Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
benommen ging er eine Treppe hinauf. Plötzlich stand er vor einer Tür.
»Conan!« Oppia stand da. Sie trug ein durchsichtiges Nachtgewand und blickte ihn bestürzt an. »Wo hast du gesteckt? Was ist dir zugestoßen?« Jetzt merkte der Cimmerier, daß er in seiner Verwirrung zu seinem alten Zimmer, auf demselben Geschoß wie Oppias und Andollas Wohnung, gegangen war. Sie hielt die Lampe hoch und betrachtete ihn genauer.
»Du siehst mehr tot als lebendig aus! Wer hat das getan? Das sieht nicht nach einer Schlägerei aus.«
»Bombas' Schergen«, erklärte er und zermarterte sich den schmerzenden Kopf wegen einer Geschichte, die ihn decken könnte. »Der Statthalter will wissen, was in diesem Tempel vor sich geht. Er glaubt, ihr würdet einen Schatz horten. Ich wollte nichts sagen. Dann kam Alarm, und alle ritten weg. Da bin ich geflohen.«
»Komm, laß dich erst mal saubermachen und verbinden.« Oppias Stimme klang seltsam, tiefer und vibrierender. Offenbar hatte sein Gehör unter den Schlägen gelitten.
»Ich muß mich nur hinlegen und ein oder zwei Tage ausruhen. Dann heilt alles von selbst.«
»Unsinn«, widersprach Oppia. »Ich will nicht, daß du im ganzen Tempel Blutspuren hinterläßt. Komm mit!« Sie ergriff seine Hand und führte ihn um die Ecke zur roten Tür. Nicht nur ihre Stimme kam ihm verändert vor. Oppia war vorher schon eine schöne Frau gewesen, doch jetzt schien sich ihre Schönheit gesteigert zu haben. Ihre Hüften und Brüste wirkten üppiger, die Taille noch schmaler. Er schüttelte den Kopf. Vielleicht hatten seine Augen auch gelitten.
Oppia schloß die rote Tür auf und führte ihn hinein. Im Vorraum standen Statuen der Göttin. Sie waren aus Gold und mit Juwelen besetzt. Auf dem Boden lagen kostbare Teppiche. Auch die Gobelins an den Wänden waren erlesen, ebenso die Lampen. Conan sah nirgends magische Utensilien. Anscheinend bewahrte Andolla diese unten in seinem Studierzimmer auf. Er folgte Oppia in ein kleines grüngekacheltes Zimmer mit einer tiefen, in den Boden eingelassenen Badewanne aus purpurnem Marmor. Aus dem Maul eines goldenen Delphins rauschte heißes Wasser hinein.
»Steig hinein!« befahl Oppia und zupfte an seiner Rüstung. Conan spürte keine Lust, sich zu widersetzen. Schnell zog er sich aus und stieg in die Wanne. Mit einem dankbaren Seufzer sank er ins heiße Wasser.
»Tiefer«, befahl Oppia. Gehorsam tauchte er ganz unter. Dann wusch Oppia ihm die Verletzungen mit einem Schwamm aus. Er zuckte zusammen. Aber die Wunden würden schneller heilen, wenn sie sauber waren. Dann setzte Oppia sich auf den Wannenrand und seifte ihm hingebungsvoll die Schultern und den Rücken ein.
»Bilde dir nur nicht ein, daß ich deine Badedienerin bin«, sagte sie. »Ich hätte einen Jünger beauftragen können, aber ich wollte nicht, daß dich jemand in diesem Zustand sieht. Ich möchte jedes Gerede vermeiden. Ich habe dich für einen gutaussehenden Mann gehalten, doch jetzt siehst du wie ein Kinderschreck aus. Du hast so viele Blutergüsse, daß man dich für einen schwarzen Kushiten halten könnte. Und dein Gesicht ist so geschwollen, daß ich dich nur an deiner Mähne und der Rüstung erkannt habe.«
Oppia beugte sich vor, um Conans Brust mit dem Schwamm zu waschen. Durch den Dampf war ihr dünnes Gewand feucht geworden und klebte an ihrer Haut. Sie hätte ebenso nackt sein können. Conans Augen blieb nichts verborgen. Ihre Brüste sahen voller aus als vorher. Ihr Bauch war trotz der schmalen Taille runder. Auch das Gesicht war breiter geworden, doch ohne an Schönheit zu verlieren. Ihr Anblick erinnerte Conan an etwas, doch fiel es ihm nicht ein.
»Ich möchte, daß du schnell wieder gesund bist«, sagte sie. »Seltsame Dinge gehen hier vor. Ich habe Angst. Die Zaubersprüche meines Gatten haben ungemein an Kraft gewonnen. Ich weiß nicht, wieso. Alles ist nicht mehr so, wie es war. Ich brauche einen starken Mann in der Nähe, falls es Ärger gibt. Sogar ich ...« Sie brach ab, vielleicht weil sie fürchtete, zuviel zu sagen.
»Versteck mich für ein oder zwei Tage, dann bin ich so gut wie neu«, sagte Conan. »Dann brauchst du keine Angst mehr vor Feinden zu haben.«
»Warte hier«, sagte sie und stand auf und verließ das Badezimmer. Conan entspannte sich im heißen Wasser, das die Schmerzen aus den Wunden zog. Gleich darauf kam Oppia mit einem großen Becher zurück.
»Trink das«, befahl sie. »Es ist Wein mit Kräutern und Wasser vermischt und unterstützt die Heilung
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