Conan der Barbar
den nördlichen Himmel zu Stahl zu verwandeln schien und das Grün entlang dem schmalen Pfad immer düsterer wurde, erreichten die ausdauernden Ponies und der fußwunde junge Cimmerier Toghruls Lager. Hinter den Palisaden befanden sich mehrere Blockhäuser und langgestreckte niedrige Hütten, ein Gehege für die Pferde, und Pferche für die Kampfsklaven – die nicht nur ihrer kräftigen Statur und überlegenen Geschicklichkeit im Kampf wegen ausgesucht worden waren, sondern auch aufgrund ihres wilden Trutzes.
Toghrul blieb vor einem der Sklavenpferche stehen und rief dem Wächter davor etwas fragend zu. Obgleich Conan die hyrkanischen Worte nicht verstand, schloß er, daß sein Herr jemanden namens Uldin suchte.
Uldin stellte sich als untersetzter langatmiger Mann mit kahlgeschorenem Schädel heraus, der nach einem kurzen Gespräch mit Toghrul die Kette vom Sattelknauf löste und sie fest in seine sehnigen prankengleichen Hände nahm.
Auf Vanisch mit einem fremdartigen Akzent brummte er: »Komm mit, du!«
Als er in einen fensterlosen Raum gebracht wurde, aus dem ihm übler Geruch entgegenschlug, griff etwas, das Panik sehr nahe kam, nach dem jungen Barbaren. Er spürte die Anwesenheit von anderen, konnte in der Dunkelheit jedoch so gut wie nichts erkennen. Uldin zündete einen Kerzenstummel an. In seinem flackernden Licht sah Conan nun seine Mitsklaven zerlumpt und schmutzig auf dem nackten Boden liegen. Stumm und ungerührt betrachteten sie ihn. Ihre Augen, in denen sich die schwache Flamme spiegelte, verrieten wenig Menschlichkeit.
Uldin öffnete Conans groben Halsreif und nahm ihn ihm ab. Dann fragte er ihn: »Wie heißt du?«
»Conan.«
»Woher kommst du?«
»Ich bin Cimmerier. Warum hat man mich hierhergebracht?«
»Um das Kämpfen zu lernen«, erwiderte Uldin. »Verstehst du etwas davon?«
»Nein«, antwortete Conan brummig. »Vor acht Wintern wurde ich gefangengenommen und seither schob ich dieses verfluchte Mühlrad. Vorher balgte ich mich manchmal mit Gleichaltrigen.«
»Dann wollen wir als erstes einen Kampf mit der nackten Hand versuchen. Zieh dein Hemd aus!«
Vorsichtig schlüpfte der Cimmerier aus der groben Tunika, um den zerschlissenen Stoff nicht zu zerreißen. Abschätzend musterte der Ausbilder Conan und hob dabei die Kerze.
»Das Rad brachte dir gute Schultern ein«, brummte er. »Versuch mich niederzuwerfen.«
Geduckt näherte Conan sich ihm mit ausgestreckten Armen, um sie um ihn zu legen. Er begriff nicht, was als nächstes geschah. Der viel kleinere Mann entschlüpfte Conans Griff, als wäre er nichts weiter als eine Rauchsäule. Einen Moment später traf ein Fuß Conans Knöchel und der Cimmerier lag auch schon langausgestreckt auf dem Boden.
»Noch einmal!« befahl Uldin, als der junge Barbar verwirrt aufstand.
Diesmal näherte Conan sich ihm vorsichtiger. Ich werde ihn am Hals packen, dachte er, und ihn über meine Hüfte werfen, wie wir es als Kinder taten. Doch statt daß der Ausbilder Conans greifenden Händen auswich, erlaubte er ihm, seinen Kopf in die Armbeuge zu nehmen. Dann warf Uldin sich geschmeidig wie ein Panther rückwärts und zog Conan nach vorn über sich. Als er auf dem Rücken landete, drückte er die Knie an den Leib, stieß die Beine gegen Conans Bauch und schob ihn heftig hoch. Der Cimmerier flog über den Kopf des Ausbilders und fiel schwer auf den Rücken. Uldin rollte sich auf die Füße und blickte mit einem schiefen Grinsen auf ihn hinab.
Wie ein gestellter Wolf knurrend erhob sich Conan. »Crom verdamme dich!« fluchte er und stürzte sich auf Uldin – und landete erneut heftig auf dem Boden.
Als Conan diesmal wieder auf den Beinen stand, grinste Uldin ihn wie ein kahlköpfiger Affe an. »Nur so weiter! Hasse mich!« forderte der Hyrkanier ihn auf. »Haß wird dich zu einem besseren Kämpfer machen. Aber du hast viel zu lernen. Morgen fangen wir mit dem Unterricht an.«
Den ganzen Sommer hindurch lernte Conan, um sein Leben zu kämpfen, denn in der Arena gab es nur eines: zu kämpfen oder zu sterben. Conan kämpfte und blieb am Leben.
Conan freundete sich mit den anderen Gladiatoren nicht an. Wie einer am Anfang seiner Ausbildung einmal zu ihm sagte, war es widersinnig, kameradschaftliche Gefühle für jemanden zu hegen, den man zu töten haben würde, wollte man nicht von ihm in den Tod geschickt werden.
Als man den Cimmerier zum erstenmal in die Kampfgrube befahl, sah er sich mit einem schnellen Blick um, der jedoch jede Einzelheit
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