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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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des Comtes.
    Tron, dessen Kopf in
eine leichte Schräglage gekippt war, sagte bescheiden:
«Wir hatten Glück, das war alles. Ohne Sivrys
Entscheidung, sich sofort an die Questura zu wenden, wären wir
immer noch keinen Schritt weiter.»
    «Auf jeden
Fall», sagte die Principessa, «ist es eine unglaubliche
Geschichte.» Sie griff ebenfalls nach ihrem Champagnerglas und
trank einen Schluck. «Und er hat es sofort
zugegeben?»
    «Wir hatten die
Schnupftabaksdose, die Quittung und die Aussage Sivrys», sagte
Tron. «Es wäre sinnlos gewesen, den Diebstahl zu
leugnen.»
    «Wo ist Lupi
jetzt?»
    «Im
Polizeigefängnis. Wir haben ein umfangreiches Protokoll
aufgenommen.»
    «Wie alt ist der
Bursche?»
    Tron zuckte die
Achseln. «Ziemlich jung, Neapolitaner. Große,
dunkelbraune Augen. Hübsch, aber ein Esel. Er hätte
nichts Dümmeres tun können, als die Dose ausgerechnet zu
Sivry in Kommission zu geben.»
    «Warum hat Lupi
den Comte bestohlen?»
    «Weil er Geld
brauchte», sagte Tron. «Und weil er wusste, dass der
Comte nicht zur Polizei gehen würde. Er bezweifelt, dass dem
Comte das Verschwinden der Dose überhaupt schon aufgefallen
ist.»
    «Der Comte de
Chambord könnte abstreiten, die Dose jemals gesehen zu
haben.»
    «Das wird er
nicht», sagte Tron. «Er wird erstaunt die Augen
aufreißen und mich fragen, woher ich sie habe. Dann werde ich
ihn mit Lupis Aussage konfrontieren und darauf hinweisen, dass wir
kompromittierende Briefe gefunden haben.»
    «War Lupi
vorgestern Abend mit dem Comte
zusammen?»   
    Tron schüttelte
den Kopf. «Nein.»
    «Also könnte
der Mann», sagte die Principessa nachdenklich, «den Bossi
vorgestern verhaften wollte, tatsächlich der Comte gewesen
sein. Der damit ein zweites Geheimnis hätte.»
    Tron machte ein
skeptisches Gesicht. «Theoretisch. Bossi konnte leider nur
sagen, dass beide Männer einen unauffälligen Mund und ein
unauffälliges Kinn hatten. Eine brauchbare
Personenbeschreibung sieht anders aus.»
    «Dann bring Bossi
mit dem Comte zusammen. Vielleicht erkennt er die Stimme
wieder.»
    «Bossi wird
natürlich mitkommen», sagte Tron.
    Die Principessa nippte
an ihrem Mineralwasser. Sie behielt das Glas in der Hand und
starrte ein paar Sekunden lang auf die prickelnden Bläschen,
die an die Oberfläche stiegen und platzten. Dann stellte sie
die Frage, die Tron bereits erwartet hatte. «Und wenn der
Comte de Chambord nicht der Mann war, der vor Bossi
geflohen ist?»
    Tron kratzte die Reste
seines Erdbeersorbets zusammen, um die Principessa nicht ansehen zu
müssen. Beide dachten sie an Julien. «Dann ist der Ausweider jemand anders»,
sagte Tron. «Und zwar vermutlich eine Person, die ebenfalls im
Palazzo Cavalli wohnt. In diesem Fall», setzte er hinzu,
«weiß der Comte wahrscheinlich mehr, als er uns
sagt.»
    Es überraschte
Tron nicht, dass die Principessa sofort begriff, was er meinte.
«Weil der Comte etwas über einen Mann weiß, der zu
viel über ihn weiß?»
    Tron nickte.
«Genau. Schweigen um Schweigen. Für das es jetzt keinen
Grund mehr gibt. Nicht nachdem ich ihn mit der Aussage Lupis
konfrontiert habe.»
    Die Principessa sprach
es schließlich aus. «Also bleiben Julien und Pater
Francesco übrig.»
    «Jedenfalls unter
der Voraussetzung, dass es sich bei dem Mann, der sich in den
Palazzo Cavalli geflüchtet hat, tatsächlich um den
Ausweider handelt», sagte Tron. 
    «Wenn es aber
doch der Comte war», sagte die Principessa matt, «dann
hätte er nicht nur ein einfaches, sondern ein doppeltes
Doppelleben geführt.» Das hörte sich nicht so an,
als würde sie es glauben.

47
    «Ein doppeltes
Doppelleben», sagte Bossi nachdenklich, «ist
philosophisch betrachtet eine interessante
Vorstellung.»
    Der Ispettore lehnte
sich in das Polster der Polizeigondel zurück und schrammte mit
seinem Stiefel haarscharf an Trons neuem Zylinderhut vorbei, den
dieser auf dem Boden abgelegt hatte. Sie hatten den Dogenpalast und
den Molo passiert und näherten sich jetzt der Mündung des
Canalazzo. Da es seit den frühen Morgenstunden nicht mehr
regnete, hatten sie auf den felze — das kleine schwarze
Zelt auf der Gondel — verzichtet. Es war kurz vor zehn, und
wahrscheinlich, dachte Tron, würde er den Comte de Chambord
wieder beim Frühstück stören. In der Hand hielt er
einen großen Umschlag, in dem das Verhörprotokoll von
Lupi steckte.
    «Weil sich
nämlich», fuhr Bossi fort, «die Frage
stellt, wer hier ein doppeltes Doppelleben
fuhrt.»
    «Der Comte de
Chambord

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