Conan-Saga 34 - Conan der Marodeur
äußersten Notfällen mehr als hundert Schritt zu Fuß. Für sie war es unbegreiflich, wie ein Mensch mit einem Pferd Schritt halten konnte. Conan wußte, daß er im jetzigen Tempo den ganzen Tag durchlaufen konnte. Für einen Bergbewohner aus Cimmerien war Laufen so natürlich wie Atmen oder Kämpfen.
Doch jetzt kam Ärger auf ihn zu! Das war Conan klar, als Torgut den Strick übernahm, an dem er hing. »Unser Gefangener scheint sich zu langweilen. Vielleicht hebt ein bißchen sportliche Betätigung seine Laune«, höhnte er und trat seinem Pferd in die Flanken, so daß es losgaloppierte.
Als der Strick sich spannte, vergrößerte der Cimmerier seine Schritte. Er hatte schon auf etwas derartiges gewartet. Auch bei diesem Tempo konnte er noch länger mithalten als jeder andere Mensch; aber er konnte es nicht mit einem Pferd aufnehmen. Wenn der Hyrkanier in schnellen Galopp überging, mußte er sich etwas einfallen lassen, oder er würde nachgeschleift. Schweiß lief ihm in die Augen. Er atmete schwer. Noch war er nicht erschöpft, aber lange konnte er das nicht durchhalten.
Die anderen Reiter zogen mit und lachten und jauchzten über dieses herrliche Vergnügen. Während das hohe Steppengras an Conan vorbeiraste, fing er Borias kühlen und abschätzenden Blick auf. Er überlegte sich, ob er das Seil mit den Zähnen erwischen und durchbeißen könnte; aber das schien wenig erfolgversprechend. Noch nie hatte er ein so dünnes, aber festes Seil erlebt. Außerdem würden sie ihm dann nur eine neue Schlinge überwerfen.
Torgut blickte zurück und sah, daß Conan mithielt. Wut verzerrte sein Gesicht. Er versetzte seinem Pferd einen Schlag mit der geflochtenen Reitpeitsche, worauf das Tier einen Satz machte und in gestreckten Galopp überging. Conan holte tief Luft und rannte mit höchster Geschwindigkeit los, ehe das Seil sich spannte und ihn von den Beinen riß. Mit den gefesselten Händen hatte er nicht sein normales hervorragendes Gleichgewichtsgefühl. Wenn er auf diesem rauhen Boden hinfiel und nachgeschleift wurde, waren schwere Abschürfungen noch das wenigste. Wahrscheinlich würde es eine Kopf-an-Kopf-Entscheidung zwischen gebrochenem Genick und Ersticken werden.
Conan rannte nun mit einem bestimmten Ziel weiter. Er suchte nach einem Felsbrocken oder Baumstumpf. Wenn er hier schon sterben sollte, dann wollte er wenigstens das Vergnügen haben, den verhaßten Torgut mitzunehmen. Da entdeckte er einige hundert Schritte vor sich einen der äußerst seltenen Bäume in der Steppe. Es war kaum mehr als ein Gebüsch, klein, vom Wind verzogen, knorrig. Aber der Cimmerier wußte, daß dieser kurze Stamm ungemein viel aushalten konnte. Jetzt wußte er auch, daß sein Glück ihn nicht verlassen hatte, da man an einem Tag in der Steppe manchmal nur drei oder vier solcher Bäumchen sah.
Sie näherten sich dem Baum. Conan sah, daß Torgut rechts vorbei wollte. Der Cimmerier lenkte seine Schritte leicht nach links. Boria ritt etwas hinter Conan und erkannte, was der Cimmerier plante. Er rief: »Torgut!« Aber es war zu spät. Conan spurtete nach links am Baum vorbei und lehnte sich zurück. Wie erwartet blieb das Seil zwischen ihm und Torgut am Stamm hängen.
Torgut konnte nur einen Blick zurückwerfen, dann riß ihn ein gewaltiger Ruck aus dem Sattel, da er das andere Ende des Seils um das Handgelenk gewickelt hatte. Der Aufprall auf der harten Erde preßte ihm die Luft aus den Lungen. Grinsend lief Conan um den Baum zurück und warf sich auf den Gegner.
Die anderen waren auch langsamer geworden und drehten um, doch erreichten sie Torgut nicht vor dem Cimmerier. Dieser sprang, geschmeidig wie eine Antilope, mit beiden Füßen auf Torguts Mitte, so daß ihm auch der letzte Rest Luft zischend aus den Lungen fuhr. Dann ließ Conan sich auf die Rippen fallen. Das Krachen und Knirschen der Knochen waren Musik in seinen Ohren.
Er sprang auf und wollte Torgut gerade ins Gesicht springen, als Boria mit ungespanntem Bogen heranritt und ihn mit aller Macht schwang. Er traf den Cimmerier mit dem schweren Gerät aus Holz und Knochen direkt an der Schädelbasis. Der Schlag entsprach einem tödlichen Stoß mit dem stumpfen Ende eines Speerschafts. Ein blutroter Funkenregen prasselte vor Conans Augen nieder. Dann brach er über seinem bewußtlosen Feind zusammen.
Zwei
Z WEI
Gespenstisch blutrot leuchtete der Himmel hinter den Türmen der Stadt, als die Sonne im Westen unterging. Zwei Reiter standen auf der Anhöhe, die
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