Conan der Barbar
ihn.
So wurde der junge Cimmerier zum Grubenkämpfer, zum Gladiator, der zur Unterhaltung der Nordheimer um sein Leben kämpfte. Als die Höhe seiner Einnahmen allmählich nachließ, zog Toghrul mit seiner Treppe ostwärts nach Asgard, wo die goldenhaarigen Æsir zu Hause waren. Zwar haßten Vanir und Æsir einander und nutzten jede Gelegenheit, die anderen zu überfallen, auszuplündern und zu morden, doch eines hatten sie gemein: ihre Vorliebe für Grubenkämpfe. Es war gar nicht ungewöhnlich, Männer beider Völker, die einander erst vor kurzem bekriegt hatten, um die Grube beisammen zu sehen, wie sie sich begeistert auf die Schultern schlugen oder vor freudiger Aufregung in ihrer Umarmung fast zerquetschten, miteinander tranken und Wetten abschlossen.
Das Leben eines Grubenkämpfers war nicht gerade das schlechteste, stellte Conan fest. Sich einem Gegner zu stellen und ihn zu töten, gewährte – einen flüchtigen Moment lang zumindest – etwas wie Freiheit. Irgendwie war man dann wieder ein ganzer Mann. Die anstrengende Plackerei am Rad hatte ihn nahezu aller menschlichen Würde beraubt, bei den wilden Kämpfen in der Grube gewann er sie wieder und dazu auch ein wenig Selbstachtung.
Toghrul behandelte die Sklaven, von denen er sich etwas erwartete, durchaus nicht schlecht. Wie der Herr von wertvollen Pferden oder Hunden für seine Tiere sorgte, kümmerte sich der Hyrkanier auch darum, daß seine Kämpfer genügend zu essen und zu trinken hatten: saftige Braten, nahrhaftes Brot und dunkles Bier. Doch ebenso achtete er darauf, daß sie nicht flohen. Tag und Nacht bewachten Bewaffnete sie, und wenn ihr Herr befürchtete, daß sich ihnen eine Fluchtchance bot, ließ er sie anketten.
Noch berauschender als das starke Bier, die großzügigen Mahlzeiten und das Lob seines Herrn waren für Conan der tobende Beifall der Zuschauer und die Verehrung, die die Menge ihm entgegenbrachte.
Conan erkannte, daß das Leben noch viel bewußter und kostbarer wird, wenn jeder Sonnenaufgang der letzte sein mag. Nach jedem Kampf schlief er wie ein erschöpftes Raubtier. Und manchmal quälten ihn Alpträume: er sah sich mit aufgeschlitztem Leib, aus dem Blut und Gedärme quollen, auf dem Boden liegen, und die ihn verhöhnenden Zuschauer spuckten ihn an. Dann erwachte er schweißgebadet und war glücklich, daß er noch lebte und von Kraft strotzte.
Nein, es war durchaus kein schlechtes Leben, aber es stumpfte Conan ab. Daß der Tod sein ständiger Begleiter war, nahm er gleichmütig hin, und es war ihm schon fast gleichgültig, ob er am Leben blieb oder sterben würde, solange die Menge ihn mit Begeisterungsgebrüll empfing und ihm zujubelte.
Als der Winter seine weiße Decke über Asgard breitete, wurden die Kämpfe eingestellt. Die meisten Sklaven waren damit beschäftigt, Hütten zu errichten, da es in den Zelten, in denen sie bisher gehaust hatten, nun doch zu kalt war. Mit Conan hatte Uldin jedoch anderes vor. Er lehrte ihn, mit Waffen umzugehen. Als erstes mit einem einfachen Stab, etwa sechs Fuß lang aus Hartholz von der Stärke eines Hundebeins. Ähnliche Stäbe hatten auch die Männer seines Dorfes verwendet, erinnerte sich Conan. Als er geschickt damit umzugehen wußte, unterrichtete Uldin ihn im Umgang mit der Lanze. Auch sie wurde mit beiden Händen wie der Stab gehalten, doch nicht wie dieser als Schlag-, sondern als Stoßwaffe benutzt. Bei dem gefährlichen Unterricht trugen beide dicke Schutzpolster, auch hatten die Übungslanzen stumpfe Spitzen. Das nächste waren Streitaxt und Schwert. Conan betrachtete nachdenklich das Schwert, das Uldin ihm in die Hand drückte. Es war nicht viel mehr als ein flaches längliches Eisenstück, ziemlich schmal, mit einfacher Parierstange und Holzgriff.
»Das kann man wohl kaum Schwert nennen«, brummte Conan. »Mein Vater machte ganz andere!«
»Dein Vater war Schmied?«
»Ja. Er kannte das Geheimnis des Stahles. Für ihn war Stahl ein Göttergeschenk. ›Eine Klinge aus feingehämmertem Stahl‹, sagte er, ›ist das einzige auf der Welt, auf das ein Mann sich verlassen kann.‹«
Uldin erwiderte ernst: »Der echte Wert eines Menschen liegt nicht in dem Stahl, den er trägt, sondern nur in ihm selbst.«
»Was willst du damit sagen?« fragte Conan.
»Daß es der Mensch ist, der geschmiedet wird, nicht die Klinge. Ich weiß es, denn ich bin selbst ein Schmied – ein Menschenschmied. Und jetzt nimm das Schwert so und halte den Schild so!«
Im Frühjahr zog
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