Conan-Saga 43 - Conan der Landsknecht
machen. Wegen des fehlenden Unterholzes bedurfte es eines großen Feuers, um die Stämme in Brand zu setzen. Mit geschultem, militärischem Blick nahm der Cimmerier das alles auf. Er wollte nicht einmal mit einer Armee diese Baumleute angreifen.
»Gehen wir nach oben?« fragte Cheen.
»Nach dir!« antwortete Conan.
Seine Höflichkeit wurde durch den Anblick ihrer wohlgeformten Beine über ihm belohnt.
Am Ende der Lianenleiter erwartete sie eine kleine untersetzte Frau. Sie war der Wachposten und mit Speer und einem Dolch aus Obsidian bewaffnet, der so lang wie Conans Unterarm war. Ein Bogen samt Köcher mit Pfeilen lehnte am Baumstamm. Daneben war eine Pyramide aus Steinen aufgetürmt, von denen jeder so groß wie der Kopf eines Mannes war. Wie Conan bereits vermutet hatte, war es nicht ungefährlich, ohne Einladung heraufzuklettern. Die Frau begrüßte Cheen freundlich.
Dann folgte Conan den beiden Frauen. Sie liefen einen Ast entlang, der so dick wie Conans Schultern war. Die Rinde war abgezogen, so daß er mit den bloßen Sohlen mühelos gehen konnte. Die Sandalen hatte er vor dem Heraufklettern abgelegt und über die Schulter geschwungen. Jetzt sah er keinen Grund, sie wieder anzuziehen.
Vor ihnen erhob sich ein großes Bauwerk. Man hatte es auf dem Ast erbaut, auf dem Conan jetzt ging. Nach oben hin war es mit mehreren Ästen verbunden. Conan sah, daß das Haus aus demselben Holz wie der Riesenbaum gefertigt war. Man hatte Zweige und Äste mit Lianen verbunden. Offenbar war es ein Werk von Menschenhand; aber es sah wie ein riesiges Wespennest oder ein Bienenkorb aus. Auf der Plattform am Eingang standen zwei Frauen, die ähnlich wie Cheen gekleidet waren. Beide waren ebenso muskulös wie die Medizinfrau. Sie stützten sich auf kurze Speere.
Noch mehr Frauen? Wo waren die Männer?
Die Wachen nickten Cheen zu, als sie das Haus betrat. Conan folgte ihr. Durch Löcher im Dach fiel ausreichend Licht herein, so daß der Cimmerier sehen konnte. In der Mitte des Raums stand einem Fenster gegenüber ein kunstvoll geschnitzter Sessel. Eine alte Frau mit schneeweißem Haar saß darin. Ihr Antlitz war von Zeit und Sonne verwittert. Sie trug ein Gewand, das in allen Schattierungen von Grün schimmerte. Ihre Arme waren bloß. Obwohl sie alt war, sah Conan noch deutlich die Muskelstränge.
»Ho, Vares!« rief Cheen.
Die alte Frau wandte sich vom Fenster ab und lächelte Cheen entgegen. »Ho, Cheen! Deine Suche war erfolgreich?«
Cheen hob den Lederbeutel, der die Pilze enthielt, welche sie Conan gezeigt hatte. »Ja, Herrin. Wir können die Götter wieder rufen.« Vares nickte. »Das ist gut. Ich hatte befürchtet, ich sähe sie erst wieder, nachdem ich die Grenze zu den Grauen Ländern bereits überschritten hätte.« Sie musterte Conan scharf. »Du hast uns einen Gast mitgebracht.«
»Ja, Herrin. Das ist Conan aus Cimmerien. Als die Hunde der Pili mich am Donar-Paß angriffen, kam er mir zu Hilfe.«
Die alte Frau lächelte. »Ich danke dir, Conan aus Cimmerien. Es wäre sehr schmerzlich für mich gewesen, meine älteste Tochter zu verlieren.«
»Es war eine Angelegenheit auf Gegenseitigkeit«, sagte Conan.
Vares lachte. »Wer ist das? Ein Mann, der nicht prahlt?«
Conan blickte Cheen an und zog fragend eine Braue hoch.
Cheen lächelte. »Bei uns sind die Männer große ... Geschichtenerzähler. Manchmal schmücken sie alles mit leichten Übertreibungen aus.«
»Bis jetzt habe ich noch keine Männer gesehen«, sagte Conan. Das war vielleicht taktlos; aber in Cimmerien nahm man Offenheit nicht übel. Conan hatte festgestellt, daß in manchen sogenannten zivilisierten Ländern das Lügen anscheinend als Tugend betrachtet wurde. Das jedoch würde er nie verstehen.
»Nun, Conan, dann komm her und schau hinaus«, sagte Vares und deutete zum Fenster. »Tair bringt Hok den Frühlingstanz bei.«
Conan trat ans Fenster.
Von Vares' Haus ging ein Ast aus, welcher sehr bald dünn wurde. Die anderen Äste und Zweige waren mit denen des nächsten Baums eng verflochten. Die meisten waren kahl, ohne Blätter.
Auf einem Ast lief ein gutgebauter kleiner Mann entlang, mit nichts als einem seegrünen Lendentuch bekleidet. Er rannte, als wäre der Ast so breit wie eine Straße in der Stadt. Er lachte laut. Hinter ihm lief ein Junge. Conan schätzte ihn auf ungefähr zwölf Winter. Auch er trug nur ein Lendentuch.
Fasziniert sah Conan, wie der Mann hoch in die Luft sprang und dort wieder landete, wo der Ast bereits
Weitere Kostenlose Bücher