Conan-Saga 19 - Conan von Aquilonien
Bogenschützen auf der Brustwehr der Stadtmauer postierte.
Jedesmal schickte Conan Trocero mit Herolden aus, um die Herrscher dieser kleinen Stadtstaaten zu beruhigen. Der alte Graf war ein Meisterdiplomat, der nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Worten wohl umzugehen verstand, und so gelang es ihm jedesmal, die durch den Durchmarsch erregten Gemüter zu besänftigen. Er erklärte, daß die aquilonische Armee keinesfalls feindliche Absichten gegen die Stadtstaaten Shems hegte, und König Conan hoffte, der betreffende Herrscher gestatte den Durchmarsch gnädigst. Als Tribut überreichte Trocero jeweils einen prallen Beutel mit gutem aquilonischen Silber, das mit Conans Profil geprägt war. Erleichtert gaben die auf diese Weise in ihrem Stolz gekränkten Herrscher nicht nur ihre Erlaubnis zum Durchzug der Aquilonier, sondern auch ihren Segen.
Natürlich wäre die aquilonische Armee auch so durch Shem gezogen, doch Conan hatte gelernt, sich der Form nach abzusichern, wo das möglich war. Er sorgte aber auch dafür, daß seine Truppen sich an seine Gesetze hielten und weder plünderten, noch den Frauen Gewalt antaten. Die wenigen Soldaten, die dagegen verstießen und eine hübsche schwarzäugige Shemitin hinter die Büsche zogen oder ihre Feldrationen mit dem fetten Schwein eines Bauern aufbessern wollten, wurden sofort vor den Augen ihrer Kameraden gehenkt. Es widerstrebte Conan sehr, die armen Teufel ihres jungen Lebens zu berauben, um so mehr, da er als Söldner auch häufig die Gesetze überschritten hatte. Aber hier mußte die Disziplin absolut gewahrt werden, denn keinesfalls wollte er eine aufgebrachte Bevölkerung hinter sich zurücklassen und empörte, rachsüchtige Herrscher mit ihren Aufgeboten in seinem Rücken haben, wenn er mit seiner zahlenmäßig kleinen Armee die Grenze zu dem finsteren und feindseligen Stygien erreichte. Normalerweise kümmerten sich die Shemiten nicht um die benachbarten Königreiche, da sie mit ihren Fehden zwischen den einzelnen Stadtstaaten ihres eigenen Landes genug zu tun hatten und dazu noch die Glaubensstreitigkeiten kamen. Doch sobald Gefahr von einer plündernden und mordenden fremden Armee bestand, würden die Stadtstaaten sich gegen sie zusammenschließen. Conan hatte früher sowohl mit als auch gegen Shemiten gekämpft, und so wußte er, daß die hakennasigen, schwarzbärtigen Asshuri nicht zu unterschätzende Gegner waren, die es mit den besten Soldaten der Welt aufnehmen konnten.
Eines Nachmittags erreichten sie endlich staubbedeckt das Styxufer und schlugen im Schutz der am Fluß entlang wachsenden Weiden ihre Lager auf. Einen Stundenmarsch entfernt lag die Furt von Bubastes. Einen Tag und einen halben ruhten sich Männer und Tiere aus. Erstere ölten ihre Waffen und Rüstungen und wetzten ihre Klingen, während sie auf die Truppen von Koth und Ophir warteten, die am zweiten Tag eintrafen.
Am Morgen des zweiten Tags kam auch der junge Prinz Conn – der ältere von Conans beiden legitimen Söhnen – an der Spitze einer Schwadron Reiter auf schweißnassen Pferden an. Mit dreizehn war der Kronprinz bereits das unverkennbare Abbild seines mächtigen Vaters. Er war schon so groß wie die Ritter Aquiloniens und hatte Conans breite Schultern und gewaltige Brust, seine gerade geschnittene Mähne dicken schwarzen Haares und sein festes, eckiges Gesicht.
Der Junge hatte Shem in sechs Tagen durchquert, aber er sah aus, als hätte er nur einen Nachmittagsritt gemacht. Seine blauen Augen funkelten vor Aufregung, und seine Wangen waren vom Wind tief gerötet. Auf seinem Wallach galoppierte er in das Lager und bedankte sich für das Willkommensgebrüll der Truppen mit einem breiten Grinsen und erhobener Hand. Der Junge war bei den Soldaten sehr beliebt. Die Schwarzen Dragoner wären für ihn genauso ohne Zaudern in die Hölle geritten wie für seinen mächtigen Vater.
Der Prinz zügelte sein Pferd vor dem Königszelt, sprang ungestüm vom Sattel und warf sich grinsend vor dem König auf die Knie.
Conan behielt seine ernste Miene bei, obgleich sein Herz vor Stolz und Zuneigung heftiger schlug. Er bedankte sich auf majestätische Weise für den entbotenen Gruß des Jungen, doch kaum waren sie ins Zelt getreten, drückte er seinen Sohn so kräftig an sich, daß er einem Schwächeren die Rippen gebrochen hätte.
»Wie geht es deiner Mutter?« erkundigte er sich als erstes.
»Oh, gut«, antwortete Conn, ehe er mit spitzbübischem Grinsen fortfuhr: »Aber sie heulte und
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