Conan-Saga 46 - Conan der Beschützer
dem Duftöl an sich und flohen, als stünde der Raum in Flammen. Am liebsten hätte Livia ebenfalls die Flucht ergriffen, doch das verbot ihr die Würde. Ihr blieb keine Wahl. Sie mußte sich trotz ihrer hohen Stellung die schlechten Nachrichten anhören.
»Lord Akimos tut uns einen Gefallen«, sagte Reza. »Zumindest steht das in diesem Brief.«
»Wenn du erlaubst ...« Livia streckte die Hand aus. Reza gab ihr das Pergament.
»Das hat kein Schreiber verfaßt«, sagte sie. »Das ist sein eigenes Gekritzel.« Sie überflog die Zeilen. Ihre Brauen hoben sich. Die Haare standen ihr zu Berg.
»Wie hat er von dem Angriff erfahren?«
»Soll ich mich erkundigen?«
»Durch Lady Doris ... oder was meinst du?«
»Höchstwahrscheinlich.«
Livia schüttelte den Kopf. »Wenn wir fragen, weiß sie, daß wir unsicher sind und daß sie dazu beigetragen hat. Das Vergnügen gönne ich ihr nicht. Vielleicht hat aber auch Harphos den Mund aufgerissen, nicht sie.«
Rezas Gesicht verriet, was er am liebsten mit dem jungen Mann angestellt hätte. Livia schüttelte den Kopf. »Wenn wir irgend etwas gegen ihn unternehmen, würden wir ihn vor seiner Mutter beschämen. Was hat er getan, um das zu verdienen?«
»Er hat sich gut genug für dich gehalten«, stieß Reza ärgerlich hervor. »Atlantis wird sich eher aus dem Meer erheben, als daß das wahr wäre.«
»Wenn es in Argos wieder Zauberei gibt, weiß keiner, was noch alles geschehen kann«, sagte Livia. Aber sie mußte über Rezas Empörung lächeln. Der Mann hatte keine Kinder und wachte über sie wie ein Vater, nachdem ihr Vater und ihr Ziehvater gestorben waren.
»Eines wird mit Sicherheit nicht geschehen: Harphos wird niemals der passende Gatte für dich sein«, erklärte Reza hartnäckig. »Vielleicht könnte er sich ordentlich entwickeln, wenn man ihn sich selbst überlassen würde, aber wird seine Mutter ihn aus dem Kinderzimmer laufen lassen, solange sie lebt?«
»Was du sagst, klingt wirklich weise«, sagte Livia. »Doch laß uns jetzt zu Lord Akimos zurückkehren. Er schreibt, daß er uns einen Zauberer schicken will, der auch Hauptmann einer Söldnertruppe ist. Also ein Soldat und ein Zauberer mit zwanzig Söldnern. Und er ist nicht irgendein Wald-und-Wiesen-Zauberer, sondern der Mann, der den Flußdrachen bei der Großen Brücke getötet hat.«
»In Messantien gibt es aber keine Flußdrachen zu töten«, sagte Reza. »Und es mißfällt mir, einen Haufen Fremde bei uns aufzunehmen, ganz gleich welche Magie dieser Hauptmann beherrscht.«
»Wenn ein Zauberer uns angreift, kann uns ein anderer Zauberer vielleicht verteidigen«, meinte Livia. »In Argos sind Zauberer nicht so verbreitet, daß wir es uns leisten können, so einen wie einen verfaulten Kohlkopf wegzuwerfen. Wenn wir einen aus Shem oder Koth holen müssen, dauert das furchtbar lange und dann erfahren noch mehr Fremde, daß wir uns in Gefahr befinden.«
»Stimmt«, gab Reza zu. »Dann ist diesem ... diesem Hauptmann Conan also freier Zutritt zum Palast gewährt?«
»Ja, und auch einigen seiner Männer.«
»Nicht allen?«
»Nur so viele, wie du und unsere Diener jederzeit überwältigen können, wenn es nötig wäre. Sie werden auch nicht lange vor uns Geheimnisse bewahren können.«
»Ja«, sagte Reza. Jetzt strahlte er. Livia hätte schwören können, daß sich seine Nasenflügel wie bei einem edlen Schlachtroß blähten, das in der Ferne Trompetenschall hört.
»O ja, Reza, ich traue dir zu, daß du diese Geheimnisse sehr schnell aus ihnen herausholen wirst.« Sie lächelte. »Wenn du das nicht schaffst, müßte ich mich fragen, ob du tatsächlich in Turan ein Feldwebel warst oder nur die Latrinen gereinigt hast.«
Lord Akimos Drachmen reichten nicht aus, um Conans ganze Truppe mit Pferden zu versorgen. Sie mußten fünf Tage lang marschieren, bis sich die weißen Mauern Messantias vor ihnen über die Bucht erhoben.
Es war nicht gerade einer der leichtesten Märsche, die Conan bisher zu bewältigen gehabt hatte. Die Straßen waren hervorragend, das Wetter war es ebenso, das Land fruchtbar und einladend. Aber es gab mehr als eine Weinschenke zwischen dem Holzfällerlager und Messantia. Tatsache war, daß sie sogar jeden Tag auf mehr als nur eine Weinschenke stießen.
Conans Geduld und Kräfte waren bis zum äußersten gefordert, um seine Männer zumindest auf den Beinen zu halten. Auf halber Strecke hätte er sie liebend gern sich selbst überlassen. Von ihm aus hätten sie sich sinnlos
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