Wenn er in seinem Traum vorkam, musste er irgendeine Bedeutung haben.
    Er stand auf, öffnete die Verandatür und trat hinaus.
    Der Tag zeigte sich von seiner besten Seite: Kein Wölkchen stand am Himmel, nicht der leiseste Windhauch war zu spüren. Sein Freund, der Fischer, war schon in aller Frühe weit hinausgefahren, und für einen Moment schob sich ein Fischkutter mit Kurs auf die Hafeneinfahrt vor das Boot. Dann zog der Fischkutter vorbei und gab die Sicht auf das Boot wieder frei.
    Und auf einmal wusste Montalbano, was sein Traum zu bedeuten hatte.
    Er sah sich sogar mit Lannecs Fernglas in der Hand auf dem Hotelbalkon stehen und auf den Hafen schauen.
    Was hatte er gesehen?
    Die Schiffsluke an Deck der Vanna , die in den Salon hinunterführte. Aber wenn die Vanna nicht vor Anker gelegen hätte, was hätte er dann gesehen? Die Motoryacht, die Asso di cuori .
    An dem Tag, an dem Lannec in Vigàta angekommen war, lag die Vanna nämlich noch gar nicht im Hafen.
    Konnte es nicht sein, dass Lannec hierhergekommen war, um sich mit jemandem von der Asso di cuori zu treffen? Und dass er sich Anweisungen über Zeit und Ort des Treffens mithilfe des Fernglases hatte übermitteln lassen, um kein Telefon benutzen zu müssen, was ja immer ein gewisses Risiko barg?
    Gegen halb sieben suchte Montalbano im Telefonbuch die Nummer des Hotels Bellavista heraus und wählte sie.
    »Ist dort Signor Scimè?«
    »Ja. Mit wem spreche ich?«
    »Hier ist Montalbano.«
    »Buongiorno, Commissario, was kann ich für Sie tun?«
    »Entschuldigen Sie die Störung, aber ich hatte letztens vergessen, Sie etwas zu fragen.«
    »Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung.«
    »Hat Lannec bei seiner Ankunft im Hotel irgendwelche besonderen Wünsche geäußert?«
    Der Portier antwortete nicht sofort.
    »Können Sie sich nicht mehr erinnern oder …«
    »Sehen Sie, Commissario, es ist schon eine Weile her und … Ach ja, jetzt weiß ich es wieder! Er hat ein Zimmer verlangt, von dem aus man das Meer sehen kann …«
    »Genau das hat er gesagt?«
    »Nun ja, jetzt, wo ich darüber nachdenke … Er hat nach einem Zimmer gefragt, von dem aus man den Hafen sehen kann.«
    Bingo!
    Fassen wir also zusammen: Lannec erhält die Anweisung, nach seiner Ankunft in Vigàta mit einem guten Fernglas im Hotel Bellavista einzuchecken und

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