Commonwealth-Saga 2 - Die Boten des Unheils
das tägliche Geschäft geöffnet, und Mark winkte vielen Angestellten zu und sagte häufig Hallo. Sie waren ausnahmslos junge Leute und sahen merkwürdig gleich aus; wären nicht ihre unterschiedlichen Hautfarben gewesen, sie hätten glatt Vettern sein können. Die Jungen hatten dicke, kurz geschorene Haare und Dreitagebärte, und sie waren durchtrainiert und richtig fit, nicht nur einfach in einem Studio aufgepumpt. Sie trugen weite Pullover oder noch weitere, wasserdichte Mäntel mit knielangen Shorts und Sportsandalen. Die Mädchen waren hübsch anzusehen in ihren kurzen Röcken und engen Hosen und T-Shirts, die den festen schlanken Bauch frei ließen, ganz gleich, wie kalt es draußen noch war. Sie alle arbeiteten nur aushilfsweise in den verschiedenen Läden, bedienten Kundschaft, kellnerten, verdingten sich als Pagen oder Barmann, als Personal an Bord der Taucherboote, als Führer bei den Rundfahrten oder als Kindergärtner für die ständigen Einwohner. Und sie taten es nur aus einem einzigen Grund: um genügend Geld für ihre nächsten Extremtouren zusammenzusparen. Randtowns größter Industriezweig war der Tourismus, und was die Stadt von zahllosen anderen Ferienorten überall im Commonwealth unterschied, waren die Sportarten, die in der wilden Landschaft rings um die Stadt herum ausgeübt wurden. Sie zogen Firstlifer an, die Sorte von Leuten, die sich ein wenig abgestoßen fühlten vom Mainstream des Lebens im Commonwealth, keine Rebellen, sondern Junkies auf der Suche nach dem nächsten Kick, fest entschlossen, einen noch schnelleren Weg den Berg hinunter zu finden, eine rauere Strecke über die Stromschnellen, eine Möglichkeit, auf ihren Jetskis noch engere Kurven zu fahren, oder noch höher aufzusteigen, um aus dem Hubschrauber zu springen. Ältere, konservativere Multilifer kamen ebenfalls hierher, stiegen in schicken Hotels ab und wurden tagtäglich aufs Neue mit klimatisierten Bussen zu ihren Ausflugszielen gekarrt. Sie waren diejenigen, welche die Dienstleistungswirtschaft in Anspruch nahmen, die Hunderte von schlecht bezahlten Jobs für junge Leute wie Mandy und Julie bereitstellte.
Mark überquerte die einspurige Fahrbahn am Ende von Main Mall und spazierte die Waterfront Promenade entlang. Randtown war um eine hufeisenförmige Bucht an der Nordküste des Lake Trine’ba errichtet worden. Mit einer Länge von einhundertachtzig Kilometern stellte der See die größte Frischwasserquelle auf dem gesamten Planeten dar. Und passend zu den Bergen, die den See in ihrer Mitte einschlossen, war er an verschiedenen Stellen mehr als einen Kilometer tief. Unter der erstaunlich blauen Oberfläche lauerte eine einzigartige Ökologie, die sich in Dutzenden von Millionen Jahren völliger Isolation ausgebildet hatte. Atemberaubend schöne Korallenriffe dominierten die Untiefen, während konische Atolle sich aus den tieferen Regionen hoben wie Miniaturvulkane. Sie waren die Heimat Tausender verschiedener Fischspezies, von bizarr bis majestätisch, auch wenn sie genau wie ihre Salzwasserkollegen auf diesem Planeten tödlich aussehende Spindeln und Stacheln anstatt Flossen benutzten, um sich fortzubewegen.
Nach dem winterlichen Ski- und Snowboardfahren war Tauchen die zweitgrößte Touristenattraktion von Randtown. Am Ufer gab es Dutzende von Stegen, wo die kommerziellen Tauchboote vertäut lagen. Selbst heute, obwohl die Temperaturen im Trine’ba nur knapp oberhalb des Gefrierpunkts lagen, waren zehn der Tauchfirmen mit ihren Booten draußen. Mark beobachtete einen großen Katamaran von Celestial Tours, der mit schäumender Gischt an jedem Heck hinter den Impellern vorüberglitt. Zwei Mann der Besatzung winkten ihm zu und riefen etwas, das er aufgrund des Motorenlärms jedoch nicht verstand.
Mark wanderte weiter an der Ufermauer mit ihrer einzelnen Zeile von Poesie entlang, die sich über die gesamte Länge hinzog. Eines Tages würde er sie von Anfang bis Ende lesen. Die Ables Motors Garage, sein eigener Franchise-Laden, befand sich ein paar Straßen jenseits des Ostendes der Promenade. Mark kam gegen Viertel vor neun dort an. Randtown war, obwohl es sich um die einzige Stadt im Umkreis von achthundert Kilometern handelte, nicht besonders groß. Ohne die Touristen und die jugendlichen Durchreisenden besaß die Stadt nur wenig mehr als fünftausend Einwohner. Man konnte in weniger als einer Viertelstunde von einem Ende zum anderen spazieren.
Draußen in den umliegenden Tälern und den Ebenen im Nordwesten
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