Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
Bildlauf an. Paul war dabei erwischt worden, dass er eine illegale Suche in den nicht-öffentlichen Einwohnerverzeichnissen der Stadt Paris durchgeführt hatte.
Zwei Dinge stimmten absolut nicht bei dieser Geschichte: Erstens, Paul hatte nach der Adresse von Paula Myo gesucht. Und zweitens, Paul würde sich niemals bei einer so einfachen Übung erwischen lassen. Und doch hatte die Myo ausreichend Beweise zusammengetragen, um eine Verurteilung und Bestrafung zu erreichen und Pauls Ausrüstung beschlagnahmen zu lassen. Sie musste einen Mega-Webhead an der Hand haben, der ihre Daten abschirmte. Nein, wahrscheinlich kein Webhead, sondern die SI persönlich.
Nigel fragte sich, für wen Paul die Suche durchgeführt hatte. Mellanie? Warum sollte sie wissen wollen, wo die Myo wohnte?
Je mehr er sich mit Mellanie beschäftigte, desto neugieriger wurde er. Nach ihrer Datei zu urteilen, hatte sie im Auftrag der Michelangelo Show Far Away besucht. Stand sie in Kontakt mit den Guardians? Oder war sie die Kontaktperson der SI mit den Guardians? Das war paranoide Spekulation, weiter nichts. Es gab so viele Datenpunkte, doch es gelang Nigel nicht, sie miteinander zu verknüpfen. Er beschäftigte sich nicht oft mit Sicherheitsangelegenheiten, aber das hier wurde allmählich zur Mutter aller Ausnahmen. Seine Faszination wurde durch ihr fantastisches Aussehen weiter angestachelt.
Nigel zog sich mit seinem Primärbewusstsein aus dem neuronalen Netz zurück und las seinen Kindern weiter vor, bis das Kapitel zu Ende war. Die Kinder flehten und umschmeichelten ihn, doch er blieb fest und versprach ihnen, dass es am nächsten Abend weitergehen würde. Sie küssten und umarmten ihn, und er wünschte ihnen eine gute Nacht; dann zogen sie sich in ihre Zimmer zurück.
Allein im Spielzimmer mit einer Flutwelle aus Spielsachen und einer in allen Primärfarben leuchtenden Dekoration wurde Nigel bewusst, dass er eine Menge mehr Informationen über Mellanie Rescorai zusammentragen musste, um das Rätsel zu lösen, das dieses Mädchen umgab. Er seufzte zögernd; dann machte er den Anruf. Normalerweise reagierte jeder, der eine persönliche Nachricht von dem großen Nigel Sheldon erhielt, mit Überraschung und fühlte sich geschmeichelt. Nicht so Michelangelo. »Was zur Hölle willst du?«, fragte er.
Der Lucius Wolkenkratzer war acht Stockwerke hoch, ein schwerfälliger, konservativer Turm aus grauem Stein und braunem rauchigem Glas; doch er stand in der Mitte der Third Avenue, und die Architektur in diesem Teil der Stadt war niemals besonders auffallend.
Die drei großen Fahrzeuge mit Paulas Team von der Senate Security steuerten durch den morgendlichen Verkehr von Manhattan. Wie stets brachten die Mätzchen der Yellow Cabs ein Runzeln auf Paulas Stirn; wer auch immer für die Programmierung ihrer Fahr-Arrays verantwortlich war, er machte einen grauenvollen Job. Ihr eigener Wagen musste mehrfach scharf bremsen, als ihnen die Vorfahrt genommen wurde.
Als sie beim Lucius eintrafen, öffneten ihre Zutrittskodes die Barriere vor der Rampe, die in die mehrstöckige Tiefgarage hinunterführte. Zwei Lieferwagen mit dem forensischen Team mitsamt Ausrüstung folgten ihnen nach unten.
Oben in der Lobby deckten vier Mann aus Paulas Team die Ausgänge der Treppenhäuser ab. Paula führte den Rest ihrer Leute, zwölf Mann, in den Aufzug. Sechs trugen Schutzschirm-Skeletons unter ihren gewöhnlichen dunkelblauen Anzügen; Paula wollte kein Risiko eingehen.
Die Büroräume von Bromley, Waterford und Granku nahmen fünf Stockwerke ein, vom zweiundvierzigsten bis zum siebenundvierzigsten. Der Empfangsbereich wurde von einem breiten geschwungenen Schalter beherrscht, hinter dem drei gut gekleidete und attraktive menschliche Sekretärinnen die Besucher empfingen und den Klienten einen exklusiven persönlichen Touch vermittelten. Kleinere Kanzleien setzten Arrays dafür ein. Alle drei Sekretärinnen waren damit beschäftigt, den plötzlichen Ausfall in ihren Kommunikationsanlagen zu untersuchen, welche Paula aus der Cybersphäre heraus mit einem Embargo belegt hatte, sobald sie vor Ort eingetroffen waren.
»Ich möchte Ms Dalira, Mr Pomanskie und Mr Seaton sehen, bitte«, sagte Paula der Empfangschefin.
Die Frau bedachte sie und ihr Festnahmeteam mit einem nervösen Blick. »Es tut mir Leid, aber sie sind nicht im Haus.«
»Muss ich Ihnen erst mein Autorisierungszertifikat zeigen?«
»Nein, selbstverständlich nicht, Ms Myo. Ich weiß, wer Sie sind. Aber
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