Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
gehasst hat?«
Der Kopf des Raiel schwang langsam und in trauriger Verneinung von einer Seite zur anderen, und seine Tentakel folgten uneinheitlich der Bewegung. »Nein. Für dich, glaube ich, wäre sie schal und geistlos gewesen, denn ihr Leben verlief nicht so schnell und intensiv wie das deine. Doch Tara ist eine sanfte Person. Sie liebt das Leben und hasst Schmerz und Leiden, auch bei anderen. Das Schlimmste, was sie je über einen anderen Menschen gedacht hat, war Verärgerung und Enttäuschung. Ihr schlimmstes Verbrechen war Selbstsucht, denn sie hat mehrere ihrer Partner betrogen; sie war außerstande, dem Vergnügen und der Aufregung zu widerstehen, die derartige Affären ihr verschafften. Doch das macht sie nicht zu einer schlechten Person.«
»Wie haben diese betrogenen Partner reagiert?«
»Einige haben geweint. Einige haben getobt. Anderen war es egal. Sie hat mit allen ihren Frieden geschlossen. Keiner, der sie je gekannt hat, hätte ihren Tod gewollt, da bin ich ganz sicher.«
»Verdammt!« Paula presste die Lippen wütend zu einem schmalen Strich zusammen. »Wirklich niemand?«
»Nein. Sie ist keine Heilige, doch in jemandem genügend Hass zu erwecken, dass er sie töten wollte … Nein, das sehe ich nicht. Nicht durch ihre Augen.«
»Ich danke Ihnen, Qatux. Es tut mir Leid, dass es diesmal so schlimm gewesen ist für Sie. Ich weiß zu schätzen, was Sie für uns getan haben …«
»Keine Sorge, Paula. Ich liebe die Menschen. Es macht mir nichts aus. Manchmal denke ich, dass ich in die falsche Spezies geboren wurde …«
»Sie sind großartig, so wie Sie sind, Qatux.«
»Wirst du mir weitere Erinnerungen bringen, Paula? Ich kaufe von vielen Kontakten in eurer Unisphäre, doch nichts von alledem ist aus sicheren Speichern, nichts ist so vollständig wie die Erinnerungen, die du mir bringst. Keine der anderen haben diese Reichhaltigkeit menschlicher Existenz, die Wahrhaftigkeit, die ich so sehr schätze.«
»Wir werden sehen. Vielleicht werde ich Sie wieder einmal besuchen, Qatux.«
»Ich danke dir. Und vielleicht wirst du mir eines Tages deine eigenen Erinnerungen bringen, ja? Ich bin sicher, du bist der großartigste Mensch, den ich kenne.«
»Das ist sehr schmeichelhaft, Qatux. Ich werde es nicht vergessen.« Sie wartete, bis das Bild erloschen war, bevor sie die Nase rümpfte und auf die leere Fläche starrte.
»Kein Verbrechen aus Leidenschaft also«, sagte Hoshe.
»Sieht nicht so aus«, erwiderte Paula, ohne den Blick von dem leeren Schirm abzuwenden.
»Wie zuverlässig ist Qatux?«
»Sehr zuverlässig. Wenn er nichts gefunden hat, dann werden Sie oder ich ganz gewiss ebenfalls nichts finden. Die einzige Möglichkeit wäre, dass Shaheef jemanden verärgert hat, der extrem gefährlich ist, einen Psychopathen, der imstande ist, seine wahre emotionale Reaktion zu verbergen. Aber ich muss zugeben, diese Möglichkeit ist sehr weit hergeholt.«
»Was ist mit einem Serienmörder? Oaktier hat nicht einen einzigen in seinen Dateien, doch es könnte durchaus jemand sein, der sein Unwesen über den gesamten Commonwealth verteilt treibt.«
»Auch das wäre möglich. Falls es so ist, dann gibt es kein erkennbares Muster. Serienmord ist immer die erste Möglichkeit, die das Direktorat bei offensichtlich motivlosen Tötungsdelikten in Erwägung zieht. Das Array in Paris hat allerdings keine Verbindung zu uns bekannten Serienmorden herstellen können.« Sie lächelte freudlos und blickte zu ihrem Kollegen hinauf. »Was macht unsere Syndikat-Theorie? Kommen Sie voran?«
»Nicht so gut. Ich konnte kein größeres Verbrechen in der fraglichen Zeit vor vierzig Jahren finden, weder bestätigt noch als Gerücht. Meine beste Vermutung bislang lautet, dass sie zufällig in eine Auseinandersetzung zwischen zwei konkurrierenden Banden geraten sind; der Rest ist Spurenverwischen.«
»Ja, das wäre möglich. Aber wir haben trotzdem keinerlei Beweise.«
»Ich habe noch längst nicht alle Dateien aus jener Zeit durchgearbeitet.«
»Sie lassen seit einer ganzen Woche Suchprogramme über die Dateien laufen; wenn es irgendetwas Hilfreiches für uns in den Unterlagen gegeben hätte, müssten wir es inzwischen längst gefunden haben. Sie wissen sicherlich, dass ich nicht gerne aufgebe, insbesondere bei einem Fall, wo es so viele verdächtige Umstände gibt, aber uns gehen allmählich die Möglichkeiten aus.«
Sie zog die Klammer aus ihren Haaren und straffte ihre Frisur. »Ich schätze, ich muss in Erwägung
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