Conan-Saga 09 - Conan und die Strasse der Könige
sie erst über diese ehemalige Halbinsel hinweg waren.
»Kalenius war einer der größten thurischen Könige«, erklärte Callidios ein wenig von oben herab. »Er lebte zu einer Zeit, als Atlantis und Lemuria sich noch über die Wellen erhoben und die Königreiche dieses Landes Verulien und Farsun und Valusien waren, während Zingara noch ein gutes Jahrtausend auf seine Entstehung warten mußte.«
»Nun, ich habe jedenfalls nie von diesem Kalenius gehört«, sagte Sandokazi gereizt. »Auch nicht von seinem Reich oder seiner Gruft.«
»Die Könige und Reiche des alten Thurien sind Geister und Staub, vergessen von den stolzen hyborischen Zivilisationen, die sich aus den Gebeinen ihrer einstigen Größe erhoben haben«, sagte Callidios mit abfälliger Stimme. »Ich glaube, es wird der Tag kommen, da auch unsere Zeit vorbei ist und wir und unsere Zivilisation Staub sind. Und die Kinder, die auf unseren Gerippen tanzen, werden sich an unsere Länder und unsere Rassen nur noch in ihren Träumen erinnern.«
»Welch ein Unsinn!« Sandokazi lachte. »Könige sterben, aber wie könnte dieses Land und seine Zivilisation dahinscheiden?«
»Du brauchst nur in die Tiefe zu schauen, dann hast du deine Antwort«, erwiderte Callidios.
Conan schwieg. Wenn es Sandokazi Spaß machte, sich mit einem Wahnsinnigen anzulegen, sollte sie doch! Das Ankertau und hundert Faden würden Callidios' Zunge bald für immer zum Verstummen bringen.
»In den Jahrhunderten, nachdem Kuli, der Atlanter, den valusischen Thron an sich gerissen und die thurischen Königreiche in ein Zeitalter der gegenseitigen kriegerischen Zerstörung gezogen hatte, war es Kalenius, der schließlich durch Eroberung den Frieden in die Lande nördlich und westlich von Grondar und in die Verlorenen Länder brachte. Das Reich Kalenius' überstieg sogar die Träume des ehrgeizigen Königs Yezdigerd von Turan. Die Herrscher und Völker eines ganzen Kontinents beugten sich seinen Befehlen und Launen. Kalenius behauptete, sein Reich würde tausend Jahre überstehen, und sein Ruhm alle Ewigkeit.
Aber Kalenius wurde alt und starb. Sein Reich zersplitterte in den Bürgerkriegen, die einsetzten, noch ehe er bestattet wurde. Schließlich zog die plötzliche Vernichtung einen alles verhüllenden Schleier über die thuranischen Königreiche, und von der Größe Kalenius' haben nur noch die wenigen Kenntnis, die sich für das verlorene Wissen einer längst vergessenen Zeit interessieren.«
Callidios unterbrach seinen Monolog mit einer plötzlichen Verlagerung seiner Haltung und brüllte wild: »Hör zu rudern auf, Conan! Wir sind da!«
Einen Augenblick später hatte der Stygier bereits den Anker über die Bootsseite geworfen. Mit schiefem Grinsen begegnete er Conans Augen, und der Cimmerier fluchte heimlich.
Sie lagen nun etwa drei Meilen vor der Küste vor Anker. Bei Ebbe befand sich die Halbinsel nur einen Faden unter ihrem Kahn. Vereinzelte Wogen schäumten über der versunkenen Landzunge. Conan nahm an, daß die Strömung bei Gezeitenwende recht tückisch sein würde. Keine Schiffe oder Fischerkähne befanden sich in Sichtweite – sie blieben in tieferem Gewässer.
»Unter uns«, Callidios deutete, »liegt das Mausoleum König Kalenius'.«
Conan und Sandokazi spähten hinab. Das Wasser war klar, aber die gischtigen Wellen verbargen den Grund. Möwen flatterten und kreischten über ihnen. Wind und Meer trafen aufeinander. Conan nahm an, daß der Boden deshalb viel höher war, weil sich hier unter ihnen ein Berg oder Hügel von beachtlicher Größe befand.
»Wo ist es denn?« fragte der Cimmerier und warf Sandokazi einen bedeutungsvollen Blick zu.
»Unter See und Sand«, antwortete Callidios. »Vor tausend Jahren hättet ihr vielleicht noch die Ruinen einiger der größeren Monumente des Mausoleums sehen können, zu dessen Errichtung man dreißig Jahre brauchte. Was die Katastrophe verschonte, holten sich die Gründer Kordavas als Bausteine. Nur der Grabhügel blieb, und selbst ihn verschlang schließlich das Meer. Wir befinden uns über den Überresten dieses Bestattungshügels.«
»Wie faszinierend«, log Sandokazi.
»Dreißig Jahre seines Lebens widmete Kalenius dem Bau seines Mausoleums. Hunderttausend fähige Arbeiter, zehntausend Handwerksmeister, das Vermögen eines ganzen Reiches und der Wille des Alleinherrschers des thuranischen Kontinents schufen dieses Bauwerk, das ein Weltwunder werden sollte – eine Grabkammer, die bestimmt war, die Ewigkeit zu
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