Commonwealth-Saga 2 - Die Boten des Unheils
blickten sich anerkennend um und bestaunten das imitierte römische Ambiente, bevor sie einen freien Tisch ansteuerten. Einheimische standen am Tresen und warteten auf ihre in der Mikrowelle aufgeheizten Panini und heißen Getränke für unterwegs. Mandy fand zwischendurch kaum noch Zeit, Mark seine vier dicken Scheiben Toast mit Butter und Vanille-Rhabarbercreme zu bringen, die er so sehr mochte. Auf dem Tellerrand lag außerdem noch ein Pain au chocolat , nur für den Fall.
Um halb neun schließlich gelang es Mark, das Café zu verlassen. Draußen erwartete ihn ganz genau die Sorte von Morgen, für die er dreihundert Lichtjahre weit gereist war, um sie für den Rest seines Lebens jeden Tag zu genießen. Er atmete die Luft, die jene einmalige, steife Kälte aufwies, wie sie nur am Fuß schneebedeckter Berge zu finden war. Die höheren Gipfel und Plateaus der Dau’sings waren noch immer schneebedeckt, einschließlich der beiden Skipisten. Mark blickte zu ihnen hinauf, und die Gläser seiner Sonnenbrille wurden automatisch dunkler, um seine Augen vor dem Licht von Elans heller G-9-Sonne zu schützen, die aus einem wolkenlosen Himmel auf ihn herabbrannte. Die Berge beherrschten die Landschaft jenseits der Stadt und bildeten eine beeindruckende Barriere aus verwitterten Gipfeln. Jetzt, nachdem auf Elans südlicher Hemisphäre der Frühling angebrochen war, strömte Schmelzwasser von den Hängen und füllte jede Spalte mit reißenden kleinen Wildbächen. Pinienarten von überall aus dem Commonwealth hatten die unteren Hänge besiedelt und erzeugten eine dringend nötige Kaskade aus üppigem Grün. Darüber gedieh noch immer das einheimische Boltgras, ein charakterloses grüngelbliches Gewächs mit dürren Stängeln und Blättern. Abgesehen von der kleinen Oase fremder Vegetation, die Menschen in diese Gegend gebracht hatten, war es ausschließlich Boltgras, das jeden Hügel und jeden Hang dieses Gebirges bedeckte, welches fast ein Viertel des gesamten Kontinents einnahm.
Kleine, längliche Dreiecke aus goldenem Gewebe glitten bereits jetzt träge durch die Luft; die ersten Drachenflieger waren bereits auf der Suche nach thermischen Strömungen unterwegs. Normalerweise starteten sie von den Klippen des Backwater Crag, der sich im Osten der Stadt erhob. Ein Seilzugwagen schnitt geradewegs durch den Wald, der den Felsen bedeckte, und führte von der Basisstation hinter den Sportanlagen der High School bis zu dem halbkreisförmigen Orbit Building hinauf, das auf dem Gipfel des Felsens sechshundert Meter oberhalb der Stadt stand und aussah wie eine Fliegende Untertasse, die halb aus der Kante herausragte. Das Restaurant im Orbit Building war eine überteuerte Touristenfalle, auch wenn der Ausblick unschlagbar war, der sich dem Besucher von dort aus über die Stadt und den See bot.
Tag für Tag trugen kleine chromblaue Waggons Touristen, Flieger und Extremsportsüchtige auf den Felsen und zum Orbit hinauf. Von dort aus wanderten sie über Waldwege zu den Klippen, die genau in der richtigen Windrichtung standen, stiegen in ihre Da-Vinci-Anzüge und flogen los. Die richtigen Profis verbrachten den ganzen Tag hoch oben in den thermischen Strömungen und landeten erst wieder bei Einbruch der Dunkelheit.
Ein Da-Vinci-Anzug war ziemlich einfach zu benutzen: Er bestand im Grunde genommen aus einer sich verjüngenden schlafsackähnlichen Röhre mit Vogelschwingen, die eine Spannweite von bis zu acht Metern aufwiesen. Man stellte sich mit diesem Anzug an den Rand der Klippe, breitete die Arme aus und warf sich nach vorn in den Abgrund. Elektromuskelbänder in den Flügeln imitierten und verstärkten die Armbewegungen und gestatteten es dem Träger, mit den Flügeln zu flattern und zu manövrieren wie ein Vogel. Es war praktisch die vollkommenste Art, die die Menschheit je entwickelt hatte, wie ein Vogel zu fliegen.
Mark war selbst einige Male dort oben gewesen und mit einem Freund, der in der Stadt wohnte, zusammen in einen Instruktor-Anzug gestiegen. Es war wirklich ein faszinierendes Gefühl, doch er war nicht bereit, seine Arbeit aufzugeben und als Vollzeit-Lehrer einzusteigen.
Mark ging die Main Mall in Richtung Ufer hinunter. Die Läden zu beiden Seiten der Straße waren eine Ansammlung commonwealthweiter Franchise-Unternehmen wie Bean Here und das unvermeidliche Bab’s Kebabs Fastfood, durchsetzt mit lokalen Handwerksgeschäften, Bars und Cafés, alles in allem ein wenig origineller Mix.
Überall wurden Ladentüren für
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