Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
Rechenschaftsberichte sind gefälscht; sie dienen nur dazu, einer oberflächlichen Untersuchung standzuhalten.«
Paula lehnte sich in ihrem Sessel zurück und rieb sich mit dem Finger über das Kinn. Dann breitete sich ein schwaches Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Mellanie hatte also Recht. Nun, was sagt man dazu?«
»Sieht so aus. Paula … der Starflyer hat die Forschungen von Bose finanziert. Das bedeutet, er muss gewusst haben, was Bose finden würde.«
»Ja.«
»Wie?«
»Logischerweise muss er dort gewesen sein. Oder seine Spezies wusste von den Primes und ihrer Gefangenschaft hinter der Barriere.«
»Hat er die Barriere abgeschaltet?«
»Das wäre die offensichtliche Schlussfolgerung.«
»Also wurde der Krieg absichtlich heraufbeschworen. Die Guardians hatten von Anfang an Recht.«
»Ja.« Paula verzog das Gesicht und lächelte traurig.
»Und was machen wir jetzt?«
»Als Erstes werde ich meine politischen Verbündeten informieren. Zweitens werden wir die Treuhänder von Cox wegen Betrugsverdachts festnehmen und anklagen. Sie sind offensichtlich Agenten des Starflyer. Wenn wir ihre Erinnerungen auslesen können, verschafft uns dies ein besseres Verständnis für das Netzwerk, dass der Starflyer im Commonwealth errichtet hat.«
»Was ist mit Alessandra Barron? Sie war diejenige, auf deren Spur Mellanie uns gebracht hat. Sie muss eine Agentin des Starflyer sein.«
»Es wird schwierig werden, eine derart im Licht der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeit ohne einen triftigen Grund zu verhaften, und wir können es uns nicht leisten, öffentlich zu verkünden, dass der Starflyer real ist. Die Senate Security wird eine formelle Anfrage an die Navy Intelligence stellen, die Barron verdeckt zu observieren.«
»Was? Aber wir wissen doch, dass die Navy kompromittiert ist!«
»Genau. Eine ausgezeichnete Gelegenheit festzustellen, was unsere Anfrage auslöst.«
Das grün-orangefarbene Prioritätssymbol blinkte in Nigels virtueller Sicht, während er seinen jüngsten Kindern aus Winnie the Pooh vorlas, bevor sie schlafen gingen. Er bemühte sich, ihnen jeden Abend eine Geschichte vorzulesen und ein richtiger Vater zu sein, wie es sich seiner Meinung nach gehörte. Seine Kinder wurden von Müttern und Kindermädchen für das Bett fertig gemacht und anschließend ins Spielzimmer geleitet, wo er die Geschichte vorlas. Er las stets aus den Klassikern, benutzte richtige, gedruckte Bücher, die man aufschlagen konnte, um die Stelle zu finden, und zuklappen, wenn das abendliche Kapitel zu Ende war.
Gegenwärtig war er irgendwo in der Mitte von The House at Pooh Corner . Die sieben Kinder im Herrenhaus, die älter waren als drei Jahre, saßen oder lagen auf Kissen und weichen Sofas herum und lauschten zufrieden, während ihr Daddy ihnen laut und mit amateurhafter Intonation und weit ausholenden Gesten vorlas. Sie lächelten und kicherten und flüsterten miteinander.
Es war Nigels aufgerüstete geistige Kapazität, die seine Aufmerksamkeit auf den Bericht von der Security Division der Dynastie lenkte. Das Observationsteam, das Nelson auf Mellanie angesetzt hatte, meldete, dass sie in einem Bungalow in Darklake City eingetroffen war, der einem gewissen Paul Cramley gehörte. Die Security speicherte den Namen lediglich. Nigels aufgerüstetes Bewusstsein jedoch startete augenblicklich eine Suche nach Querverweisen in seinen persönlichen Dateien, und daraus ergab sich die Dringlichkeitsmeldung während der Vorlesestunde.
Nigels primäres Bewusstsein verließ das Spielzimmer und die Kinder und konzentrierte sich auf die Informationen, die in sein künstliches neurales Netzwerk strömten. Er las die Berichte bezüglich des Einbruchs und sah, welche Schweinerei die Nostats mit den Möchtegern-Einbrechern veranstaltet hatten. Typisch Paul , dachte er. Nie macht er sich selbst die Hände richtig schmutzig.
Cramley war einer aus dem Team von Programmierern gewesen, welche die Algorithmen für die erste SI entwickelt hatten, mit deren Hilfe CST ihre frühen Wurmloch-Gateways zu kontrollieren vermochte. Nachdem die KIs sich zur SI weiterentwickelt hatten, war Paul zu dem Entschluss gelangt, sich aus dem Licht der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Er war in verschiedene Aktivitäten von zweifelhaftem legalem Status verwickelt gewesen, ein unbedeutenderer Spieler im großen Geschäft mit meisterlichem Geschick im Hacken. Eine Liste von Referenzen scrollte durch Nigels virtuelle Sicht. Bei einer der jüngsten hielt er den
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