Conan-Saga 25 - Conan der Unüberwindliche
er.
Trotzig richtete sie sich hoch
auf – trotzdem reichte sie gerade nur bis zu Conans Brust – und blitzte ihn an.
»Ich sage dir gar nichts! Laß mich los!«
Er gab sie frei und stieß sie
fast zur Straße. »So lauf. Noch nie zuvor habe ich jemanden so willig in den
Tod rennen sehen!«
Das Mädchen zögerte, rieb sich
den Arm und blickte auf die Karren, die über das unebene Pflaster holperten.
Außer durch die Karren war die Straße mit Seeleuten und Händlern belebt.
Mühelos könnte sie zwischen ihnen untertauchen. Statt dessen blieb sie stehen
und fragte: »Weshalb sollte Narxes mir etwas antun wollen? Ich besaß noch nie
auch nur ein Kupferstück, das ich an seinen Tischen hätte verspielen können.
Meinesgleichen ließe er nicht einmal durch die Tür.«
»Willst du damit sagen, daß du
es gar nicht weißt?« fragte Conan scheinbar ungläubig. »Nun, das ändert die
Sache natürlich.«
»Was weiß ich nicht? Und welche
Sache?«
»Ich hörte Manilik sagen, er
würde ein Mädchen zu Narxes schicken, um …« Er verstummte und schüttelte den
Kopf. »Nein, es ist besser, wenn du es nicht weißt. Du entkämst ja doch nicht.«
Sie lächelte unsicher. »Du
versuchst ja nur, mir Angst einzujagen. Ich soll Narxes doch bloß ausrichten,
daß Manilik eine Nachricht für ihn hat. Was hast du denn gehört?« Conan schwieg
stirnrunzelnd, als überlegte er, bis sie näher an ihn herantrat und eine
zitternde Hand auf seinen Arm legte. »Du mußt es mir sagen! Bitte!«
»Das würde dir auch nichts nützen«,
antwortete Conan scheinbar zögernd. »Narxes wird dich finden, egal, wie weit du
läufst.«
»Meine Eltern haben einen Hof,
weit von der Stadt entfernt. Dort würde er mich nie finden. Bitte, sag es mir!«
»Narxes verkauft junge Mädchen
an den Doomkult als Opfer«, log er und erfand einige Einzelheiten. »Du wirst
auf den Altar gebunden werden, dann schneidet man dir die Kehle durch und fängt
dein Blut in einem Kelch auf, dann …«
»Nein!« Sie drückte die Hand auf
den Mund und stolperte rückwärts. Ihr Gesicht wirkte plötzlich grünlich, als
würde sie sich jeden Augenblick übergeben. »Ich habe noch nie gehört, daß der
Doomkult Opfer dieser Art darbringt! Außerdem ist es gesetzlich verboten,
Freigeborene als Opfer zu benutzen.«
»Und wie, glaubst du, würde
jemand davon erfahren, wenn du erst mal tot bist und deine Leiche der See
übergeben wurde?« Conan zuckte mit der Schulter. »Wenn du mir nicht glaubst,
brauchst du ja bloß Narxes zu fragen. Vielleicht erklärt er es dir – auf dem
Weg zur Festung des Kults.«
»Was soll ich nur tun?« stöhnte
sie und machte ein paar Trippelschritte erst in die eine, dann die andere
Richtung. »Ich habe kein Geld und auch sonst nichts, außer dem was ich gerade
auf dem Leib trage. Wie soll ich da zum Hof meiner Eltern gelangen?«
Seufzend holte Conan eine
Handvoll Kupfermünzen aus seinem Beutel. Emilio würde sie ihm zurückgeben oder
es bereuen. »Da, Mädchen, damit wirst du schon heimkommen.«
»Danke! Danke!« Fast schluchzend
griff sie nach dem Geld und rannte davon.
Nicht einmal ein Kuß aus
Dankbarkeit! dachte Conan enttäuscht und blickte ihr nach, bis sie in der
Menschenmenge verschwand. Mit ein wenig Glück würde Manilik nicht vor morgen
erfahren, daß seine Pläne nicht ganz so verliefen, wie er gedacht hatte. Und er
hatte einen ganzen Tag, um Emilio zu finden, ohne sich Sorgen machen zu müssen,
daß er bereits tot war. Die Geschichte, die er sich für das Mädchen ausgedacht
hatte, hatte sogar noch überzeugender geklungen, als erhofft. In der
zunehmenden Dämmerung bemerkte er den kahlgeschorenen Mann im Safrangewand
nicht, der am Eingang der Gasse unmittelbar neben der Schenke stand, die er
gerade verlassen hatte, und der ihm interessiert nachschaute.
5
Tiefe Dunkelheit herrschte
innerhalb der Festungsmauern des Doomkults. Nirgendwo auch nur der geringste
Lichtschein, denn die Anhänger des Kults standen auf, arbeiteten, aßen und
schliefen genau nach Befehl. Für Fackeln oder Kerzen wurde kein Kupferstück
vergeudet. In einem inneren Raum jedoch, wo Jhandar seine Getreuesten zu sich
gerufen hatte, erhellten Bronzelampen in Form von Löwen Reliefs an den
Alabasterwänden und den farbenprächtigen Mosaikfußboden.
Die vierzig gelbgewandeten
Männer, die unter der hohen Kuppeldecke warteten, knieten sich nieder, als
Jhandar eintrat. Alle drückten kurz den Dolch an die Stirn und riefen im Chor:
»Gebenedeit sei das
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