Conan-Saga 07 - Conan der Rebell
Ranken wanden sich wie Schlangen von Stamm zu Stamm und um die Zweige der höheren Bäume. Das normalerweise leuchtende Rot ihrer Blüten wirkte stumpf und bildete kaum einen Farbkontrast zu den Beeten mit schwarzem und purpurnem Lotus, aus dem gefährliche Gifte gewonnen wurden. Nicht ein Vogel zwitscherte oder trillerte, dafür sirrten Insekten umher, riesige Käfer krochen durch das Moos, Spinnen lauerten in Netzen, die wie ein Teil des Ganzen wirkten, und Treiberameisen suchten nach Beute.
Nachdem sie eine Weile dahingestapft waren, schauderte Daris und schmiegte sich ein wenig an Conan. »Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Es war falsch hierherzukommen, ich hätte es nicht raten dürfen. Furcht erfüllt mich, denn wir haben uns bereits verlaufen.«
Er legte tröstend einen Arm um ihre Taille und drückte sie flüchtig an sich. »Du warst wohl nie in einem Dschungel?« fragte er. »Ich schon. Hier ist es auch nicht schlimmer, und zumindest gibt es keine kreischenden Papageien. Das Moos ist so feucht, daß es Wasser geben muß. Wir halten als erstes Ausschau nach seiner Quelle, denn ich bin so durstig, daß ich die ganze Vilayetsee austrinken könnte.«
Er schlüpfte aus seinen Sandalen, um besser zu spüren, wann die Beschaffenheit des Bodens sich änderte. Er witterte, lauschte und rief seine Waldläuferinstinkte zu Hilfe. Er hielt sich an die Sonne, die Mitras Zeichen war, und fand schon bald einen Brunnen.
Das Wasser sprudelte durch eine Reihe kleinerer Bassins in ein großes Becken, in dem Wasserlilien wucherten und Karpfen schwammen. Conan nahm an, daß von hier poröse Rohre durch den ganzen Garten verliefen, um den Boden feucht zu halten. Er hielt Daris zurück, als sie trinken wollte. »Das Wasser könnte vom Styx sein«, warnte er und probierte es erst selbst vorsichtig. Es war kühl, rein und stammte zweifellos aus einem artesischen Brunnen. Der Cimmerier grinste. »Was hat der Architekt sich dabei gedacht – oder hat er einfach die nächstbeste Quelle angezapft?«
Sie tranken zuerst gierig, dann mit unvorstellbarem Genuß, ehe sie sich auszogen, badeten, ihre Kleidung wuschen und zum Trocknen ausbreiteten. Conan, der Daris mit ehrlicher Bewunderung beobachtete, bemerkte wie sie errötete, obgleich sie sich in der Festung keine Gedanken über ihre Blöße gemacht hatte.
Während ihre recht mitgenommenen Kaftane trockneten, kauerten sie sich an das Becken, fingen mit den Händen Fische und aßen sie roh. Wer mochte wissen, wann sie wieder etwas zu essen bekamen? Als sie sich wohlig satt fühlten, hatte die Sonne bereits die feine Leinenkleidung getrocknet.
»Nur gut, daß kein Gärtner sich hierher verirrte«, brummte Conan. »Das heißt, gut für ihn. Aber wir sollten uns vielleicht doch lieber ein Fleckchen suchen, wo wir nicht so leicht gesehen werden können.«
Nachdem sie ihre glücklicherweise nur leichten Wunden mit Streifen ihrer Kaftane verbunden hatten, machten sie sich wieder auf den Weg. Der Tempel, der über die höchsten Bäume hinausragte, diente ihnen als Wegweiser. Hin und wieder gingen sie im Kreis zwischen Riesenpilzen und kunstvoll geschnittenen Hecken, trotzdem kamen sie dem Setschrein immer näher und hatten bald das Ende des Irrgartens erreicht. Hinter einem schmalen gefliesten Streifen erhob sich die unterste Stufe der Zikkurat. Die Fassade am Platz war prunkvoll, doch die Rückseite hier war aus einfachen dunklen Granitblöcken, nur stellenweise mit Hieroglyphenfriesen verziert.
Conan, der durch ein Gebüsch giftiger Nachtschatten spähte, sah Fensterschlitze und mehrere Türen. Es herrschte absolute Stille. Er freute sich über ihr Glück und wunderte sich darüber, bis ihm einfiel, daß es in einem Settempel erst nachts wirklich lebendig wurde. Priester, Akoluthen, ja sogar der größte Teil der Sklaven schliefen um diese Zeit.
Die Eingänge waren geschlossen und verriegelt, nur einer mit einer düsteren Inschrift nicht. Als er die Tür vorsichtig öffnete, schlug ihm klamme, modrige Luft über eine Treppe hoch entgegen. »Sie führt zu den Krypten«, wandte er sich an Daris. »Deshalb ist sie nicht versperrt, denn wer, außer einem Zauberer, würde sich freiwillig dort hinunterbegeben?«
Das Mädchen lächelte. »Wir«, sagte sie und sprang leichtfüßig die Stufen hinunter.
Conan schloß die Tür hinter sich. Die aus dem Gestein hier gehauene Treppe führte weiter in die Tiefe, als er im Licht der vereinzelten Wandlampen sehen konnte. Die Wände waren mit
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