Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora
von dreißig Astronomischen Einheiten. Das ist so gigantisch, dass sich der menschliche Verstand weigert, die Dimensionen zu begreifen. Wir sehen von hier aus nicht einmal einen Bruchteil eines Prozents der Oberfläche. Es könnte eine Flotte von Schlachtschiffen so groß wie ein Mond in einer Entfernung von fünf A. E. lauern, und wir würden es nicht bemerken.«
»Nun malen Sie mal nicht gleich den Teufel an die Wand«, mahnte Wilson. »Wir sind genau aus dem einen Grund hergekommen, Leute, für eine vollständige Analyse und Erkundung des Phänomens. Also … Pilot, Position einstweilen halten. Verteidigung, Schilde bleiben hoch, bis ich etwas anderes sage. Hyperantrieb, bereithalten für sofortigen Rückzug. Astrophysik, Sie sind an der Reihe. Ich möchte einen umfassenden Sensorscan aus dieser Entfernung, mit allem, was wir haben. Wir werden uns für den Augenblick nicht noch mehr nähern. Sobald Sie bestätigt haben, dass es keine aktiven Bedrohungen für uns gibt, werden wir einen ferngesteuerten Satelliten starten, um die Struktur der Barriere näher zu untersuchen. Bis es so weit ist, gehen wir auf Nummer sicher.«
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und sah zu, während die Daten zuerst auf seinem Schirm und dann in seinem virtuellen Sichtfeld erschienen. Der Strom von Ergebnissen war endlos und wuchs von Minute zu Minute weiter, während ständig neue Instrumente und Sensoren zum Einsatz gebracht wurden. Lediglich ein winziger Bruchteil der Informationen war verständlich für ihn. Es war eine demütigende Erfahrung. Er hatte eigentlich stets geglaubt, dass er sich in der modernen Physik einigermaßen auskannte.
Tunde Sutton und der Rest der wissenschaftlichen Besatzung stürzten sich mit beängstigender Begeisterung auf die Rohdaten. Sie verhielten sich fast wie staunende Kinder. Wilson war sorgfältig darauf bedacht, die Wissenschaftler nicht zu stören und sich nicht einzumischen oder Tunde dafür zu tadeln, wie er seine Abteilung führte, doch nach allem, was Wilson sehen konnte, verhielten sich die Wissenschaftler mehr wie Firstlifer-Geeks und nicht wie die weisen, bedächtigen Professoren, welche die Auswahltests gemeistert hatten. Sie stritten und lachten und schienen jedes Maß an Zurückhaltung abgelegt zu haben. Plötzlich, nach all den Monaten, waren sie die Elite, die über dem Rest der Mannschaft stand, und das zeigte sich.
Wilson blieb zwei Stunden über das Ende seiner Wache hinaus auf der Brücke, bevor er an Oscar übergab. Eine Stunde später fand Anna ihn auf der Observationsgalerie. Es war ein langes, dunkles Abteil auf dem Mitteldeck des Rads mit einer gedämpften blauen Bodenbeleuchtung. Sie blieb eine ganze Weile stehen, nachdem sie durch die Tür getreten war, während sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Die Galerie besaß drei langgestreckte Fenster aus optisch perfektem Glas, die nach vorne zeigten. Die Silhouetten mehrer Personen waren gerade eben erkennbar – die Barriere war ein populärer Anblick. Sie ging zu Wilson. »Hi«, flüsterte sie.
»Hi.« Seine Hand fand in der Dunkelheit die ihre, und ihre Finger verschränkten sich ineinander. Sie standen nebeneinander, zufrieden mit ihrer Nähe. Anna sah den Hauptzylinder des Schiffs über sich, einen dunklen, grauen Schatten, erhellt lediglich von kleinen Positionslichtern entlang der Hülle. Er rotierte langsam, und einer nach dem anderen kamen die verschiedenen Sensoren am Bug in Sicht.
»Ich weiß nicht, ob ich sie mit bloßem Auge sehen kann«, murmelte Wilson leise. »Meine Retinaimplantate zeigen mir ein perfektes Infrarotbild, doch sobald ich sie abschalte, bin ich mir nicht mehr sicher. Wenn sie dort ist, dann wie eine unendlich große Wolke im dunkelsten Rot, das es überhaupt gibt. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, weil ich weiß, wie sie aussehen muss. Und ich habe das Gefühl, als wäre sie so dicht vor mir, dass ich mit der Nase dagegen stoße.«
»Das liegt an ihrer Größe«, flüsterte Anna zurück. »Wir sind weniger als ein Samenkorn im Vergleich zur Erde.«
»Kannst du sie sehen?«
»Ich weiß nicht.« So dumm die Aktion war, sie beugte sich ein wenig vor und blinzelte. Ihre Implantate waren abgeschaltet, und tatsächlich, dort schien ein tiefdunkelroter Nebel direkt vor ihrer Nase zu wabern, die Art von Licht, die eine einzige Kerze in einer dunklen Kathedrale erzeugte. »Es ist so geisterhaft.«
»Hmmm. Ich dachte eigentlich immer, ich hätte ziemlich gute Augen. Ich
Weitere Kostenlose Bücher