Conan-Saga 40 - Conan der Held
Aufgeschreckt durch die Gerüchte über Unzufriedenheit im Volk und Rebellion, hatten sie das Risiko eines Erscheinens in der Öffentlichkeit gegen das größere eines Nichterscheinens abgewogen und entschieden, daß ein Fernbleiben von einer Zeremonie, welche der allmächtige König Yildiz angeordnet hatte, doch zu auffällig wäre.
Als Kompromiß kamen sie verspätet. Dabei bedachten sie nicht, daß bei diesen hochoffiziellen Feiern Zuspätkommen ein Maß und Privileg des Ranges war. Die höchsten Würdenträger kamen viel später, der König als letzter.
Die Gäste nahmen auf Bänken und Diwanen Platz. Alles nach einer strengen Sitzordnung, bei der die Rivalität einzelner Gruppen, die voraussichtliche Blickrichtung des Königs und die Ausgänge eine wichtige Rolle spielten.
Die Höflinge strichen ihre Gewänder glatt, sammelten die Gefolgsleute um sich und unterhielten sich leise, wobei sie die Dienerschaft vornehm übersahen. Je weiter der Vormittag fortschritt, desto mehr dieser gesellschaftlich Unsichtbaren gingen umher und reichten auf Tabletts Getränke und Speisen. Letztere sahen allerdings nicht besonders appetitanregend aus, da es sich um die gleichen Delikatessen handelte, wie die, welche am Vorabend durch die Luft geflogen waren.
Doch in einer durch eine Balustrade abgetrennten Loge wurde kräftig gegessen und getrunken. Hier befanden sich die Diwane für Staatsakte und andere offizielle Zeremonien. Von der gelangweilten, abwartenden Stimmung im Saal war hier nichts zu spüren. Hier saß Conan mit Irilya, die keinen Hehl daraus machte, daß sie inzwischen die Geliebte des Cimmeriers war. Die beiden waren unter den ersten Gästen gewesen und waren jetzt keineswegs ruhig und still. Die Sklaven flitzten pausenlos hin und her und versorgten sie mit allem. Dabei verbeugten sie sich und lächelten höflich über die Scherze Conans. Auch der Eunuch Sempronius war wieder aufgetaucht.
»Ich freue mich, daß du dich gut bei Hof amüsierst, Unteroffizier Conan, und daß du eine ... Bewunderin gefunden hast.« Sempronius schaute allerdings keineswegs begeistert drein, daß Irilya so eng umschlungen in den Armen des Cimmeriers lag. »Ich hoffe aber, dir sind die Würde und Feierlichkeit der heutigen Zeremonie bewußt, mit welcher Aghrapur und sein unsterblicher König einen Helden ehren.«
»Aber natürlich weiß ich das alles zu würdigen«, antwortete Conan gutgelaunt und fuhr mit den Fingern durch das silberblonde Haar der Geliebten. Irilya lächelte ihn liebevoll an. »Ja, es ist in der Tat ein wunderbares Willkommen, von dem meine Kameraden nur träumen können. Ich danke dir ehrlich dafür, Beschnittener.« Er wechselte die Stellung und zog Irilya noch näher zu sich. »Du hast doch gesagt, daß du uns neue Tuniken besorgen könntest, damit wir aus diesen feuchten Kleidern kommen. Wie sieht's aus?«
»Ja, sofort! Das würde euer Erscheinungsbild beträchtlich verbessern, und vielleicht müßt ihr dann auch nicht mehr so nahe beieinander liegen ... um euch zu wärmen. Ich bringe die Gewänder sofort.«
Nachdem Sempronius gegangen war, richtete Conan sich auf. Sehnsüchtig seufzend schaute Irilya ihm zu, wie er einen Silberbecher Kumiss leerte und zurück auf das Lacktischchen stellte, damit die Sklaven ihn wieder füllten.
»Weißt du, er hat recht«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Auch wenn wir soviel Freude aneinander haben – und ich meine Hände nicht von dir lassen kann« – sie bewies dies mit einer Liebkosung, die man aber wegen der Falten in der Tunika nicht sehen konnte –, »müssen wir an den Ernst des Tages denken und an die Gefahren, die uns hier umgeben.« Mit kühlem Blick musterte sie die Galerie, die Diener, die immer noch eintreffenden Gäste und die Wachtposten, welche reglos an den Eingängen standen. »Ich achte deine Absicht, Yildiz zu warnen, aber ich glaube nicht, daß es hilft. Aber wir dürfen nicht soviel trinken oder zu leidenschaftlich werden, damit wir auf keinen Fall den richtigen Augenblick verpassen – um zumindest uns selbst zu retten.«
»Ja, Irilya, du hast recht. Ab jetzt trinke ich nur noch Kvass.« Conan gab den Sklaven entsprechende Anweisungen. »Aber ich warne dich. Da kommt mein Freund Juma. Ich kann nicht auch für ihn bürgen. So wie er aussieht, braucht er vielleicht einen kräftigen Schluck.«
Doch der schwarze Soldat sah nicht im geringsten erschöpft oder müde aus, als er herüberkam. An jedem Arm hing eine der beiden Schönen von gestern abend.
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