Conan-Saga 27 - Conan der Prächtige
Keine Zamorierin konnte Augen haben, so grau wie
diese.
Verärgert rief er sich den Zweck
seines Hierseins in den Sinn: seinen Bruder zu rächen und jene, die mit ihm
gezogen und nicht mehr zurückgekehrt waren. Aber auch, um Vergeltung für die zu
üben, die gestorben waren, als sie ihre Höfe gegen die Feuerbestie hatten
verteidigen wollen. Und um dafür zu sorgen, daß dieses Untier nicht noch mehr
Unheil anrichtete. Selbst wenn er und alle seine Begleiter den Tod der Bestie
nicht überlebten, wäre es ein geringer Preis für ihre Vernichtung. Das hatten
sie sich alle gesagt, ehe sie von Brythunien aufgebrochen waren.
Ein Rabe kreiste hoch über ihm.
Wie der Vogel, den Jondra geschossen hatte, dachte er. Mußte denn alles ihn an
sie erinnern? Wütend drehte er sich um. Dieser Vogel würde es jedenfalls nicht
mehr lange! Er zog seinen Bogen aus der Wolfsfellhülle hinter dem Sattel.
»Eldran!« Von einer etwas höher
gelegenen Stelle winkte ein knochiger Mann mit spitzer Nase ihm aufgeregt zu.
»Komm schnell, Eldran!«
»Was ist denn, Fyrdan?« fragte
Eldran, kletterte jedoch bereits den Hang hoch. Fyrdan war gewöhnlicherweise
nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Einige Männer folgten Eldran.
Eldran legte abschirmend die
Hände um die Augen, um dadurch besser sehen zu können, aber viel konnte er
nicht erkennen, außer aufwirbelndem Staub und den winzigen Figuren von
Kämpfenden zwischen den fernen Hügeln tief unten. »Kezankier«, murmelte er
schließlich.
»Und Zamorier«, fügte Fyrdan
hinzu. »Ich habe gesehen, wie ihr Banner niedergetrampelt wurde.«
Eldran ließ die Hände an die
Seiten fallen. »Vergib mir, Jondra«, sagte er leise.
»Vielleicht hatten die Soldaten
sie noch nicht geholt«, meinte Haral. »Oder es sind andere Soldaten als die,
die wir sahen.«
Eldran schüttelte den Kopf. »Die
anderen waren viel weiter westlich. Und ich beobachtete ihr Lager, bis ihr
General zu dem Jagdlager aufbrach.«
»Eine Zamorierin«, sagte Fyrdan
abfällig. »Es gibt genügend gute Brythunierinnen, die sich gern von dir …«
Unter Eldrans Blick verstummte er hastig.
»Wir wollen nicht mehr von der
Frau sprechen«, bestimmte der Grauäugige. »Wir werden von etwas anderem reden,
von Dingen, die besprochen werden müssen. Wir haben die Feuerbestie hierher
verfolgt, wo sie irgendwo hausen muß. Es ist zu spüren, daß sie hier war oder
ist. Selbst die Luft scheint von ihrer Bösartigkeit getränkt zu sein. Soll
keiner von euch behaupten, daß er es nicht ebenso fühlt wie ich.«
»Als nächstes wirst du noch
behaupten, du hättest das Zweite Gesicht«, brummelte Haral, dann fügte er
lachend hinzu: »Wenn du dich nicht sehr verändert hast, seit wir miteinander
Schwimmen waren, hast du wohl nicht die richtigen Voraussetzungen, Priesterin
zu werden.« Niemand stimmte in sein Lachen ein. Mit ernstem Gesicht blickten
alle auf Eldran, der grimmig entgegnete:
»Ich brauche das Zweite Gesicht
nicht, um den Tod zu wittern. Wer mir von hieran folgt, muß damit rechnen, daß
seine Gebeine ungesalbt bleichen werden. Ich verdenke es keinem, wenn er
umkehren will, doch möge er es jetzt tun.«
»Kehrst du denn um?« fragte
Haral sanft. Eldran schüttelte den Kopf. »Dann«, erklärte der rundliche Mann,
»tue auch ich es nicht. Ich bin alt genug, mir den Ort meines Sterbens zu
wählen, falls es dazu kommt.«
»Mein Bruder ritt mit dem
deinen, Eldran«, sagte Fyrdan. »Mein Blut drängt genauso nach Rache wie deins.«
Einer nach dem andern versicherte Eldran, daß er ebenfalls mitkommen würde.
»Sehr gut.« Eldran nickte. »Was
kommt, kommt. Reiten wir!«
Der Rabe war verschwunden,
bemerkte er, als er den Hang wieder hinunterstieg. Raben bedeuteten ein böses
Omen, trotzdem bedauerte er fast, daß er weggeflogen war, denn er hatte ihn an
Jondra erinnert. Und ob sie nun noch lebte oder nicht, er würde sie wohl nie
wiedersehen. Aber es wird noch viele Raben tiefer in den Bergen geben, dachte
er düster, und mehr als genügend Knochen, die sie abnagen konnten.
14.
Mit gesenktem Kopf, als wäre
sein bunter Turban zu schwer, ging Basrakan Imalla in seinem eichengetäfelten
Gemach hin und her. Sein blutrotes Gewand wallte mit jedem Schritt um seine
Beine. So viele Sorgen drückten auf seine Schultern. Der Pfad der Heiligkeit
war nicht leicht. In der Kammer nebenan lag schon wieder ein toter Rabe.
»Menschen«, hatte er gekrächzt, ehe er einging. Aber wie viele und wo? Und daß
gleich zwei der Vögel in
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