Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
und begehrenswerte Frau. Aber nach der Nacht mit Brita war Conan lediglich auf Neuigkeiten aus. Für ein Mädchen, das so behütet aufgewachsen war, hatte Brita erstaunliches Feuer und ausgesprochene Lust am Ausprobieren bewiesen. Er winkte Delia zu einem offenen Weingeschäft.
»Hast du schon zu Mittag gegessen?« fragte er.
Delia warf den Kopf zurück und lachte. »Ich bin gerade erst aufgestanden, mein Bester. Aber du kannst mich zum Frühstück einladen. Komm!« Sie schritt vor ihm her und wiegte die Hüften dabei so, als bestünde ihre Wirbelsäule aus mehr Knochen, als eine Schlange sie besitzt. Sie setzte sich an einen Tisch, der durch eine niedrige Wand vom Platz abgeschirmt war, und rief nach dem Schankburschen. Der Tag war kühl. Deshalb stand auf dem Tisch ein Bronzebecken mit glühenden Kohlen. Der Diener brachte Glühwein und köstliche Speisen.
Delia nahm einen Hühnerschenkel und biß hinein. Dabei stützte sie sich mit den Ellbogen auf die Tischplatte.
»Und, Cimmerier, was hat dich zu mir geführt?« fragte sie, nachdem sie einen großen Bissen vertilgt hatte. »War es mein Gesicht oder mein Körper? Beide sind in dieser Stadt einsame Spitze.«
»Erzähl mir etwas über einen Mann namens Andolla«, sagte Conan.
Delia schluckte heftig und blickte ihn mit großen Augen verblüfft an. »Was hast du denn jetzt vor?«
»Geschäfte«, antwortete er lakonisch.
»In dem Fall pflege ich für meine Dienste bezahlt zu werden.« Der Cimmerier legte eine Handvoll Silbermünzen auf den Tisch. Delia ließ sie geschickt in ihrem tiefen Ausschnitt verschwinden. »Siehst du den Tempel?«
Conan blickte in die Richtung, in die sie mit der Hühnerkeule zeigte. Das Gebäude wirkte eindrucksvoll und war vom Platz durch eine breite Terrasse und eine Prachttreppe getrennt. Die Säulen bestanden aus rotem und schwarzem Marmor. Durch eine Öffnung im Dach kräuselte sich der Rauch vom Altar.
»Das ist der alte Mitratempel. Die Einwohner haben für den Staatsgott zu wenig übrig, so daß die Priester den Tempel vor Jahren schon geschlossen haben. Vor kurzem kam dieser Andolla und übernahm ihn. Er widmete das Heiligtum Mutter Doorgah, einer Göttin aus Vendhyen, deren Brüste beinahe so schön wie meine sind.« Delia schüttelte die Schultern, um zu zeigen, womit Mutter Natur sie beschenkt hatte.
»Gestern habe ich gesehen, wie diese Göttin in einer Prozession vorbeigetragen wurde«, sagte Conan. »Für das Geld erwarte ich mehr Auskünfte.«
»Sei nicht so ungeduldig. Möchtest du dich nicht überzeugen, daß ich schöner bin als sie?« fragte Delia lächelnd.
Der Cimmerier lächelte zurück. »Vielleicht später. Jetzt geht's ums Geschäft. Welche Verbrechen sind die besonderen Stärken dieses Andolla?«
Delia schmollte. »Nun gut. Bei dieser Prozession hast du doch nur junge Leute gesehen, oder?« Der Cimmerier nickte. »Vielleicht ist dir auch aufgefallen, daß alle sehr gut gekleidet waren. Das kommt daher, weil Andolla nur Anhänger mit den drei Eigenschaften sucht: Jugend, Reichtum und Dummheit. Offenbar findet er viele. Sobald sie sich seinen Ritualen unterzogen haben, benehmen sie sich wie seine Sklaven. Sie überschreiben ihm ihr Erbe und berauben ihre Eltern – manchmal sogar mit Gewalt.«
»Und unternehmen die Eltern nichts?« fragte Conan.
Delia wischte sich den Mund mit dem Tischtuch ab. »Menschen, die derartige Kinder großziehen, taugen meist selbst nicht viel. Ja, ein paar sind zum Tempel gegangen, um Andolla zur Rede zu stellen, aber seine Wächter haben sie fortgejagt. Zwei oder drei sind gestorben, weil er sie verflucht hat – jedenfalls behauptet er das.«
Conan rieb sich das Kinn und blickte nachdenklich zum Tempel hinüber. »Dieser religiöse Schurke ist demnach ziemlich reich, was?«
»Steinreich.« Wieder lächelte sie. »Was hast du vor? Mir kannst du es doch erzählen.« Delia bemühte sich, ihn so unschuldig anzublicken, daß Conan lachen mußte.
»Delia, wenn ich einen Plan habe, den ich für mich behalten will, wärst du die letzte Person, der ich etwas erzählen würde.«
Sie lachte schallend. »Hüte dich vor ihm, Conan. Er ist Menschen gegenüber sehr mißtrauisch, die stark und klug zu sein scheinen und ihm keinen Reichtum bringen.«
»Kennst du einen guten Hebel, mit dem ich seinen Laden aufbrechen kann?«
Sie nahm einen kleinen Apfel, biß ab und kaute langsam. »Es gibt in der Stadt einen sehr reichen Mann. Er heißt Rista Daan und ist Gewürzhändler. Er hat eine
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