Conan-Saga 27 - Conan der Prächtige
ich heute sehe, und dabei ist noch lange nicht Mittag. Sie
sollten zu den Felsen rennen, aus denen sie gekrochen sind, nach den neuesten
Gerüchten heute morgen.«
Der Bettler kam zwischen
Sonnenaufgang und Sonnenuntergang wenig dazu, etwas zu sagen, außer seinen
flehenden Worten und hin und wieder einem schmeichelndem Danke. Es konnte nicht
schaden, ihn einmal reden zu lassen, dachte Conan und sagte: »Welche Gerüchte?«
Peor schnaubte. »Handelte es
sich um einen neuen Trick, wie man beim Würfelspiel gewinnen kann, hättest du
es schon gestern zur Kenntnis genommen, Cimmerier. Denkst du überhaupt an etwas
anderes als an Frauen und Glücksspiel?«
»Die Gerüchte, Peor!«
»Nun, jemand vereint die
kezankianischen Stämme. Es wird behauptet, daß die Kezankier ihre Tulwars
wetzen, und das kann nur Krieg bedeuten. Wenn das stimmt, wird die Wüste wie
üblich als erste darunter zu leiden haben.«
Conan warf die Orangenschalen
zur Seite, schob das letzte Stück der Frucht in den Mund und wischte sich die
Hände an den Schenkeln ab. »Die Kezankier leben weit von hier, Peor.« Sein
Grinsen offenbarte kräftige weiße Zähne. »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß
diese Burschen ihre Berge verlassen, um die Wüste auszurauben? Sie ist
wahrhaftig nicht der Ort, den ich mir an ihrer Stelle zum Brandschatzen
aussuchte. Doch du bist älter als ich und kennst dich zweifellos besser aus.«
»Mach dich nur lustig über mich,
Cimmerier«, sagte Peor verbittert. »Aber wenn der Krieg erklärt ist, wird der
Mob scharf darauf sein, den Kezankiern die Kehlen aufzuschneiden, und finden
sie nicht genug, um ihre Blutlust zu stillen, werden sie sich der Wüste
zuwenden. Und die Armee wird dort sein – ›um für Ordnung zu sorgen‹. Was
bedeutet, daß sie jeden armen Teufel aus der Wüste niedermachen werden, der es
wagen sollte, sich gegen den Mob zu wehren. Das ist schon einmal passiert und
wird nicht das einzige Mal bleiben.«
Ein Schatten fiel über die
beiden, der Schatten einer Frau, deren weiches Gewand aus smaragdfarbener Seide
sich wie liebkosend an die Rundungen ihrer Brüste, des Bauches und der Hüften
schmiegte. Ein aus Goldfäden geflochtener Gürtel lag um ihre Taille, und
Perlenketten zierten ihren Hals und ihre Handgelenke und Ringe mit je einer
besonders prächtigen Perle ihre Ohren. Ein hochgewachsener Shemit, mit dem
Eisenband des Sklaven um den Hals, stand mit gelangweilter Miene mit Einkäufen
aus dem Basar schwerbeladen hinter ihr. Die Frau ließ eine Silbermünze in Peors
Teller fallen, aber ihr glühender Blick galt Conan.
Der kräftige junge Cimmerier
freute sich über die bewundernden Blicke von Frauen, auch wenn er es nicht
zeigte, doch diese Frau musterte ihn, als wäre er ein zu versteigernder
Zuchthengst. Und um die Sache noch zu verschlimmern, machte der Shemit ein
zunehmend finsteres Gesicht, als sähe er in Conan einen Rivalen. Wut stieg in
Conan hoch. Er öffnete den Mund, doch die Frau kam ihm zuvor.
»Nein, mein Gemahl würde diesen
Kauf nicht billigen.« Sie lächelte und schritt hüftenschwingend weiter. Der
Shemit eilte ihr nach und warf noch einen selbstzufriedenen Blick über die
Schulter auf Conan.
Peor fischte hastig die Münze
aus dem Teller. Mit einem Kichern, das verriet, daß er zumindest einen Teil
seines Humors wiedergewonnen hatte, schob er sie in seinen Beutel. »Sie würde
hundertmal soviel für eine einzige Nacht mit dir geben, Cimmerier. Zweihundert.
Wäre das nicht eine viel angenehmere Weise, zu Geld zu kommen, als über Dächer
klettern zu müssen, was, Conan?«
»Möchtest du echt ein
gebrochenes Bein haben?« knurrte der Cimmerier.
Der Bettler kicherte noch
heftiger, bis ihn ein Hustenanfall übermannte. Als er wieder normal atmen
konnte, fuhr er sich mit dem Handrücken über die schmalen Lippen. »Dann würde
mein Teller vielleicht voller werden. Mein Knie schmerzt in der Nacht, weil ich
es den ganzen Tag in dieser Stellung halte, aber dieser Sturz war doch das
Beste, was mir je zugestoßen ist.«
Conan schauderte bei dem
Gedanken, doch er beschloß, die gute Laune des andern schnell zu nutzen. »Ich
bin nicht gekommen, um dir die Orange zu schenken, Peor. Ich suche nach einem
Mädchen namens Lyana oder vielleicht Tamira.«
Peor nickte, als der Cimmerier
das Mädchen beschrieb und ihm eine etwas abgewandelte Version ihrer Begegnung
erzählte. »Tamira! Ich habe diesen Namen gehört und das Mädchen gesehen. Es
sieht so aus, wie du sagst.«
»Wo kann ich
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